Das OLG hat seine zutreffende Entscheidung auch gut begründet!
Dabei hat es insbesondere ein für die Berücksichtigung von Arbeitslosengeld II als Nettoeinkommen im Sinne des § 43 Abs. 2 FamGKG entscheidendes Argument herausgearbeitet: "Die Festlegung des Verfahrenswertes soll von schwierigen Rechtsfragen losgelöst erfolgen können. Zum Nettoeinkommen sind alle tatsächlich bezogenen Einkommen ohne weitere Differenzierung, etwa hinsichtlich des Gesichtspunktes einer Gegenleistung zu zählen. Bei der Festlegung des Verfahrenswertes sind somit auch Sozialleistungen zu berücksichtigen."
Bereits durch das KostRÄndG war die für Ehesachen heranzuziehende Bewertungsvorschrift im Jahre 1975 neu gefasst worden. Der Mindestwert wurde damals von 3.000,00 DM auf 4.000,00 DM erhöht, der Faktor Einkommensverhältnisse definiert und in dieser aus dem Jahr 1975 stammenden Fassung (§ 12 GKG a.F., bis 2009 § 48 GKG a.F.) unverändert in das FamGKG übernommen.
Der Verfahrenswert in Ehesachen ist also weiterhin unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs, der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen (§ 43 Abs. 1 FamGKG). Nach § 43 Abs. 2 FamGKG ist für die Einkommensverhältnisse noch immer das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen. Allein die Einkommensverhältnisse hat der Gesetzgeber inhaltlich bestimmt und definiert. Auch § 43 FamGKG differenziert vom Wortlaut her nicht nach der Herkunft des Nettoeinkommens der beteiligten Eheleute.
Ausgangspunkt für die Wertbemessung in Ehesachen ist das "reine" Nettoeinkommen der beteiligten Eheleute. In Abgrenzung zu § 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG, der bestimmt, dass in Versorgungsausgleichssachen allein auf das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen abzustellen ist, sind die Einkommensverhältnisse in Ehesachen nur eines der Kriterien, wonach sich der Verfahrenswert bemisst. Der jeweilige Wortlaut der Vorschriften ist jedoch identisch, soweit es um die Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse als Ausgangswert geht. Der Gesetzgeber hat dieselbe Wertbemessung hinsichtlich der Einkommensverhältnisse vorgesehen, damit die Wertbemessung in Ehe- und Versorgungsausgleichssachen schnell und unkompliziert umgesetzt werden kann.
Jeder an einer Ehesache beteiligte Ehegatte weiß – und dies ungeachtet seiner individuellen kognitiven Fähigkeiten – was Nettoeinkommen bedeutet und ist in der Lage, die entsprechende Nachfrage des Gerichts treffsicher zu beantworten. Er zieht dabei auch nicht etwa Freibeträge für eheliche oder nichteheliche Kinder oder gar Verbindlichkeiten ab. Er verneint schließlich auch nicht, Nettoeinkommen zu erzielen, wenn er Arbeitslosengeld II oder Grundsicherungsleistungen vereinnahmt.
Das Kostenrecht enthält keine Definition des Nettoeinkommens. Auch dem materiellen Recht ist der Einkommensbegriff nicht bekannt. § 43 Abs. 2 FamGKG bestimmt das zu berücksichtigende Einkommen als Ausgangspunkt für die Verfahrenswertbemessung abschließend. Es zählt ausschließlich das, was monatlich netto vereinnahmt wird, nicht mehr und nicht weniger. Dazu gehören einschränkungslos aber auch Sozialleistungen.
Die Gegenauffassungen stellen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ab. Staatliche Unterstützungsleistungen seien danach kein Nettoeinkommen, weil nur das Existenzminimum gesichert werde. Je besser die Verhältnisse, desto höher sollen die Gebühren sein. Das entspreche einem normalen Gerechtigkeitsempfinden. Denn Sozialleistungen seien gerade kein Ausdruck der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, richteten sich vielmehr allein nach der Bedürftigkeit und seien deshalb für die Verfahrenswertbemessung nicht heranzuziehen. Anderenfalls würde auch der auf 2.000,00 EUR festgelegte Mindestwert leer laufen.
Trotz dieser argumentativen Bemühungen sind die Auffassungen, die Sozialleistungen beim Einkommen zur Festsetzung des Verfahrenswertes unberücksichtigt wissen wollen, abzulehnen. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich normiert, was gewollt ist. Hätte er nur das Nettoerwerbseinkommen gemeint, so wäre es ihm ein Leichtes gewesen, diesen Umstand in die Gesetzesreform einzuführen. Das hat er aber gerade nicht getan. Die Einkommensquelle ist nicht entscheidend. Nettoeinkommen bedeutet Nettoeinkommen und nicht Nettoerwerbseinkommen. Die Argumentation, dass dann ggf. der Mindestwert in Höhe von 2.000,00 EUR ausgehöhlt werde, darf ernsthaft als Begründung für die Nichtberücksichtigung nicht mehr herangezogen werden. Denn der Mindestwert hat sich seit 35 Jahren nicht mehr verändert und enthält damit keine aktuellen Bezüge mehr. Aus gutem Grunde tendiert die Rspr. deshalb auch dahin, Sozialleistungen im Rahmen des § 43 Abs. 2 FamGKG zu berücksichtigen.
Für eine Berücksichtigung von Sozialleistungen sind:
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OLG Köln, |
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OLG Schleswig, |
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OLG Düsseldorf, |
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OLG Frankfurt, |
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OLG Celle. |
Gegen eine Berücksichtigung von Sozialleistungen haben sich ausgesprochen: