1. Allmählich scheinen nicht nur der BGH, sondern auch die OLG begriffen zu haben, dass zumindest nach der Neuregelung des Rechts der Pflichtverteidigung im Jahr 2019 die früher von den OLG wohl überwiegend vertretene Auffassung, dass die Pflichtverteidigerbestellung die Verteidigung im Adhäsionsverfahren nicht erfasst, nicht mehr haltbar ist (vgl. zur früheren Rspr. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 4143 VV Rn 20). Das hat ein Teil der OLG-Rspr. allerdings auch schon früher so gesehen, was zutreffend war (Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4143 Rn 20 f.). Inzwischen hat ja dann auch der BGH sich der letzteren Auffassung angeschlossen. Ihm ist in der Rspr. schon das OLG Brandenburg gefolgt (vgl. Beschl. v. 24.1.2022 – 1 Ws 108/21 (S), AGS 2022, 211). Immer noch anderer Auffassung ist mal wieder das LG Osnabrück (vgl. Beschl. v. 5.9.2022 – 18 KLs 5/22, AGS 2023, 46 = JurBüro 2022, 638), dessen Auffassung aber nicht mehr haltbar ist.
Auch wenn der BGH und immerhin zwei weitere OLG inzwischen auch die zutreffende Ansicht vertreten, sollte sich der Pflichtverteidiger in Verfahren, in denen im Adhäsionsverfahren Ansprüche geltend gemacht werden, nicht entspannt zurücklegen. Das gilt vor allem, wenn das zuständige OLG früher der Auffassung war, dass die Pflichtverteidigerbestellung die Tätigkeiten im Adhäsionsverfahren nicht erfasst. Denn die Entscheidung des LG Osnabrück zeigt: Nicht alle Gerichte schließen sich der zutreffenden Ansicht des BGH in der Frage an. Daher sollte er vorsorglich ausdrücklich die Erstreckung der Pflichtverteidigerbestellung beantragen. Ist das mit der Sache befasste Gericht dann der Auffassung, dass die Erstreckung "automatisch" erfolgt, wird es den Antrag unter Hinweis auf seine Rechtsansicht zurückweisen und dürfte daran dann im Rahmen der Kostenfestsetzung gebunden sein. Geht es unzutreffend davon aus, dass die Bestellung das Adhäsionsverfahren nicht erfasst, kann sich der Verteidiger dagegen mit der sofortigen Beschwerde (§ 142 Abs. 7 StPO) wehren und ist insoweit nicht auf das spätere Vergütungsfestsetzungsverfahren angewiesen.
2. Wegen der Einzelheiten der anwaltlichen Vergütung im Adhäsionsverfahren wird auf Burhoff, RVGreport 2018, 282 verwiesen.
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 2/2024, S. 90 - 91