Dr. Julia Bettina Onderka
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1 Hs. 2
Leitsatz
1. Die Rechtsbeschwerde gegen einen in einem einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss ist statthaft.
2. Beantragt der Berufungsbeklagte nach Einlegung und Begründung des Rechtsmittels dessen Zurückweisung, so sind die dadurch entstehenden Anwaltsgebühren auch dann notwendige Kosten der Rechtsverteidigung, wenn der Berufungsbeklagte sich mit der Berufungsbegründung nicht inhaltlich auseinandersetzt.
BGH, Beschl. v. 2.10.2008 – I ZB 111/07
1 Sachverhalt
Das LG hatte dem Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte durch Endurteil stattgegeben. Gegen diese Entscheidung hatte die Verfügungsbeklagte Berufung eingelegt und diese begründet. Daraufhin hat der Verfügungskläger die Zurückweisung der Berufung beantragt. Nach einem Hinweis des Berufungsgerichts auf die beabsichtigte Zurückweisung des Rechtsmittels (§ 522 Abs. 2 S. 2 ZPO) hat die Verfügungsbeklagte ihre Berufung zurückgenommen. Das Berufungsgericht hat durch Beschluss ausgesprochen, dass die Verfügungsbeklagte die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat (§ 516 Abs. 3 ZPO).
Die nach dem Beschluss des Berufungsgerichts von der Verfügungsbeklagten an den Verfügungskläger zu erstattenden Kosten des Berufungsverfahrens hat das LG nicht, wie vom Verfügungskläger beantragt, auf 1.053,60 EUR, sondern nur auf 730,60 EUR festgesetzt, weil es die Gebühren des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers im Berufungsverfahren nicht in Höhe einer 1,6-Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV), sondern nur in Höhe einer 1,1-Verfahrensgebühr (Nr. 3201 VV) für erstattungsfähig erachtet hat. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Verfügungskläger weiterhin die Festsetzung der Kosten in der von ihm geltend gemachten Höhe.
2 Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, da das Beschwerdegericht sie in seinem Beschluss zugelassen hat. An die Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht nach § 574 Abs. 3 S. 2 ZPO gebunden. Die Bindungswirkung des § 574 Abs. 3 S. 2 ZPO tritt zwar nur hinsichtlich des Vorliegens eines Zulassungsgrundes nach § 574 Abs. 2 ZPO ein und eröffnet nicht ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel. Darauf zielt die Zulassung der Rechtsbeschwerde aber – entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung – auch nicht ab.
Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist allerdings eine Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 S. 2 ZPO, § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht statthaft. Dies gilt auch für die Anfechtung von im Verfahren der einstweiligen Verfügung ergangenen Kostengrundentscheidungen (BGH, Beschl. v. 8.5.2003 – I ZB 40/02, GRUR 2003, 724 = WRP 2003, 895 = AGS 2003, 328; Beschl. v. 16.9.2003 – VIII ZB 40/03, GRUR 2004, 81 = NJW 2003, 3565). Der Verfügungskläger wendet sich jedoch nicht gegen die – ihn nicht beschwerende – Kostengrundentscheidung des Berufungsgerichts nach § 516 Abs. 3 S. 2 ZPO, die die Verpflichtung der Verfügungsbeklagten ausspricht, die durch das zurückgenommene Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Er greift vielmehr den auf seine sofortige Beschwerde hin ergangenen Beschluss an, mit dem das Beschwerdegericht den auf § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO beruhenden Kostenfestsetzungsbeschluss des LG bestätigt hat, wonach er statt einer 1,6-Verfahrensgebühr nur eine 1,1-Verfahrensgebühr beanspruchen kann. Für das Kostenfestsetzungsverfahren gilt die für das Verfahren der einstweiligen Verfügung vorgesehene Begrenzung des Instanzenzugs nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 6.12.2007 – I ZB 16/07, GRUR 2008, 639 = WRP 2008, 947 – Kosten eines Abwehrschreibens, m. w. Nachw. = AGS 2008, 366). Die Begrenzung des Instanzenzugs im Verfahren der einstweiligen Verfügung hinsichtlich der Anfechtung von Entscheidungen in der Hauptsache und – erst recht – über die Kosten hat ihren Grund im summarischen Charakter des Eilverfahrens (vgl. BGH GRUR 2003, 724). Das als selbständiges Verfahren mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestaltete Kostenfestsetzungsverfahren teilt diesen summarischen Charakter des Eilverfahrens nicht.
III. Die auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet.
1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, für den im Berufungsverfahren nach Eingang der Berufungsbegründung gestellten Zurückweisungsantrag, der keinerlei Begründung oder Sachvortrag enthalte, erscheine nicht eine 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV, sondern lediglich eine 1,1-Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV angebracht, weil die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten in einem solchen Fall mangels inhaltlicher Auseinandersetzung mit der Berufungsbegründung nicht die Position des Mandanten im Prozess fördere oder auf die Entscheidung des Gerichts einwirke.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Beantragt der Berufungsbeklagte nach Einlegung und Begründung des Rechtsmittels dessen Zurück...