ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
Leitsatz
Die Kosten anwaltlicher Vertretung in einem freiwilligen Güteverfahren sind im nachfolgenden Rechtsstreit nicht gem. § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 ZPO erstattungsfähig.
BGH, Beschl. v. 15.1.2019 – II ZB 12/17
1 Sachverhalt
Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Höhe der außergerichtlichen Kosten, die der Kläger dem Beklagten zu erstatten hat.
Im zugrundeliegenden Rechtsstreit nahm der Kläger den Beklagten als Gründungsgesellschafter im Zusammenhang mit der Beteiligung an zwei Fondsgesellschaften auf Schadensersatz in Anspruch. Vor der Klageerhebung hatte er ein freiwilliges Güteverfahren vor einer von der Landesjustizverwaltung anerkannten Gütestelle eingeleitet, das erfolglos blieb. In dem Güteverfahren wurde der Beklagte von seinem späteren Prozessbevollmächtigten anwaltlich vertreten. Der nachfolgende Rechtsstreit endete durch einen Prozessvergleich, in dem die Parteien hinsichtlich der Kosten vereinbarten, dass der Kläger 90 % und der Beklagte 10 % der Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu tragen haben.
Der Beklagte hat im Kostenfestsetzungsverfahren für das Güteverfahren Anwaltskosten in Höhe einer 1,5-Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 VV unter hälftiger Anrechnung auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV sowie die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV zur Kostenausgleichung angemeldet. Das LG hat die im Güteverfahren angefallenen Anwaltskosten als nicht erstattungsfähig angesehen und den vom Kläger zu erstattenden Betrag daher um 630,28 EUR geringer festgesetzt, als vom Beklagten beantragt.
Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte sein Kostenfestsetzungsbegehren in vollem Umfang weiter.
2 Aus den Gründen
1. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO) und auch i.Ü. zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
2. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung ausgeführt, die für das Güteverfahren geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren stellten keine erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits nach § 91 ZPO dar. Sie fielen nicht unter § 91 Abs. 3 ZPO, da diese Bestimmung nur die Gebühren der Gütestelle, nicht aber Anwaltskosten erfasse. Auch handele es sich nicht um unmittelbar prozessbezogene, notwendige Vorbereitungskosten gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, zumal das Güteverfahren nicht obligatorisch, sondern freiwillig gewesen sei.
3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
a) Die geltend gemachten Anwaltskosten sind nicht nach § 91 Abs. 3 ZPO als Kosten des Rechtsstreits zu behandeln, da sie keine durch ein Güteverfahren entstandenen Gebühren im Sinne dieser Vorschrift sind.
Die Kosten eines Güteverfahrens vor einer anerkannten Gütestelle zählen, wie auch die Rechtsbeschwerde sieht, nicht zu den Kosten des Rechtsstreits selbst, weil das Güteverfahren nicht Teil des gerichtlichen Verfahrens ist (OLG München MDR 1999, 380, 381; OLG Hamm OLGR 2007, 672 [= AGS 2007, 429]; Schneider, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 10. Aufl., § 91 Rn 8). Hiervon ausgehend regelt § 91 Abs. 3 ZPO einen besonderen Fall vorgerichtlicher Kosten, indem er auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind, zu den Kosten des Rechtsstreits i.S.d. Abs. 1, 2 zählt, sofern nicht zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
Von dieser Regelung werden aber nur die Gebühren der Gütestelle erfasst, nicht auch die im Güteverfahren angefallenen Anwaltskosten (OLG Hamburg OLGR 2002, 19, 20; BayObLG NJW-RR 2005, 724 [= AGS 2004, 410]; OLG Karlsruhe OLGR 2008, 761, 762 [= AGS 2009, 98]; Muthorst, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rn 46; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 91 Rn 9; MüKo-ZPO/Schulz, 5. Aufl., § 91 Rn 35 f.; Hk-ZPO/Gierl, 7. Aufl., § 91 Rn 7; Flockenhaus, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 91 Rn 7; BeckOK ZPO/Jaspersen, Stand: 1.12.2018, § 91 Rn 90; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 76. Aufl., § 91 Rn 101; Hellstab, in: von Eicken/Hellstab/Dörndorfer/Asperger, Die Kostenfestsetzung, 23. Aufl., Rn B 317; Feller, in: Göttlich/Mümmler, RVG, 5. Aufl., "Güteverfahren", Anm. 3 "Kostenerstattung"; Pfab, Rpfleger 2005, 412; Schneider, NJW-Spezial 2010, 155; anders Schneider, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 10. Aufl., § 91 Rn 8). Für diese Auslegung spricht bereits der Wortlaut der Norm, der nur von Gebühren, nicht aber auch von Auslagen oder allgemeiner gefasst von Kosten spricht. Eine auf Gebühren beschränkte Einbeziehung anwaltlicher Kosten erschiene nicht plausibel. Zwar verweist die Vorschrift, worauf die Rechtsbeschwerde hinweist, mit der Formulierung "i.S.d. Absätze 1, 2" auch auf § 91 Abs. 2 ZPO, der lediglich die Erstattungsfähigkeit anwaltlicher Kosten betrifft. Die Verweisung besagt im Ganzen aber nur, dass die in Absatz 3 genannten Gebühren zu den zuvor in § 91 Abs. 1, 2 ZPO ...