§§ 66, 69a GKG; Nr. 5400 GKG KV; § 152a VwGO
Leitsatz
Die vollständig erfolglose Anhörungsrüge in Prozesskostenhilfeangelegenheiten nach § 154a VwGO ist im Gegensatz zur Anhörungsrüge nach § 69a GKG nicht gerichtsgebührenfrei.
OVG Bremen, Beschl. v. 11.7.2022 – 2 F 152/22
I. Sachverhalt
Der Kläger hatte beim OVG Bremen einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für einen noch zu stellenden Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urt. des VG Bremen v. 21.9.2021 gestellt. Diesen Antrag hat das OVG durch Beschl. v. 21.12.2021 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Anhörungsrüge erhoben, die das OVG durch Beschl. v. 15.2.2022 zurückgewiesen hat. Für dieses Anhörungsrügeverfahren hat der Kostenbeamte des OVG nach Nr. 5400 GKG KV in seinem Kostenansatz vom 17.2.2022 eine Festgebühr i.H.v. 66,00 EUR angesetzt. Hiergegen hat der Kläger Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 GKG eingelegt, die – nach Nichtabhilfe seitens des Kostenbeamten – der Einzelrichter des OVG Bremen durch Beschl. v. 3.6.2022 zurückgewiesen hat.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger gem. § 69a GKG eine weitere Anhörungsrüge eingelegt, die das OVG der Freien Hansestand Bremen zurückgewiesen hat.
II. Gerichtskosten im Anhörungsrügeverfahren nach § 152a VwGO
Nach Auffassung des OVG hatte die (zweite) Anhörungsrüge des Klägers keinen Erfolg, weil dieser nicht hinreichend dargelegt hatte, dass das OVG in seiner Entscheidung durch den Einzelrichter seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Vielmehr habe der Einzelrichter in seinem Beschl. v. 3.6.2022 unter Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Klägers begründet, warum und in welcher Höhe bei vollständig erfolglosen Anhörungsrügen in PKH-Angelegenheiten eine Gerichtsgebühr anfällt. Insoweit unterscheide sich das Anhörungsrügeverfahren nach § 152a VwGO von der in § 69a GKG geregelten Anhörungsrüge. § 69a GKG enthalte eine spezielle Regelung über die Anhörungsrüge, für die das GKG KV – anders als für die Anhörungsregel nach § 152a VwGO – keinen Gebührentatbestand enthalte.
III. Bedeutung für die Praxis
Die Einführung der Anhörungsrüge hat zwar zu einer – vom Gesetzgeber auch gewollten – Entlastung des BVerfG mit Verfassungsbeschwerdeverfahren geführt. Gleichzeitig hat dies zu einer erheblichen Mehrbelastung der Instanzgerichte geführt, weil diese von – oft nicht einsichtigen – Verfahrensbeteiligten mit Anhörungsrügen geradezu bombardiert werden. So war hier auch der Kläger verfahren, der gegen jede nicht anfechtbare Gerichtsentscheidung eine Anhörungsrüge eingelegt hat, ohne auch nur im Ansatz darzulegen, dass das Gericht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
1. Gerichtskosten im Anhörungsrügeverfahren
Ob für eine in vollem Umfang verworfene oder zurückgewiesene Anhörungsrüge bei Gericht eine Festgebühr anfällt, bestimmt sich danach, ob die betreffende Anhörungsrüge im Verfahrensrecht oder in kostenrechtlichen Vorschriften geregelt ist.
a) Anhörungsrüge gem. § 152a VwGO
Die Anhörungsrüge im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist in § 152a VwGO geregelt. Für das Verfahren über eine solche Anhörungsrüge wird nach Nr. 5400 GKG KV die dort bestimmte Festgebühr i.H.v. 66,00 EUR angesetzt, wenn die Rüge in vollem Umfang verworfen oder zurückgewiesen wird. Vergleichbare Regelungen finden sich in Nrn. 1700, 2600, 3920, 4500, 5400, 6400, 7400 und 8500 GKG KV sowie in Nr. 1800 FamGKG KV. Zu beachten ist dabei, dass diese Gebührenvorschriften nur für die ausdrücklich im jeweiligen Gesetzestext aufgeführten Anhörungsrügeverfahren anwendbar sind. So gilt die hier einschlägige Nr. 5400 GKG KV ausdrücklich nur für die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO, die hier der Kläger gegen den Beschluss des OVG vom 21.12.2021 betreffend die Ablehnung seines PKH-Antrages erhoben hatte.
Für den Anfall der im GKG KV im Falle der vollständigen Verwerfung oder Zurückweisung der Anhörungsrüge ausgewiesenen Festgebühr i.H.v. 66,00 EUR ist es unerheblich, ob in dem Verfahren, dessen Fortsetzung mit der Anhörungsrüge erstrebt wird, eine Gerichtsgebühr anfällt oder nicht. Folglich fällt die Festgebühr nach Nr. 5400 GKG KV auch dann an, wenn mit der erfolglos gebliebenen Anhörungsrüge ein Verfahren auf Bewilligung der PKH fortgesetzt werden soll (BFH RVGreport 2015, 234 [Hansens]; VGH Baden-Württemberg AGS 2021, 416 [Hansens]; Nds. OVG AGS 2019, 473 = RVGreport 2019, 236 [Hansens]). Dies wird damit begründet, der Gesetzgeber habe das Anhörungsrügeverfahren kostenrechtlich verselbstständigt, ohne – in erster Instanz grds. gerichtsgebührenfreie – PKH-Angelegenheiten hiervon auszunehmen.
b) Anhörungsrüge in Kostenverfahren
In verschiedenen kostenrechtlichen Vorschriften hat der Gesetzgeber Anhörungsrügen geregelt, etwa in § 12a RVG, § 69a GKG, § 61 FamGKG, § 84 GNotKG und in § 4a JVEG. Wird eine aufgrund einer dieser Vorschriften eingelegte Anhörungsrüge in vollem Umfang verworfen oder zurückgewiesen, sieht das Gesetz hierfür keine Gerichtsgebühr vor. Folglich sind diese Anhörungsrügen unabhängig von ihrem Ausgang gerichtsgebührenfrei (BVerwG AGS 2010, 194; BFH BFH/N...