Die Frage, ob Zustellauslagen zu gewähren sind oder nicht, insbesondere deren "Höhe", wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG v. 22.12.2020, BGBl. I, 3256) zum 1.1.2021 "endlich" geklärt. Allgemein anerkannt war bis dahin schon, dass Kosten von Zustellungen, welche dem Verwalter durch das Gericht übertragen wurden, gesondert zu vergüten waren. Bis zum 31.12.2020 konnten diese im Wege eines pauschalierten Zuschlages als eigener Zuschlag geltend gemacht werden. Der Zuschlag war dabei auf die Auslagen vorzunehmen (BGH, Beschl. v. 21.3.13 – IX ZB 209/10), wobei ein Betrag von 2,75–2,85, sogar bis zu 3,50 EUR pro Zustellung in Ansatz gebracht werden konnte.
Im Zuge der InsVV-Reform zum 1.1.2021 wurden die Kosten der Zustellungen aber nun gesetzlich geregelt. "Für die Übertragung der Zustellungen i.S.d. § 8 Abs. 3 der Insolvenzordnung gilt Nr. 9002 des Kostenverzeichnisses", so die InsVV nunmehr in § 4 Abs. 2 InsVV. Damit ist der Ansatz von 3,50 EUR pro Zustellung "klar", ein Tohuwabohu wie bis dato ist damit erledigt. Nr. 9002 GKG KV lautet jedoch: "Neben Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit Ausnahme der Gebühr 3700, wird die Zustellungspauschale nur erhoben, soweit in einem Rechtszug mehr als 10 Zustellungen anfallen. Im erstinstanzlichen Musterverfahren nach dem KapMuG wird die Zustellungspauschale für sämtliche Zustellungen erhoben." Durch die Bezugnahme auf Nr. 9002 GKG KV wird es also zukünftig vermehrt "Streit" und "Diskussionen" darüber geben, ob grds. ein Abzug der ersten 10 Zustellungen zu erfolgen hat, ob ab 11 Zustellungen alles zu erstatten ist (so das AG Karlsruhe) oder ob die Regelung generell keine Anwendung auf die InsVV finden soll, daher nur die Höhe der Zustellungen geregelt wurde (so Zimmer, InsBüro 2022, 61 ff.).
Das AG Karlsruhe hat sich in seiner Entscheidung vom 8.10.2021 nicht mit der grundsätzlichen Streitfrage beschäftigt. Vielmehr begründet das AG Karlsruhe seine Entscheidung damit, dass es sich mit dem Verweis um eine Bagatellgrenze handle, die überschritten werden müsse. In analoger Anwendung der Rspr. zum Zuschlagswesen sei bei Überschreiten dann aber anzunehmen, dass der Mehraufwand insgesamt zu honorieren sei, also nicht gekürzt um die ersten 10 Zustellungen. Die Relevanz der Entscheidung zeigt sich in der anhaltenden Diskussion in der Praxis. Sehr häufig rufen Verwalter bei Gerichten an, um nachzufragen, wie diese Frage vor Ort beantwortet wird. Das AG Karlsruhe "bricht" damit eine Lanze zugunsten der Verwalter, indem es eine Bewilligung für alle Zustellauslagen ab der 11. Zustellung zugesteht. Dabei wird auf die Lit. Bezug genommen, welche sich aber augenscheinlich nicht sonderlich mit dem Thema befasst, mithin nach Ansicht des Autors gerade diesen Fall nicht klärt. Bezug genommen wird weiterhin auf die Rspr. zum Zuschlagswesen und ein Gesamtansatz – wie vom AG Karlsruhe vertreten – wird mit Überschreiten der Bagatellgrenze begründet. Verkannt werden darf dabei aber nicht, dass die Bezug genommene Rspr. "betagter" Natur ist und die Änderung der InsVV gar nicht im Fokus hatte.
Folglich könnte man im Umkehrschluss – insbesondere auch mit Blick auf die Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 2 S. 2 InsVV durch das SanInsFoG vom 22.12.2020 – auch annehmen, dass diese Streitfrage schlicht vom Gesetzgeber bedacht und ein Abzug der ersten 10 Zustellungen gewollt, mithin in die allgemeine Anpassung der InsVV-Gebühren "eingepreist" wurde, so jedenfalls das AG Norderstedt in seinem Beschl. vom 21.12.2021 (65 IK 27/21). "Der Verweis auf GKG KV 9002 dient der Vereinheitlichung, um Insolvenzverwalter und Gerichte von weiteren Diskussionen zu befreien", so aber Zimmer (InsBüro 2022, 61 ff.). Zutreffend wird dort ausgeführt, dass dieses Ziel gerade nicht erreicht wurde, sondern Fragen offenblieben und neue Streit- und Konfliktpunkte geschaffen wurden. Zutreffend werden ebenfalls Bedenken geäußert, ob die Einführung dieser Bagatellgrenze überhaupt rechtens sei. Verkannt werden darf nämlich nicht, dass die Zustellungen eigentlich "gerichtliche Hoheitsaufgabe" sind. Nimmt das Gericht diese nicht war, sondern bedient sich eines Erfüllungsgehilfen, hier des Insolvenzverwalters, erscheint es umgekehrt bedenklich, diese "Zusatzaufgabe" nicht zu honorieren. Dies käme de facto einer Kürzung gleich. Zudem bleibt unklar, ob die Bezugnahme auf Nr. 9002 GKG KV die "Gesamtheit" der Zustellungen eines Verfahrens im Auge hat (anders kann es nicht sein), oder ob die Regelung "je Zustellungsauftrag" Anwendung findet, folglich auch innerhalb eines Verfahrens für jeden Auftrag gesondert. Letzteres würde folglich bedeuten, dass bei geringer Gläubigerzahl jeder Beschluss, der die 10 Zustellungen nicht überschreiten würde, zu Lasten des Verwalters ginge.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass durch die Bezugnahme auf Nr. 9002 GKG KV mehr Fragen geschaffen, als Lösungen angeboten wurden. Gegenwärtig wird m...