RVG § 33

Leitsatz

Eine ausdrücklich "namens und im Auftrag der Rechtsschutzversicherung" eingelegte Beschwerde gegen einen Gegenstandswertbeschluss nach § 33 RVG ist nicht statthaft, da die Rechtsschutzversicherung nicht antrags- und damit nicht beschwerdebefugt ist.

LAG München, Beschl. v. 23.10.2009–7 Ta 309/09

Sachverhalt

Nach Abschluss des Verfahrens durch Vergleich setzte das ArbG nach Anhörung der anwesenden Beklagtenvertreterin und des Klägervertreters, ohne dass diese Einwände erhoben haben, den Gegenstandswert für das Verfahren und den Vergleichsmehrwert fest.

Mit späterem Schriftsatz erhob der Klägervertreter "namens und im Auftrag der Rechtsschutzversicherung des Klägers" Beschwerde gegen den Beschluss des ArbG, die er damit begründet hat, die Rechtsschutzversicherung sei mit der Wertfestsetzung nicht einverstanden.

Das ArbG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Rechtsmittel dem LAG zur Entscheidung vorgelegt und zur Begründung ausgeführt, es halte die Beschwerde bereits für unzulässig, da sie allein im Interesse der Rechtsschutzversicherung eingelegt worden sei.

Aus den Gründen

Die Beschwerde der B. ist bereits nicht statthaft, mithin unzulässig. Das ArbG München hat mit seinem Beschluss den Gegenstandswert für Verfahren und Vergleich gem. § 33 RVG festgesetzt.

Bei dem Beschluss handelt es sich nicht um eine Streitwert-, sondern um eine Gegenstandswertfestsetzung nach § 33 RVG. Die Wertfestsetzung hatte nach § 33 Abs. 1 RVG zu erfolgen, da die Gerichtsgebühren wegen vollständiger Beendigung des Rechtsstreits vor dem ArbG ohne streitige Verhandlung entfallen und somit keine gerichtliche Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren erfolgt (vgl. ErfK, 8. Aufl. 2008, 60 ArbGG § 12 (Koch) Rn 10).

Nach § 33 Abs. 3 RVG können die Antragsberechtigten gegen einen Gegenstandswertbeschluss des ArbG Beschwerde einlegen. Antragsberechtigt sind gem. § 33 Abs. 2 S. 2 RVG nur der Rechtsanwalt, sein Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 RVG die Staatskasse, nicht jedoch die Rechtsschutzversicherung einer Partei. Der Klägervertreter hat ausdrücklich nicht im Namen des Klägers Beschwerde eingelegt. Der Kläger wäre durch eine zu hohe Festsetzung des Gegenstandswertes beschwert. Er hat sie auch nicht im eigenen Namen eingelegt, er wäre durch den Gegenstandswert auch nicht beschwert, wenn eine zu hohe Festsetzung erfolgt wäre. Er hat die Beschwerde somit ausdrücklich nicht für die Antragsberechtigte einlegen wollen. Einem Rechtsanwalt kann man getrost zutrauen, dass er regelmäßig das ausdrückt, was er ausdrücken will. In einem solchen Fall ist eine Auslegung nicht mehr möglich, da eine Auslegung nur stattfinden kann, wenn ein Text auslegungsbedürftig ist. Die erkennende Kammer folgt der zutreffenden Rspr. des LAG Bremen, vgl. Beschl. v. 20.7.1988–4 Ta 35/88, LAGE Nr. 3 zu § 10 BRAGO. Wegen Fehlens einer Auslegungsbedürftigkeit der Formulierung des Klägervertreters kann die Beschwerdekammer der Entscheidung des LAG Nürnberg v. 18.7.1994–7 Ta 78/94 – nicht folgen. Im Übrigen gibt die von juris unter der Rubrik Rspr. zu der Entscheidung des LAG Nürnberg mit "so auch BGH, 20.8.1988 – VIII ZR 225/86" zitierte Entscheidung des BGH zu der Frage der Antragsberechtigung und Auslegung einer Beschwerde "namens und im Auftrag der Rechtsschutzversicherung" nichts her. Denn die zitierte Entscheidung befasst sich zwar mit einer Gegenstandswertfestsetzung. Jedoch hat im vom BGH entschiedenen Fall der Prozessbevollmächtigte des Beklagten aus eigenem Recht Beschwerde eingelegt, vgl. BGH a.a.O. unter 2. der Gründe.

Anmerkung

Ein Rechtsschutzversicherer ist nicht beschwerdeberechtigt.[1] Er kann allenfalls den Versicherungsnehmer anweisen, eine Beschwerde gegen die Wertfestsetzung einzulegen. Dieser Anweisung muss der Versicherungsnehmer nachkommen, da er anderenfalls eine Obliegenheitspflicht verletzt:

1.  Eine rechtsschutzversicherte Partei verstößt grob fahrlässig gegen ihre Schadenminderungspflicht gem. § 62 Abs. 1 S 1 VVG a.F., wenn sie bzw ihr Verfahrensbevollmächtigter es unterläßt, gegen einen (offensichtlich) fehlerhaften Streitwertbeschluß (hier: in einem selbstständigen Beweisverfahren) Streitwertbeschwerde gem. § 25 Abs. 3 GKG a.F. (jetzt § 68 GKG) einzulegen.

2.  Die aufgrund der fehlerhaften Streitwertfestsetzung berechneten Rechtsanwaltskosten sind dann entsprechend zu kürzen.

AG Hamburg, Urt. v. 6.10.1999–21 a C 288/99[2]

Zu beachten ist allerdings, dass der Rechtsanwalt für den Mandanten im Auftrag des Rechtsschutzversicherers die Streitwertbeschwerde nicht unentgeltlich einlegen muss. Zwar ist das Verfahren nach § 68 Abs. 3 S. 1 GKG gebührenfrei; dies betrifft aber nur die Gerichtsgebühren. Anwaltsgebühren entstehen sehr wohl. Diese werden zwar nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 S. 2 GKG). Vom Mandanten bzw. hier von seinem Rechtsschutzversicherer sind diese Kosten allerdings zu übernehmen.

Für die Streitwertbeschwerde entsteht eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV nebst Auslagen und Umsatzsteuer.

Der Gegenstandswert berechnet sich nach § 23 ...

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