GKG §§ 48 Abs. 2, Abs. 3, 40
Leitsatz
1. Für die Bemessung des Streitwerts einer Ehescheidung ist das Nettoeinkommen der Eheleute in den letzten drei Monaten vor Einleitung der Instanz heranzuziehen. Spätere Einkommenssteigerungen oder -minderungen bleiben außer Betracht.
2. Die Instanz wird erst durch den Scheidungsantrag, nicht schon durch den isolierten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingeleitet.
3. Zum Nettoeinkommen zählt das Arbeitslosengeld I, nicht aber das Arbeitslosengeld II.
OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.1.2009–13 WF 4/09
1 Aus den Gründen
Die gem. §§ 32 Abs. 2 RVG, 68 Abs. 1 GKG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Gem. § 48 Abs. 2, 3 S. 1 GKG sind für die Bemessung des Streitwerts insbesondere die Einkommensverhältnisse, und zwar das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute maßgeblich. Das Familiengericht hat den Streitwert hier im Ergebnis zu Recht mit bis zu 2.500,00 EUR bemessen.
1. Gem. § 40 GKG sind in zeitlicher Hinsicht die letzten drei Monate vor Stellung der die Instanz einleitenden Antragsstellung maßgeblich (Hartmann, KostG, 37. Aufl. 2007, § 48 Rn 37). Dabei kommt es auf die Einreichung des Scheidungsantrags, nicht jedoch eines von der vorangehenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängigen Antrags an (Hartmann a.a.O., § 40 Rn 5). Maßgeblich sind hier die Monate November 2007 bis Januar 2008, denn die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und anschließende Zustellung des Scheidungsantrags erfolgten im Februar 2008. In diesem Zeitraum erhielt der Antragssteller ausweislich der dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigefügten Unterlagen Arbeitslosengeld I in Höhe von 2.263,80 EUR. Die Antragsgegnerin erhielt den Unterlagen zum Versorgungsausgleich zufolge Arbeitslosengeld II. Dass sie im Februar 2008 ein Arbeitsverhältnis mit höherem Verdienst einging, hat für die Streitwertberechnung außer Betracht zu bleiben, denn der klaren gesetzlichen Regelung des § 40 GKG zufolge beeinflussen weder Einkommenssteigerungen noch -minderungen nach dem maßgeblichen Zeitpunkt den Streitwert (Hartmann a.a.O. § 40 Rn 3; § 48 Rn 37 m. w. Nachw. auch zur Gegenansicht).
2. Der Streitwert beträgt damit bis zu 2.500,00 EUR und entspricht der in dem angefochtenen Beschluss nach der Abhilfeentscheidung festgesetzten Gebührenstufe. Einzubeziehen ist nämlich das von dem Antragssteller bezogene Arbeitslosengeld I, nicht aber das von der Antragsgegnerin empfangene Arbeitslosengeld II. Ob staatliche Leistungen für die Streitwertberechnung heranzuziehen sind, ist umstritten. Dem Wortlaut des § 48 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 zufolge ist das Nettoeinkommen der Ehegatten maßgeblich. Ob auch staatliche Leistungen, die die Bedürftigkeit des Empfängers voraussetzen, "Einkommen" in diesem Sinne sind, wird in der Rspr. der OLG uneinheitlich beantwortet. Zum Teil werden auch staatliche Fürsorgeleistungen als Einkommen eingeordnet (OLG Frankfurt/M. FamRZ 2008, 535; OLG Hamm FamRZ 2006, 632; OLG Schleswig FamRZ 2009, 75; T. Schmidt, in: juris-PK BGB, 4. Aufl. 2008, kostenrechtliche Hinweise zu § 1564 BGB Rn 24 f.). Dagegen ist nach einer verbreiteten Auffassung zwar das Arbeitslosengeld I, nicht aber das Arbeitslosengeld II als Einkommen heranzuziehen (OLG Celle FamRZ 2006, 1690; OLG Dresden NJW-RR 2007, 1161; OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 807; OLG Hamburg OLGR 2006, 269; OLG Oldenburg, Beschl. v. 18.8.2008–2 WF 166/08; OLG Schleswig OLGR 2008, 951; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 3 Rn 16 "Ehesachen"). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Auslegung hat das BVerfG nicht erhoben (BVerfG NJW 2006, 1581).
Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung. Die Differenzierung ist sachgerecht. Das Arbeitslosengeld I ist eine Lohnersatzleistung, die auf der vorangegangenen Erwerbstätigkeit und den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung beruht. Es wird anders als das Arbeitslosengeld II unabhängig von der Bedürftigkeit des Betroffenen gezahlt und setzt keine Vermögensverwertung voraus. Dagegen ersetzt das Arbeitslosengeld II die frühere Sozialhilfe. Gegen seine Einordnung als Einkommen spricht schon seine Subsidiarität. Etwaige Ansprüche des Empfängers gegen Dritte gehen gem. § 33 SGB II auf die leistende Behörde über. Die Leistung hat in derartigen Fällen den Charakter einer vorläufigen finanziellen Hilfe, weil der Empfänger im Gegenzug werthaltige Ansprüche verliert. Umgekehrt erscheint es nicht sachgerecht, weiter zu differenzieren, ob im konkreten Fall eine Überleitungsmöglichkeit besteht oder nicht (so aber OLG Frankfurt FamRZ 2008, 535 m. w. Nachw.; zustimmend T. Schmidt, in: juris-PK BGB, 4. Aufl. 2008, kostenrechtliche Hinweise zu § 1564 BGB Rn 24 f.). Es ist nicht Sinn der stichtagsbezogenen Streitwertbemessung, die Erfolgsaussicht der späteren Verfolgung übergegangener Ansprüche zu beurteilen (ebenso OLG Dresden NJW-RR 2007, 1161). Subsidiäre staatliche Hilfeleistungen werden gerade nur bei Fehlen eigenen Einkommens und zur Kompensation dieses Umstands gewährt. Gerade für ...