Art 12 Abs. 1 GG; § 63 Abs. 1 InsO; § 2 Abs. 1 InsVV
Leitsatz
Kein Inflationsausgleich für Insolvenzverwaltergebühren allein aufgrund der Geldentwertung seit dem Inkrafttreten der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung im Jahr 1999. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters den Anspruch des Verwalters auf eine seiner Qualifikation und seiner Tätigkeit angemessene Vergütung verletzt.
BGH, Beschl. v. 17.9.2020 – IX ZB 29/19
I. Sachverhalt
Über das Vermögen eines Schuldners wurde im Jahr 2016 das Insolvenzverfahren zunächst vorläufig, dann wenige Wochen später endgültig eröffnet. Bei – mit Eröffnung des Verfahrens – fälliger Vergütungsantragstellung der vorl. Insolvenzverwaltervergütung beantragte der Antragsteller über die gesetzlich vorgesehene Regelvergütung hinaus zum einen Zuschlag, zum anderen eine – streitgegenständliche – inflationsbedingte Erhöhung von 35 % auf die Regelvergütung mit dem Argument, dass der allg. Erzeugerpreisindex für unternehmensnahe Beratungsdienstleistungen im Jahr 2017 gegenüber dem Jahr 1998 um 35,69 % gestiegen sei. Das Insolvenzgericht lehnte den Inflationsausgleich ab.
II. Kein Inflationsausgleich
Der BGH lehnte zutreffend – wie bereits in einer früheren Entscheidung – einen solchen Inflationsausgleich ab. Die Argumentation des BGH war, dass ein Vergleich zur anwaltlichen Vergütung nicht in Betracht komme. Für die Frage der Preisentwicklung müssten stattdessen Insolvenzverwaltergebühren untereinander verglichen werden. Dabei spiele aber nicht nur die reine Vergütung eine Rolle, sondern auch damit im Zusammenhang stehende Einnahmen.
III. Bedeutung für die Praxis
Der Beschl. des BGH stellt die zukünftige Prüfung von Vergütungsanträgen im Insolvenzverfahren vor neue – aber notwendige – Herausforderungen. Der Beschluss befasst sich mit der Frage, wann eine Insolvenzverwaltervergütung als nicht mehr angemessen betrachtet werden kann bzw. welche Anforderungen an die Darlegung eines solchen Argumentes bestehen. Dabei stellt der BGH klar, dass ein Vergleich zur anwaltlichen Vergütung und deren vermehrter Anpassung wegen steigendem Preisindex keine Möglichkeit biete, als Vergleichsmaßstab für einen sog. Inflationsausgleich bei der Verwaltervergütung zu sorgen. Stattdessen sei – wie bereits einige Jahre zuvor entschieden – die Vergütung noch nicht unangemessen bzw. eine Unangemessenheit nicht ausreichend dargelegt. Wolle man letzteres angehen, so müsse man beim Insolvenzverwalter auch dessen gesamtunternehmerisches Engagement betrachten, also auch (zusätzliche) Einnahmen, wie sie sich bspw. im Rahmen von § 5 InsVV ergeben. Folgerichtig müssen zukünftig für die Frage einer unangemessenen Vergütung auch die Gesamteinnahmen des Verwalters sowie seine anfallenden Kosten betrachtet werden.
Dipl.-RPfleger Stefan Lissner, Konstanz
AGS 2/2021, S. 96