1.  Erfolglos wendet die Beklagte zu 1) ein, die Hinzuziehung der Patentanwälte in der Berufungsinstanz sei nicht notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO gewesen. Bei der zugrunde liegenden Streitigkeit handelt es sich um eine Patentstreitigkeit. In Patentstreitsachen sind die Kosten eines Patentanwalts, namentlich die Gebühren nach § 13 RVG und notwendigen Auslagen, zu erstatten, § 143 Abs. 3 PatG. Es findet keine Prüfung statt, ob die Zuziehung des Patentanwalts notwendig war (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rn 13 "Patentanwalt").

2.  Mit Erfolg beanstandet die Beklagte zu 1) dagegen die Reisekosten des Patentanwaltes. Für Reisekosten von Patentanwälten kann auf dieselben Grundsätze zurückgegriffen werden, die für einen Rechtsanwalt gelten. Hierzu hat der Senat in seinem Beschl. v. 20.11.2008, I-10 W 84/08 ausgeführt, dass eine Partei bei Verfolgung ihrer berechtigten Interessen gehalten ist, unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. grundlegend BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Rpfleger 2003, 98 [= AGS 2003, 97]). Er hat zugleich darauf hingewiesen, dass in der Rspr. eine Erstattung von Flugkosten nur gebilligt wird, wenn es sich um eine Auslandsreise handelt oder die Mehrkosten einer Flugreise nicht außer Verhältnis zu den Kosten der Benutzung der Bahn stehen, wobei auch zu berücksichtigen ist, ob die geltend gemachten Kosten sich in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung des Rechtsstreits bewegen (vgl. BGH Beschl. v. 13.12.2007 – IX ZB 112/05, Rpfleger 2008, 279 ff. m. w. Nachw.). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Klägerin entgegenzuhalten, dass sie bzw. der von ihr beauftragte Patentanwalt bei der Auswahl der ihm zur Verfügung stehenden Anreisemöglichkeiten zum Termin vor dem OLG Düsseldorf gegen die Obliegenheit zur Kostengeringhaltung verstoßen hat.

Die Klägerin kann allerdings nicht darauf verwiesen werden, dass eine Anreise per Bahn kostengünstiger gewesen wäre. Die Bahnfahrt von München bis Düsseldorf hätte jeweils ca. fünf bis sechs Stunden reine Fahrzeit in Anspruch genommen, so dass eine Übernachtung notwendig geworden wäre. Es wären mindestens Kosten wie folgt entstanden:

 
Praxis-Beispiel
 
Zug Hin- und Rückfahrt 1. Klasse DB 390,00 EUR
Hotelübernachtung 80,00 EUR
Tage und Abwesenheitsgelder 120,00 EUR
  590,00 EUR

Tatsächlich in Ansatz gebracht wurden EUR 683,84 EUR. Ob die Überschreitung um ca. 16 % noch als geringfügig anzusehen ist bzw. in einem angemessenen Verhältnis zum Zeitgewinn von ca. 1 Tag steht, mag im vorliegenden Fall dahinstehen.

Die Klägerin war jedenfalls gehalten, auch bei einer Anreise per Flugzeug den Grundsatz der Kostengeringhaltung zu beachten. Insoweit wendet sich die Beklagte zu 1) zu Recht gegen die in Ansatz gebrachten Kosten für einen Flug in der Business-Class. Selbst wenn es für Anwälte und Parteien in Patenrechtsstreitigkeiten der hier fraglichen Größenordnung der Üblichkeit entsprechen sollte, in der Business-Class eines Flugzeuges zu reisen, können die gegenüber der Economy-Class erheblich höheren Flugkosten nicht dem unterlegenen Prozessgegner aufgebürdet werden (vgl. auch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., VV 7003, 7004 Rn 31). Der Gegenansicht, die im Rahmen der Angemessenheit der Reisekosten auch den Gegenstandwert sowie die Stellung des Anwalts und seines Auftraggebers berücksichtigen will (vgl. Hartmann, KostG, VV 7003–7006, Rn 23), vermag der Senat nicht zu folgen. Individuelle Gepflogenheiten des Anwalts bzw. bestimmter Kreise, denen er angehört, können nicht zu Lasten des erstattungspflichtigen Gegners gehen. Es widerspräche dem Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn man je nach "Stellung" des Anwalts entweder einen Flug in der Economy-Class "zumuten" oder einen Flug in der Business-Class "zugestehen" wollte.

Eine wirtschaftlich vernünftig denkende Partei in der Situation der Klägerin hätte bei Beachtung des Gebots der Kostengeringhaltung einen Flug in der erheblich günstigeren Economy-Class gebucht. Deren Kosten sind um ca. 44 % günstiger als diejenigen in der Business-Class. Nach den derzeitigen über das Internet recherchierbaren Kosten betragen die Kosten für einen entsprechenden Flug in der Economy-Class bei Lufthansa 379,27 EUR, die Kosten eines Fluges in der Business-Class 672,27 EUR. Der Senat geht davon aus, dass im fraglichen Zeitpunkt Januar 2008 ein ähnliches Preisverhältnis bestanden hat. Auf einen sog. Billigflug, bei dem regelmäßig nicht umgebucht werden kann, kann der Patentanwalt ebenso wenig wie ein Rechtsanwalt verwiesen werden (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 7003, 7004 Rn 32a). Demnach sind die von der Klägerin zur Festsetzung angemeldeten Flugkosten in Höhe von 623,84 EUR um 44 % (= 274,49 EUR) auf 349,35 EUR zu kürzen; nur dieser Betrag ist als notwendig und damit – neben dem Abwesenheitsgeld von 60,00 EUR – als vom Gegner erstattungsfähig anzuerkennen.

Mitgeteilt von RiOLG Birgit Goldschmidt-Neumann, Düsseldorf

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