§ 1 Abs. 2 Nr. 4b, §§ 4, 5 InsVV; § 63 InsO
Leitsatz
- Der Vergütungsfestsetzungsantrag des Insolvenzverwalters hat alle notwendigen zur Festsetzung relevanten Informationen zu enthalten.
- Kann ein Überschuss aus einer Betriebsfortführung nicht dargelegt werden, ist ein solcher auch nicht anzusetzen.
- Auslagen können nur für den notwendigen Zeitraum angesetzt werden.
AG Cottbus, Beschl. v. 12.6.2023 – 63 IN 358/02
I. Sachverhalt
Das Insolvenzverfahren wurde über einen Betrieb eröffnet und der Insolvenzverwalter wurde bestellt, der den Betrieb dann – wie bereits im vorl. Insolvenzverfahren – fortgeführt hat. Im Rahmen der Insolvenz hat der Insolvenzverwalter auch Aufgaben delegiert, die nach Anschauung des Insolvenzgerichts als Regeltätigkeiten anzusehen waren. Das Insolvenzgericht kürzte zudem die Auslagenpauschale, da es der Ansicht war, dass diese nur für einen objektiv angemessenen Zeitraum angesetzt werden könne. Ein Überschuss aus der Betriebsfortführung erkannte das Gericht ebenfalls nicht an, da der Insolvenzverwalter diesen nicht korrekt angezeigt und dargelegt hatte. Die Ermittlung des Betriebsfortführungsergebnisses sei für den jeweiligen Verfahrensabschnitt immer gesondert darzustellen, damit eine Überprüfung im Rahmen der Ermittlung der Berechnungsmasse ermöglicht wird. Der Insolvenzverwalter hatte aber bei der Betriebsfortführung den Zeitraum der vorläufigen Insolvenzverwaltung mit einbezogen.
II. Anspruch auf grundsätzliche Vergütung
Ein Insolvenzverwalter hat gem. § 63 InsO Anspruch auf Vergütung der Geschäftsführung und auf Erstattung angemessener Auslagen. Er erhält grds. eine Vergütung i.H.d. nach § 2 Abs. 1 InsVV ermittelten Regelsatzes. Grundlage der Berechnung ist die Insolvenzmasse, auf die sich die Schlussrechnung erstreckt (§ 1 InsVV). Nach der Rspr. des BGH können daneben weitere Einnahmen, die nach der Einreichung der Schlussrechnung mit Sicherheit zu erwarten sind, in die Berechnungsgrundlage der Vergütung des Insolvenzverwalters einbezogen werden. Dies gilt auch für den Anspruch der Masse auf Vorsteuervergütung nach § 15 UStG wegen der Beträge, die von der Masse nach § 7 InsVV an den Verwalter für die von ihm abzuführende Umsatzsteuer zu zahlen sind. Voraussetzung ist allerdings, dass die Erstattungsbeträge tatsächlich an die Masse ausbezahlt werden und daher die Masse erhöhen.
III. Gesonderte Einnahmen-Überschussrechnung für das eröffnete Verfahren
Das AG Cottbus stellt klar, dass nicht nur für das vorl. Verfahren im Falle einer Betriebsfortführung, sondern auch für die Betriebsfortführung im eröffneten Insolvenzverfahren eine getrennte Darlegung des Betriebsfortführungsergebnisses erfolgen muss. Im entschiedenen Fall wurde durch den Insolvenzverwalter der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin, anknüpfend an die vorläufige Insolvenzverwaltung, fortgeführt. Dabei wurde aber eine "einheitliche" Auswertung des Fortführungsergebnisses vorgenommen. Gem. § 1 Abs. 2 Nr. 4b InsVV ist nur ein Überschuss aus einer Betriebsfortführung in der Berechnungsgrundlage zwar zu berücksichtigen. Die Einnahmen- und Ausgaben des Eröffnungsverfahrens haben bei der Ermittlung des Ergebnisses der Betriebsfortführung des eröffneten Insolvenzverfahrens aber außer Betracht zu bleiben (BGH, Beschl. v. 2.3.2017 – IX ZB 90/15). Die Ermittlung des Betriebsfortführungsergebnisses ist daher für den jeweiligen Verfahrensabschnitt immer gesondert darzustellen, damit eine Überprüfung im Rahmen der Ermittlung der Berechnungsmasse ermöglicht wird.
IV. Vergütungsantrag muss transparent sein
Das AG Cottbus betont, dass der Vergütungsfestsetzungsantrag die zur Überprüfung erforderlichen Angaben enthalten muss. Dabei trifft stets den Antragsteller die komplette Darlegungs- und Feststellungslast. Werde folglich keine Trennung der Ergebnisse des laufenden und des vorl. Verfahrens im Falle der Betriebsfortführung vorgenommen, könne damit nicht ausreichend belegt werden, wie hoch der Überschuss im Abschnitt des eröffneten Verfahrens sei.
V. Zu- und Abschläge
Je nach Umfang und Schwierigkeit der Geschäftsführung kann die Vergütung den Regelsatz überschreiten oder hinter ihm zurückbleiben (§ 3 InsVV). Im konkreten Sachverhalt wurden zwar keine Zuschläge beantragt, nach Ansicht des AG Cottbus gab es aber Abschläge, die durch das Gericht zu beachten sind. Nach Auffassung des AG Cottbus (und des BGH, Beschl. v. 11.5.2006 – IX ZB 249/04) rechtfertigt die Tätigkeit eines vorläufigen Verwalters regelmäßig einen Abschlag auf die Vergütung des endgültigen Insolvenzverwalters. Für den Fall, dass ein vorläufiger Verwalter pflichtgemäß tätig geworden und vergütet worden ist, erspart dies nach BGH-Rspr. dem späteren Insolvenzverwalter regelmäßig erhebliche Arbeiten, was mit einem regelmäßigen Vergütungsabschlag i.H.v. 5–20 % auf die Vergütung des Verwalters zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 10.10.2013 – IX ZB 38/11).
VI. Delegationen und deren vergütungsrelevante Auswirkungen
Das Insolvenzgericht ist berechtigt und verpflichtet zu überprüfen, ob die Beauftragung externer Hilfskräfte oder die Entnahme der Vergütung gem. § 5 InsVV gerechtfertigt war (BGH, Beschl. v. 11.11.2004 – IX ZB 48/04). Der Insolvenzverwalter ist demnach berechtigt, für die Erledigung besonderer Aufgaben gem. § 4 Abs. 1 InsVV Vert...