1. Nicht derselbe Gegenstand

Zu Unrecht hat das SG die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr i.H.v. 100,00 EUR angerechnet. Nach der Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV wird eine Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet, soweit sie wegen desselben Gegenstands entstanden ist.

Eine solche Anrechnung scheidet hier aus, da es sich bei dem Widerspruchsverfahren mit dem Begehren höherer Leistungen nach SGB II und der Klage auf Erstattung der Kosten für dieses Widerspruchsverfahren nicht um "denselben Gegenstand" im Sinne dieser Regelung handelt (ebenso LSG Essen, Beschl. v. 1.8.2019 – L 2 AS 262/19 B, juris Rn 10 ff.).

Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens ist die – dem Klageverfahren vorgeschaltete – Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts. Gegenstand des Klageverfahrens war hier jedoch nicht die inhaltliche Prüfung des Verwaltungsakts, sondern die isolierte Prüfung, ob der Widerspruch erfolgreich war. Eine Kongruenz von Verwaltungs- und Klageverfahren liegt damit gerade nicht vor (ebenso denselben Gegenstand bei Widerspruchs- und Eilverfahren verneinend LSG München, Beschl. v. 21.6.2016 – L 15 SF 39/14 E, juris Rn 44).

2. Synergieffekt ist unerheblich

Freilich verkennt der Senat nicht, dass auch eine inhaltliche Prüfung des Widerspruchs, somit des angefochtenen Verwaltungsakts, eine – jedenfalls gewisse – Rolle spielt. Hieraus lässt sich jedoch keine Veranlassung entnehmen, die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV übermäßig weit zu verstehen. Der Senat ist vielmehr der Auffassung, dass die Vorschrift eng auszulegen ist und nur eine Übereinstimmung des Streitgegenstands eine Gebührenanrechnung rechtfertigt, nicht jedoch bereits gewisse Arbeitserleichterungen wegen bestehender Überschneidungen bei der rechtlichen Prüfung. Dafür spricht auch die Gesetzessystematik. Denn der Gesetzgeber hat in der Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV bewusst den gebührenrechtlichen Begriff desselben Gegenstands und nicht wie in § 15 RVG den weitergehenden Begriff derselben Angelegenheit gewählt. Eine solche Festlegung wäre Aufgabe des Gesetzgebers, nicht jedoch der rechtsprechenden Gewalt.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?