RVG § 33; GKG § 63 Abs. 2

Leitsatz

  1. Im Falle einer einseitigen Erledigungserklärung nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids und Eingang der Akten beim Streitgericht richtet sich der gem. § 63 Abs. 2 GKG festzusetzende Gebührenstreitwert nach der Höhe der Hauptforderung des Vollstreckungsbescheides.
  2. Wendet sich die zur Kostentragung verpflichtete Partei aus Anlass eines Kostenfestsetzungsantrages gegen die dem Antrag zugrunde gelegten Gegenstandswerte, kann ihr Vorbringen bei interessengerechter Auslegung als Antrag auf Festsetzung des für die anwaltliche Tätigkeit maßgeblichen Wertes gem. § 33 Abs. 2 RVG auszulegen sein.
  3. Erklärt der Klägervertreter mit seiner Bestellungsanzeige den Rechtsstreit für erledigt, ist der Streitwert für die für die anwaltliche Tätigkeit maßgeblichen Gebühren gem. § 33 RVG festzusetzen; er richtet sich nach den bis zum Zeitpunkt des Eingangs dieser Erklärung angefallenen Gebühren.

OLG Dresden, Beschl. v. 17.12019 – 8 W 24/19

1 Sachverhalt

Die Klägerin wendet sich gegen die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung.

Die Klägerin erlangte vor dem Mahngericht einen Mahnbescheid über eine Darlehensforderung i.H.v. 7.510,13 EUR mit ausgerechneten Zinsrückständen und Verzugszinsen i.H.v. 1.003,87 EUR sowie laufenden Zinsen. Nach Zustellung des Mahnbescheids an die Beklagte am 27.1.2018 beglich diese die geltend gemachte Forderung am 8.2.2018 oder 9.2.2018 vollständig. Dennoch beantragte die noch nicht anwaltlich vertretene Klägerin am 14.2.2018 den Erlass eines Vollstreckungsbescheides, der erlassen wurde und der Beklagten am 16.2.2018 zugestellt wurde. Hiergegen legte die Beklagte – gleichfalls noch nicht anwaltlich vertreten – Einspruch ein, woraufhin das Mahngericht das Verfahren an das LG als zuständiges Streitgericht abgab.

Auf Aufforderung zur Anspruchsbegründung bestellten sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit einem am 3.4.2019 eingegangenen Schriftsatz und teilten mit, dass die Beklagte die Forderung am 9.2.2018 ausgeglichen habe und die Sache in der Hauptsache erledigt sei. Nachfolgend beantragte die Beklagte, nunmehr gleichfalls anwaltlich vertreten, die Klage abzuweisen, da ihrer Ansicht nach kein Fall der Erledigung, sondern eine Klagerücknahme vorliege.

Das LG hat durch Urteil festgestellt, dass der Rechtsstreit erledigt sei und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Nach Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages der Klägerin hat die Beklagte diesen hinsichtlich des dem Gebührenansatz zugrunde gelegten Streitwertes beanstandet und zudem mitgeteilt, dass ihr ein Streitwertbeschluss bislang nicht bekannt sei. Mit Beschl. v. 15.11.2018 hat das LG den Streitwert auf 8.514,00 EUR festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, mit der sie geltend macht, dass schon bei Eingang der Akten beim LG nur noch die Verfahrenskosten im Streit gestanden hätten und deshalb der Streitwert auf 667,94 EUR festzusetzen sei.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin halten die Streitwertbeschwerde für unbegründet, da entscheidend sei, dass die Beklagte erst nach der durch die Zustellung des Mahnbescheids ausgelösten Rechtshängigkeit gezahlt habe.

Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen: Der Streitwert sei "in voller Höhe der Hauptsache" festzusetzen; es komme nicht darauf an, ob die Hauptforderung zum Zeitpunkt der Eingangs der Akten beim Landgericht bereits befriedigt gewesen sei.

2 Aus den Gründen

Die gem. § 66 Abs. 2 GKG, § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Klägerin führt zu einer geringfügigen Herabsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wertes und zu einer erheblichen Herabsetzung des für die anwaltlichen Gebühren maßgeblichen Werts für den Zeitraum ab dem 3.4.2018.

1. Die Beschwerde ist sowohl als Beschwerde gegen die Festsetzung des für die Gerichtskosten maßgeblichen Gebührenstreitwertes nach § 66 GKG als auch gegen die Ablehnung der Festsetzung eines gesonderten, für die anwaltlichen Gebühren maßgeblichen Wertes nach § 33 RVG zulässig.

1.1 Grds. erfolgt die Wertfestsetzung durch den Richter im Zivilverfahren nach § 63 GKG zur Bestimmung des Wertes, nach dem sich die zu erhebenden Gerichtsgebühren berechnen. In einem Zivilverfahren vor dem LG wird (sofern nicht eine Verminderung der Gebühren eintritt) nur eine Gerichtsgebühr mit einem Gebührensatz von 3,0 (Nr. 1210 GKG-KostVerz.) erhoben, auf die die im Mahnverfahren erhobene Gebühr angerechnet wird. Zeitlich gestaffelte Wertfestsetzungen sind daher für die Gerichtsgebühren regelmäßig nicht erforderlich und können zu Unklarheiten führen (s. auch OLG München NJW-RR 2017, 700 [= AGS 2017, 336]; Schneider, NZFam 2019, 44).

1.2 Allerdings können beim Anwalt unterschiedliche Werte für verschiedene Gebühren maßgebend sein; Verfahrensgebühr, Terminsgebühr und Einigungsgebühr müssen sich nicht zwangsläufig nach demselben Gegenstandswert wie die Gerichtsgebühren richten. Eine diesbezügliche gesonderte Wertfestsetzung erfolgt jedoch nicht von Amts wegen, sondern erst auf einen Antrag nach § 33 Abs. 2 RVG. Danach hat das Gericht der Instanz a...

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