RVG §§ 8 Abs. 1, 15 Abs. 5 S. 2;VAÜG § 2
Leitsatz
Die anwaltliche Vertretung in einer ausgesetzten und wieder aufgenommenen Folgesache Versorgungsausgleich stellt auch dann keine neue Angelegenheit nach § 15 Abs. 5 S. 2 RVG dar, wenn zwei Kalenderjahre seit dem Erlass des Scheidungsurteils und der Aussetzung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich vergangen sind (Bestätigung von KG, Beschl. v. 28.10.2010 – 19 WF 174/10).
OLG Oldenburg, Beschl. v. 13.1.2011 – 13 WF 166/10
1 Sachverhalt
Die Ehe der Beteiligten ist durch Urteil des FamG im Jahr 2005 rechtskräftig geschieden worden. Das FamG hat im Scheidungsurteil die Entscheidung über den Versorgungsausgleich gem. § 2 VAÜG ausgesetzt. Dem Antragsgegner war Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt worden. Auf Antrag des Beschwerdeführers wurde eine dem beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung festgesetzt. Der Beschwerdeführer hatte die Gebühren nach einem Gegenstandswert von 4.000,00 EUR berechnet. Dem lag die Wertfestsetzung des FamG zugrunde, das den Streitwert mit 4.000,00 EUR (Scheidung: 3.000,00 EUR, Versorgungsausgleich: 1.000,00 EUR) bemessen hatte.
Das FamG hat das Verfahren über den Versorgungsausgleich mit Verfügung v. 5.7.2010 wieder aufgenommen und – nach Einholung neuer Auskünfte von den Versorgungsträgern – über den Versorgungsausgleich entschieden. Der Beschwerdeführer hat (nach – erneuter – Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den Antragsgegner) die Festsetzung einer Vergütung von 155,30 EUR (einschließlich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer) für das Versorgungsausgleichsverfahren nach einem Gegenstandswert von 1.000,00 EUR beantragt. Die Festsetzung ist abgelehnt worden. Die dagegen gerichtete Erinnerung hat das FamG zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen.
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Mit Recht hat das FamG die beantragte Vergütungsfestsetzung abgelehnt, weil die Tätigkeit des Beschwerdeführers im Versorgungsausgleichsverfahren gem. § 15 Abs. 1, 2 und 5 RVG durch die bereits im Jahr 2005 gezahlte Vergütung abgegolten ist.
1. Gem. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG kann der Rechtsanwalt Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Die Scheidung und die Folgesache Versorgungsausgleich sind gem. § 16 Nr. 4 RVG dieselbe Angelegenheit; das gilt gem. § 21 Abs. 3 RVG auch dann, wenn die Folgesache als selbstständige Familiensache fortgeführt wird. Demzufolge kann der Beschwerdeführer nach Zahlung der Vergütung im Jahr 2005 keine weitere Vergütung verlangen.
2. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht aus § 15 Abs. 5 S. 2 RVG. In § 15 Abs. 5 S. 1 RVG wird zunächst bestimmt, dass der Rechtsanwalt, der, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt wird, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, nicht mehr an Gebühren erhält, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Gem. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG gilt aber die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift liegen nicht vor.
a) Es fehlt bereits an einem neuen Auftrag des Antragsgegners (so auch KG, Beschl. v. 28.10.2010 – 19 WF 174/10 [= AGS 2010, 599]). Denn die Fortführung des Versorgungsausgleichsverfahrens gilt gebührenrechtlich – wie bereits ausgeführt – nicht als neue Angelegenheit. Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass zwischenzeitlich das Mandat niedergelegt oder der Auftrag gekündigt wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 11.8.2010 – XII ZB 60/08, FamRZ 2010, 1723, Rn 15 [=AGS 2010, 477]).
b) Abgesehen davon ist der frühere Auftrag auch nicht i.S.d. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt. Zwar sind von der Aussetzung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bis zur Wiederaufnahme des Verfahrens vier Kalenderjahre vergangen. Das Ruhen des Verfahrens in diesem Zeitraum hat jedoch nicht zu einer Erledigung des Auftrages i.S.d. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG geführt. Der Auftrag war noch nicht erledigt, weil über den Versorgungsausgleich noch nicht entschieden, sondern das Verfahren insoweit ausgesetzt worden war. Bei einer Aussetzung des Verfahrens muss der Rechtsanwalt mit dessen Fortführung rechnen und darf die Angelegenheit nicht ohne weiteres ablegen (vgl. BGH, Beschl. v. 11.8.2010, a.a.O., Rn 29).
Entgegen einer in der obergerichtlichen Rspr. und im Schrifttum verbreiteten Auffassung ist eine Erledigung i.S.d. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG vorliegend auch nicht deshalb anzunehmen, weil die Voraussetzungen für die Fälligkeit der Vergütung gem. § 8 Abs. 1 RVG vorgelegen haben (so z.B. OLG Stuttgart MDR 2003, 117, Rn 8 f. [=AGS 2003, 19]; OLG Brandenburg AGS 2009, 432; Hartmann, KostG, 38. Aufl., § 15 RVG Rn 97; jeweils m. w. Nachw.). Nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG wird die Vergütung fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung g...