Wenn sich der BGH mit Gebühren in Straf- oder Bußgeldsachen befassen muss, kommt meistens dabei nichts Gutes heraus, so auch hier.
Der erste Teil der Entscheidung ist noch zutreffend und entspricht auch der ganz überwiegenden Rspr. Eine Mitwirkung des Verteidigers kann auch darin liegen, dem Mandanten den Rat zu erteilen, keine Angaben zu machen. Muss die Ermittlungsbehörde dann das Verfahren einstellen, weil der Betroffene oder Beschuldigte das einzige in Betracht kommende Beweismittel ist, das zu seiner Überführung führen könnte, dann hat der Anwalt ausreichend mitgewirkt. Wie der BGH zu Recht klarstellt, ist es nicht Aufgabe des Anwalts und auch nicht Sinn der "Mitwirkung" i.S.d. Nrn. 4141, 5115 VV, den Täter zu überführen, sondern lediglich das Verfahren vorzeitig zur Erledigung zu bringen und sei es mit dem Ergebnis, dass die Ermittlungen ergebnislos enden.
Der Rat an den Mandanten, keine Angaben zu machen, ist auch kein bloßes Nichtstun. Wer in Straf- und Bußgeldsachen tätig ist, weiß, wie schwierig es häufig ist, den Mandanten davon abzuhalten, der Bußgeldbehörde, der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht einmal zu erklären, wie es wirklich abgelaufen ist. Hier muss häufig vom Verteidiger Überzeugungsarbeit geleistet werden und dem Bestreben des Mandanten zu einer "Außendarstellung" entgegen zu wirken.
Soweit der BGH im Folgenden jedoch danach differenziert, ob das Verfahren nicht ohnehin eingestellt worden wäre, kann dem nicht gefolgt werden.
Solche hypothetischen Erwägungen sind den Nrn. 5115 und 4141 VV fremd. Eine Ursächlichkeit ist gerade nicht erforderlich. Ausreichend ist jede Mitwirkungshandlung.
Die anzustellende Prognose bringt der Praxis auch nur weitere Schwierigkeiten.
So geht der BGH im vorliegenden Fall davon aus, dass das Verfahren vermutlich ohnehin eingestellt worden wäre, weil das Tatfoto eine männliche Person zeigt, während der Bußgeldbescheid gegen eine weibliche Person ergangen ist und es daher offensichtlich gewesen sei, dass die Betroffene gar nicht Täterin gewesen sein könne.
Unterstellt man dies, dann fragt es sich allerdings, wieso gegen die Betroffene überhaupt ein Bußgeldverfahren eingeleitet worden ist. Muss man nicht eher damit rechnen, dass eine Bußgeldbehörde, die ein Ermittlungsverfahren gegen eine offensichtlich nicht als Täter in Betracht kommende Person einleitet, anschließend ebenso wenig Hemmungen hat, gegen die offensichtlich nicht als Täter in Betracht kommende Person dann auch einen Bußgeldbescheid zu erwirken. Die Praxis zeigt, dass dies laufend geschieht.
Aus meiner Sicht ist daher die Differenzierung des BGH schon vom Ansatz her untauglich. Wenn gegen jemanden, der offensichtlich als Täter nicht in Betracht kommt, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, dann wird sich kaum feststellen lassen, dass das Verfahren gegen ihn sowieso eingestellt worden wäre.
Abgesehen davon bleibt die Tätigkeit des Verteidigers dieselbe. Er muss alle Eventualitäten beachten, so dass ihm dann auch die zusätzliche Gebühr zustehen muss, wenn es zur Einstellung des Verfahrens kommt.
Norbert Schneider