§ 104 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 3 ZPO
Leitsatz
- Es kann dahinstehen, ob es im Kostenfestsetzungsverfahren zulässig ist, einen Kostenfestsetzungsbeschluss ohne vorherige Anhörung des Erstattungspflichtigen zum maßgeblichen Kostenfestsetzungsantrag zu erlassen. Eine eventuelle Gehörsverletzung wirkt sich nämlich dann nicht mehr aus und rechtfertigt nicht eine Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, wenn der Erstattungspflichtige ausreichend Gelegenheit hatte, sein rechtliches Gehör im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nachzuholen.
- Welche Voraussetzungen für einen möglichen Vorsteuerabzug gelten, wenn natürliche Personen, die selbst unstreitig nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, auf wettbewerbsrechtliche Unterlassung in Anspruch genommen werden, ist eine Frage des materiellen Steuerrechts, die im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu klären ist. Für die Berücksichtigung der Umsatzsteuerbeträge genügt dann allein die Erklärung des Antragstellers nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.
- Vertritt ein Rechtsanwalt mehrere Parteien und sind nur einige von ihnen vorsteuerabzugsberechtigt bzw. haben sie die entsprechende Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO abgegeben, erfolgt die Aufteilung der Umsatzsteuer nach Kopfteilen.
KG, Beschl. v. 7.3.2022 – 19 W 18/22
I. Sachverhalt
Der Antragsteller hatte beim LG Berlin im Mai 2021 den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen zweier wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche gegen die Antragsgegner beantragt. Die Antragsgegnerin zu 1 ist ein Inkassounternehmen, die Antragsgegner zu 2 bis 5 sind deren Geschäftsführer. Das LG Berlin wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab, setzte den Streitwert auf 13.300,00 EUR fest und erlegte dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auf.
Mit Schriftsatz vom 13.7.2021 haben die durch denselben Prozessbevollmächtigten vertretenen Antragsgegner die Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO beantragt, darunter eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV nebst einer 1,2-Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV nach einen Gegenstandswert von 13.300,00 EUR. Auf den Gesamtbetrag der Gebühren und Auslagen haben die Antragsgegner ferner die Festsetzung von 19 % Umsatzsteuer, anteilig mit 4/5, beantragt. Dies haben sie damit begründet, die Antragsgegnerin zu 1 sei vorsteuerabzugsberechtigt, die Antragsgegner zu 2 bis 5 hingegen nicht.
Der Rechtspfleger des LG hat dem Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der 1,3-Verfahrensgebühr, der weiteren Auslagen und der anteiligen Umsatzsteuer zu 4/5 entsprochen, ohne zuvor den Antragsteller zu dem Kostenfestsetzungsantrag zu hören.
Mit seiner hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat der Antragsteller die Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht, da ihm der zugrunde liegende Kostenfestsetzungsantrag nicht bekannt gegeben worden sei. Ferner hat der Antragsteller seine sofortige Beschwerde darauf gestützt, die Umsatzsteuer sei insgesamt abzusetzen. Die Antragsgegnerin sei nämlich in sämtlichen Unterlassungssachen vorsteuerabzugsberechtigt. Dies gelte auch für ihre mit in Anspruch genommenen Geschäftsführer. Es sei nämlich darauf abzustellen, ob die Geschäftsführer als Privatpersonen oder nur im Zusammenhang mit ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit für das Unternehmen in Anspruch genommen würden. Der letztgenannte Fall liege vor, sodass sie vorsteuerabzugsberechtigt seien.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hatte beim KG keinen Erfolg.
II. Rechtliches Gehör im Kostenfestsetzungsverfahren
Gem. § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO entscheidet über den Kostenfestsetzungsantrag das Gericht des ersten Rechtszuges. Diese Aufgaben des Gerichts sind im Zivilprozess gem. § 21 Nr. 1 RPflG dem Rechtspfleger übertragen. Gem. § 104 Abs. 1 S. 3 ZPO ist die Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag, sofern diesem Antrag ganz oder teilweise entsprochen worden ist, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen.
Das KG hat offengelassen, ob es überhaupt zulässig ist, einen Kostenfestsetzungsbeschluss ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners zur maßgeblichen Kostenrechnung zu erlassen. Wenn dies eine Gehörsverletzung darstellen sollte, hätte sie sich nämlich hier nicht mehr ausgewirkt und deshalb auch nicht eine Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Beschlusses rechtfertigen können (so auch OLG Düsseldorf AGS 2012, 42). Das KG hat darauf hingewiesen, dass der Antragsteller des Verfügungsverfahrens (= Antragsgegner im Kostenfestsetzungsverfahren) ausreichend Gelegenheit gehabt hatte, im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zu den geltend gemachten und festgesetzten Kosten Stellung zu nehmen, sodass sein rechtliches Gehör jedenfalls nachgeholt worden sei.
III. Berücksichtigung der Umsatzsteuerbeträge
1. Gesetzliche Regelung
Gem. § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO genügt für die Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen die Erklärung des Antragstellers (des Kostenfestsetzungsverfahrens), dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann. Eine solche Erklärung hatte hier im Kostenfestsetzungsantrag v. 13.7.2021 hinsichtlich der ...