Sowohl in dem Beschluss des OLG Düsseldorf wie des OLG Karlsruhe ging es darum, dass ein Schriftsatz auf Erweiterung der Klage nachgeschoben wurde.
OLG Karlsruhe: Über eine Klage auf Zahlung von 5.528,21 EUR wurde mündlich verhandelt und Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Danach reichte der Kläger einen Schriftsatz mit einem erweiterten Antrag auf 128.472,04 EUR bei Gericht ein. Die Klage wurde abgewiesen, weil die Erweiterung nach § 296a ZPO unzulässig gewesen sei. Der Streitwert wurde aber für die Zeit ab Einreichung des Schriftsatzes auf 128.472,04 EUR festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wurde er herabgesetzt auf 5.528,21 EUR. Das folge aus § 40 GKG. Danach setze die Berücksichtigung des erweiterten Antrags voraus, dass ein Verfahren "eingeleitet" worden sei, was gleichbedeutend mit "anhängig" sei. Auf eine Klageerweiterung nach Schluss der mündlichen Verhandlung treffe das nicht zu; sie habe daher auch keine Auswirkungen auf den Streitwert; "neue Anträge nach der letzten mündlichen Verhandlung sind prozessual wirkungslos".
OLG Düsseldorf: Eingeklagt worden waren 42.220,42 EUR. Die Klägerin beabsichtigte eine Erweiterung der Klage um 31.993,90 EUR und reichte einen entsprechenden Schriftsatz ein. Das Gericht wies darauf hin, die Befassung mit dem erweiterten Antrag würde voraussichtlich das Verfahren verzögern. Deshalb verzichtete die Klägerin auf die Zustellung des Schriftsatzes. Nach mündlicher Verhandlung gab das LG der Klage im Wesentlichen statt und erhöhte den Streitwert ab Einreichung des Erweiterungsschriftsatzes um dessen Antrag. Die dagegen eingeleitete Streitwertbeschwerde der Klägerin wurde zurückgewiesen. "Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass die eingereichte, aber nicht zugestellte Klageerweiterung zu einer Erhöhung des Streitwertes geführt hat". Ausschlaggebend dafür war, dass das OLG Düsseldorf davon ausging, bei Einreichung eines klageerweiternden Schriftsatzes vor mündlicher Verhandlung sei der Antrag anhängig geworden.
Beide Gerichte legen den § 40 GKG dahin aus, dass mit dem Begriff "eingeleitet" die Anhängigkeit gemeint ist. Es kommt also darauf an, was darunter zu verstehen ist. Anhängigkeit ist ein prozessualer Begriff, der einen Rechtszustand zwischen Gericht und einem Verfahrensbeteiligten bezeichnet, der durch den Eingang eines Antrages mit dem Ziel einer gerichtlichen Tätigkeit hergestellt wird, und zwar vor Eintritt der Rechtshängigkeit.
Dieser unscharfe, im Gesetz nicht näher bestimmte Begriff muss eingegrenzt werden. Es geht nicht an, jeden Antrag, der bis zur Urteilsverkündung bei Gericht eingereicht wird, als Anhängigmachen eines Verfahrens zu bewerten. Mit dem OLG Düsseldorf ist darauf abzustellen, ob der Antrag, vor oder nach mündlicher Verhandlung eingereicht, hier eine Klage erweitert.
Dann stellt sich nur noch das Problem, ob der Prozessbevollmächtigte, der den Erweiterungsschriftsatz verfasst hat, wegen seines Vergütungsanspruchs gegen seinen Auftraggeber eine besondere Streitwertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG beantragen kann.
Rechtsanwalt Dr. Egon Schneider, Much