Licht und Schatten wechseln sich ab, wenn man die in diesem Heft veröffentlichten Entscheidungen betrachtet. Zum Teil sind erfreuliche Tendenzen in der Rspr., insbesondere zu den mit dem FGG-ReformG in Kraft getretenen Neuregelungen, zu erkennen. Andererseits glaubt man kaum, was deutsche Gerichte zum Kostenrecht von sich geben.
Positiver Spitzenreiter ist wieder einmal der XII. Senat des BGH, der sowohl seine eigene Rspr. als auch die des II. Senats bestätigt, wonach § 15a RVG keine Gesetzesänderung darstellt, sondern lediglich eine Klarstellung dessen beinhaltet, was schon immer gegolten habe. Er erteilt damit der verfehlten Rspr. des VIII. Senats wiederum eine klare Absage und stellt nochmals ausdrücklich klar, dass auch in "Altfällen" die Regelungen des § 15a RVG anzuwenden sind, so dass eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren nichts zu suchen hat.
Ebenso erfreulich ist die Entscheidung des OLG Düsseldorf zum Verfahrenswert einer einstweiligen Anordnung in Unterhaltssachen. Hier wurde schon von Vornherein von der Kommentarliteratur vertreten, dass zumindest für isolierte einstweilige Anordnungen, die nach neuem Recht ja ohne Hauptsache möglich sind, nicht vom hälftigen Wert der Hauptsache auszugehen sei, sondern dass hier ein höherer Wert, u.U. sogar der volle Hauptsachewert anzusetzen sei. Im Gegensatz zum bisherigen Recht hat die einstweilige Anordnung eine viel weiter reichende Wirkung, insbesondere, wenn sie isoliert, also ohne zugehöriges Hauptsacheverfahren erhoben wird.
Das OLG Düsseldorf hat dem Rechnung getragen und in einem isolierten einstweiligen Anordnungsverfahren den vollen Wert der Hauptsache angesetzt. Damit hat die Rspr. ein erstes Signal zur Auslegung des § 41 FamGKG in Unterhaltsverfahren gesetzt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die übrigen Oberlandesgerichte zu dieser Frage stellen werden.
Positiv zu bewerten ist auch die Entscheidung des OLG Hamm, wonach in Gewaltschutzverfahren Verfahrenskostenhilfe sowohl für das einstweilige Anordnungsverfahren als auch für ein gleichzeitig eingeleitetes Hauptsacheverfahren zu bewilligen ist. Das OLG Zweibrücken hatte zunächst anders entschieden. Es hielt die "doppelte Verfahrenskostenhilfe" für mutwillig. Nach seiner Auffassung muss eine kostenbewusste Partei zunächst einmal ihr Heil in dem billigeren Verfahren der einstweiligen Anordnung suchen, die in aller Regel zu einer endgültigen Erledigung führe. Ein Hauptsacheverfahren sei danach überflüssig, so dass hierfür keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden könne. Das OLG Hamm sieht dies anders und hat auf die sofortige Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts sowohl für die Hauptsache als auch für die einstweilige Anordnung Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Sowohl das OLG Zweibrücken als auch das OLG Hamm haben die Rechtsbeschwerde zugelassen. Ob diese eingelegt worden ist, ist nicht bekannt.
In einer sehr ausführlichen Entscheidung hat sich das OVG Lüneburg mit der Umsatzsteuerpflicht der Aktenversendungspauschale befasst und kommt selbstverständlich zu dem Ergebnis, dass die Weiterleitung der Aktenversendungspauschale an den Mandanten umsatzsteuerpflichtig ist. Das Thema dürfte damit hoffentlich endgültig erledigt sein.
Bemerkenswert ist auch die Entscheidung des LG Leipzig, das in Strafsachen nicht gerade als anwaltsfreundlich gilt. Es hat entgegen der bisherigen Rspr. keine Bedenken dagegen, dass in Strafsachen der Kostenerstattungsanspruch bereits in der Vollmachtsurkunde abgetreten wird.
Leider gibt es aber nicht nur Erfreuliches zu berichten. Der 24. Senat des OLG Düsseldorf hat wieder einmal zugeschlagen. Er hat seine bisherige Rspr. bestätigt, wonach eine 15-Minuten-Zeittaktklausel nichtig sei. Gleichzeitig hat der 24. Senat die Gelegenheit genutzt und sich wieder einmal darüber ausgelassen, dass Anwälte eigentlich viel zu viel verdienen. Ursprünglich hatte der Senat die Klage insgesamt abweisen wollen, da sie ein sog. "Empfangsbekenntnis" enthielt. Diese Entscheidung hatte der BGH allerdings aufgehoben und die Sache dem OLG Düsseldorf zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Da das OLG jetzt in der Sache entscheiden musste, hat es die Vergütungsansprüche des Anwalts nicht nur wegen Verstoßes gegen den 15-Minuten-Takt, sondern auch wegen Unangemessenheit drastisch gekürzt. Zum Glück hat das OLG Düsseldorf die Revision zugelassen, die auch eingelegt worden ist. Es besteht demnach Hoffnung, dass der BGH sich nunmehr endlich mit der 15-Minuten-Zeittaktklausel auseinandersetzt und die Frage nicht – wie zuletzt – offen lässt und damit der Anwaltschaft Steine statt Brot gibt.
Norbert Schneider