Die Entscheidung ist in jeglicher Hinsicht zutreffend.
1. Streitwertfestsetzung
Nach § 63 GKG hat ein Gericht den Streitwert festzusetzen, also den Wert des Streitgegenstands (§ 3 Abs. 1 GKG), soweit sich die Gerichtsgebühr(en) nach dem Gegenstandswert richten.
In einem erstinstanzlichen Verfahren – wie hier – richten sich die Gebühren nach dem Streitwert, sodass eine Streitwertfestsetzung erforderlich ist.
In erster Instanz fällt grds. nur eine einzige Gerichtsgebühr an, sei es zu einem Gebührensatz von 3,0 (Nr. 1210 GKG KV) oder zu 1,0 (Nr. 1211 GKG KV). Fällt aber nur eine einzige Gebühr an, dann kann es auch nur einen einzigen Streitwert geben. Eine Gebühr kann nicht nach unterschiedlichen Streitwerten berechnet werden. Wie soll dies geschehen, soll etwa die Hälfte der Gebühr nach einem Wert und die andere Hälfte der Gebühr nach einem anderen Wert berechnet werden?
Es entspricht daher auch einhelliger Rspr., dass zeitlich gestaffelte Streitwertfestsetzungen unzulässig sind (OLG München NJW-RR 2017, 700; LG Stendal NJW-RR 2019, 703; LG Mainz AGS 2018, 571).
Möglich ist lediglich, dass im gerichtlichen Verfahren noch eine zweite Gerichtsgebühr anfällt, nämlich bei Abschluss eines Vergleichs mit Mehrwert (Nr. 1900 GKG KV). Dann ist aber für diese eine Gebühr wiederum ein gesonderter Streitwert festzusetzen.
Gegen zeitlich gestaffelte Streitwertfestsetzungen sollte also grds. Beschwerde eingelegt werden, weil eine gestaffelte Streitwertfestsetzung nicht nur unklar ist, sondern im Zweifel auch zu fehlerhaften Abrechnungen führt. Aus einer gestaffelten Streitwertfestsetzung ist nämlich nicht zu erkennen, wie hoch sich der Gesamtwert berechnet. Der Gesamtwert berechnet sich nämlich gem. § 39 GKG nach der Summe aller Gegenstände, die im Laufe des Verfahrens anhängig waren. Dabei müssen die Gegenstände nicht zeitglich anhängig gewesen sein (OLG Koblenz AGS 2007, 151; KG AGS 2008, 188 = MDR 2008, 173 = JurBüro 2008, 148; OLG Celle AGS 2008, 466; LAG Baden-Württemberg AGS 2014, 562; OLG Celle AGS 2015, 453 = MDR 2015, 912).
Bei einer gestaffelten Streitwertfestsetzung ist aber gerade nicht zu erkennen, inwieweit sich die Gegenstände der verschiedenen Zeiträume decken.
Beispiel
Das Gericht setzt einem Rechtsstreit, in dem es um monatliche Mieten von 1.000,00 EUR geht, den Streitwert wie folgt fest: "Bis zum 10.10.2021: 10.000,00 EUR; danach: 8.000,00 EUR".
Diese Wertfestsetzung besagt nichts über den Gesamtwert (§ 39 GKG). Dieser kann 10.000,00 EUR betragen, aber auch 18.000,00 EUR oder auch dazwischen liegen. Dies mag an folgenden drei möglichen Varianten deutlich gemacht werden:
1. Variante
ursprünglicher Antrag |
10.000,00 EUR |
(Mieten Januar–Oktober) |
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danach Klagerücknahme |
8.000,00 EUR |
um 2.000,00 EUR |
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(Mieten Januar und Februar) |
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Gesamtwert |
10.000,00 EUR |
2. Variante
ursprünglicher Antrag |
10.000,00 EUR |
(Mieten Januar–Oktober) |
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danach Klagerücknahme |
8.000,00 EUR |
um 4.000,00 EUR |
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(Mieten Januar–April) |
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und gleichzeitige Erweiterung |
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um 2.000,00 EUR |
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(Mieten November und Dezember) |
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Gesamtwert |
12.000,00 EUR |
3. Variante
ursprünglicher Antrag |
10.000,00 EUR |
(Mieten Januar–Oktober) |
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danach vollständige Klagerücknahme |
8.000,00 EUR |
(Mieten Januar–Oktober) |
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und Erweiterung |
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um andere 8.000,00 EUR |
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(Mieten November–Juni des Folgejahres) |
Gesamtwert |
18.000,00 EUR |
II. Gegenstandswert
Im Gegensatz zu den Gerichtskosten können bei der anwaltlichen Vergütung mehrere Gebühren anfallen (Verfahrensgebühr, Terminsgebühr und Einigungsgebühr). Hier ist es daher möglich, dass sich jede Gebühr nach einem anderen Wert richtet.
Aber auch insoweit ist eine gestaffelte Wertfestsetzung nicht zulässig, da sich auch die Anwaltsgebühren nicht nach Zeitabschnitten berechnen.
Vielmehr gilt Folgendes:
Soweit sich die Gebühr des Anwalts nach dem Streitwert des Verfahrens richtet, gilt § 32 Abs. 1 RVG. Der Anwalt ist an die gerichtliche Streitwertfestsetzung gebunden. Da war hier hinsichtlich der Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) der Fall.
Soweit sich die Gegenstandswert einer Gebühr nicht nach dem Streitwert des Verfahrens richtet, fehlt es folglich an der Bindungswirkung des § 32 Abs. 1 RVG. Insoweit ist dies allerdings keine Frage der Streitwertfestsetzung, sondern der Festsetzung des Gegenstandswertes. Das Gericht muss dann auf Antrag – aber auch nur auf Antrag – einen Wert für die anwaltliche Gebühr festsetzen.
Beispiel
Der Anwalt erhebt für seinen Mandanten eine Stufenklage, und zwar in erster Stufe auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses und in zweiter Stufe auf Zahlung eines noch zu beziffernden Pflichtteilsanspruchs. Der Beklagte erkennt die Auskunft an, sodass ein Teil-Anerkenntnisurteil über die Auskunft ergeht. Nach Auskunftserteilung wird die Klage ohne weitere Verhandlung zurückgenommen.
Das Gericht hat nunmehr den Streitwert festzusetzen, und zwar gem. § 44 GKG nach dem höheren Wert des Leistungsantrags, der zu schätzen ist. Dieser Streitwert ist dann auch maßgebend für die anwaltliche Verfahrensgebühr. Die Terminsgebühr ist dagegen nur au...