§§ 25 Abs. 1 Nr. 1, 33 Abs. 2 und 3 RVG; § 788 Abs. 2 S. 1 ZPO

Leitsatz

  1. Die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG, nach der für die Bemessung des Gegenstandswertes in der Zwangsvollstreckung der Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung maßgebend sein soll, findet nur dann Anwendung, wenn die Vollstreckung der Befriedigung des Gläubigers zu dienen bestimmt ist.
  2. Ist die Vollstreckung ausschließlich auf vorläufige Sicherung des Gläubigers vor einem Vermögensverfall des Schuldners gerichtet, ist es nicht gerechtfertigt, den Gegenstandswert für die Vollziehung des Arrestes höher anzusetzen als den Wert für die Anordnung des Arrestes.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.5.2021 – 9 WF 98/21

I. Sachverhalt

Die Antragstellerin hatte bei dem AG Bernau – FamG – einen Arrest wegen einer Hauptforderung i.H.v. 2.027.000,00 EUR erwirkt. Den Gegenstandswert für dieses Anordnungsverfahren hat das AG auf ein Drittel der Hauptforderung, mithin auf 675.667,00 EUR bemessen. Auch das OLG Brandenburg hatte sich in dem Beschwerdeverfahren gegen den Arrestbeschluss an einem Bruchteil von einem Drittel der Hauptforderung orientiert.

In Vollziehung des Arrestbeschlusses hat die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses gestellt, der auf eine vorläufige Sicherung vor einem Vermögensverfall des Antragsgegners gerichtet war. Die Antragstellerin wollte sich die hierdurch angefallenen Anwaltskosten gem. § 788 Abs. 2 S. 1 ZPO festsetzen lassen und hat deshalb durch ihren Verfahrensbevollmächtigten die Festsetzung des Gegenstandswertes für die Arrestvollziehung beantragt. Das AG Bernau hat den Gegenstandswert auf 2.027.000,00 EUR festgesetzt und dabei offenbar die Vorschrift des § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG herangezogen, nach der in der Zwangsvollstreckung der Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung maßgebend ist. Mit seiner gegen den Wertfestsetzungsbeschluss gerichteten Beschwerde hat der Antragsgegner beantragt, den Gegenstandwert für die Arrestvollziehung auf ein Drittel der Hauptforderung, mithin auf 675.667,00 EUR herabzusetzen. Diese Beschwerde hatte beim OLG Brandenburg Erfolg.

II. Gegenstandswert für die Arrestvollziehung

1. Gesetzliche Regelung

Gem. § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert bei der Vollziehung eines Arrestes nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung einschließlich der Nebenforderungen.

Diese Vorschrift ist nach Auffassung des OLG Brandenburg hier nicht einschlägig. Diese Bestimmung sei nur dann anwendbar, wenn die Vollstreckung der Befriedigung des Gläubigers zu dienen bestimmt sei. Dies hat das OLG aus dem systematischen Zusammenhang mit § 25 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 RVG gefolgert. Danach bestimmt sich der Gegenstandswert in Verfahren über die Erteilung der Vermögensauskunft nach dem Betrag, der einschließlich der Nebenforderungen aus dem Vollstreckungstitel noch geschuldet wird, höchstens jedoch beträgt er 2.000,00 EUR. Im vorliegenden Fall habe die Verfügungsklägerin die Vollstreckung durch Erlass eines ausschließlich der Pfändung und nicht auch der Einziehung dienenden Beschlusses in Vollziehung des Arrestbefehls betrieben. Damit sei diese Vollstreckungsmaßnahme nicht auf Befriedigung, sondern ausschließlich auf vorläufige Sicherung der Verfügungsklägerin vor einem Vermögensverfall des Verfügungsbeklagten gerichtet gewesen.

2. Wert nicht höher als für die Arrestanordnung

Nach den weiteren Ausführungen des OLG Brandenburg ist es in einem solchen Fall nicht gerechtfertigt, den Gegenstandswert für die Vollziehung des Arrestes höher anzusetzen als den Wert für die Anordnung des Arrestes (s. OLG Karlsruhe OLGR Karlsruhe 1999, 330; KG JurBüro 1991, 230; OLG Köln JurBüro 1994, 113). Nach Auffassung des OLG Brandenburg ist es nicht einzusehen, weshalb dem Gläubiger die Vollziehungsmaßnahme mehr wert sein solle als die bereits auf die Vollziehung abzielende Anordnung der Eilmaßnahme. Die Arrestvollziehung diene nämlich ebenso wie die Arrestanordnung lediglich einer vorläufigen Sicherstellung. Die Anordnung des Arrestes und die in seinem Rahmen etwa durchzuführenden Vollziehungshandlungen führten somit gerade nicht zu einer Befriedigung des Gläubigers. Deshalb könne sich sein Vollstreckungsinteresse notwendig nur an den Vorteilen orientieren, die er durch die Anordnung des Arrestes erlange. Diese Vorteile sieht das OLG darin, dass dem Gläubiger die Durchsetzung seiner Ansprüche ggf. erleichtert wird und die Möglichkeiten des Schuldners, sein Vermögen dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen, erschwert werden. Aus diesen Gründen liege der Wert eines Arrestverfahren grds. niedriger als der Streitwert eines entsprechenden Hauptprozesses. Folglich könne für die Vollziehung eines Arrestes nichts anderes gelten.

Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes für die Arrestvollziehung hat sich das OLG Brandenburg an der Wertfestsetzung im zugrunde liegenden Anordnungsverfahren orientiert. Es hat die vom AG Bernau vorgenommene Wertfestsetzung auf ein Drittel der Hauptforderung, mithin auf 675.667,00 EUR ermäßigt.

III. Bedeutung für die Praxis

Ich halte die Entscheidung des OLG Brandenburg für falsch. Das...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?