RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2, Nr. 3104
Leitsatz
Die Terminsgebühr entsteht bereits, wenn der Gegner die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichteten Äußerungen zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei zur Kenntnis nimmt oder sich auch nur an Gesprächen mit dem Ziel einer Einigung interessiert zeigt.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.12.2018 – 6 W 129/18
1 Sachverhalt
Der Beklagte hat im Kostenfestsetzungsverfahren neben der für das Mahnverfahren angefallenen 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3307 VV, die die Rechtspflegerin in der angefochtenen Entscheidung zugesprochen hat und die im Beschwerdeverfahren nicht weiter im Streit ist, auch eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV angemeldet. Zur Begründung hat der Beklagte ausgeführt, sein Prozessbevollmächtigter habe am 24.2.2015 mit einer Mitarbeiterin der Klägerin, K, telefonisch über seinen Widerspruch im Mahnverfahren gesprochen und hierbei insbesondere auf die Einrede der Verjährung hingewiesen.
Die Klägerin hat den Inhalt eines solchen Gesprächs bestritten. Rechtsanwalt M habe sich am 24.2.2015 inhaltlich nicht erklären können.
Das LG hat die geltend gemachte 1,2-Terminsgebühr nicht festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dass diese nicht angefallen sei, weil nicht festgestellt werden könne, ob im Telefonat vom 24.2.2015 tatsächlich über die Einrede der Verjährung gesprochen worden sei.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten. Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Beklagte die Festsetzung der 1,2-Terminsgebühr weiter. Zum Inhalt des Telefonats vom 24.2.2015 bezieht er sich auf eine eidesstattliche Versicherung seines Rechtsanwalts M.
Die Klägerin ist dem auch im Beschwerdeverfahren entgegengetreten. Sie hat unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen ihrer Mitarbeiterin vorgetragen, dass eine inhaltliche Besprechung im Telefonat am 24.2.2015 nicht stattgefunden habe, da Rechtsanwalt M über den Sachstand in der Mahnbescheidsangelegenheit gar nicht informiert gewesen sei.
2 Aus den Gründen
Die von der Beklagten eingelegte sofortige Beschwerde ist nach § 11 Abs. 2 S. 3 RPflG i.V.m. § 104 Abs. 3 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG statthaft und auch i.Ü. zulässig.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg, die sofortige Beschwerde ist begründet und führt zur Abänderung und Neufassung der angefochtenen Entscheidung im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.
Die Beklagte kann sich mit Erfolg gegen die vom LG vorgenommene Kostenfestsetzung zur Wehr setzen, weil das LG in seine Kostenfestsetzung unzutreffend die vom Beklagten geltend gemachte 1,2-Gebühr i.H.v. 35.715,60 EUR gem. Nr. 3104 VV zzgl. Umsatzsteuer unberücksichtigt gelassen hat.
Die 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV ist hier angefallen.
Nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV verdient der Rechtsanwalt die Terminsgebühr auch durch die Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Nach der Intention des Gesetzgebers sollte mit dieser Regelung der Anwendungsbereich der Terminsgebühr erweitert werden; die Gebühr soll insbesondere bereits dann verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Rechtsstreits gerichteten Besprechungen mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Einigung zielen (BT-Drucks 15/1971, 209). Dementsprechend sind an das Merkmal der – auch telefonisch durchführbaren – Besprechung keine besonderen Anforderungen zu stellen. Die Terminsgebühr entsteht bereits, wenn der Gegner die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichteten Äußerungen zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei zur Kenntnis nimmt oder sich auch nur an Gesprächen mit dem Ziel einer Einigung interessiert zeigt (vgl. BGH NJW-RR 2017, 1148, 1149 [= AGS 2017, 267]).
Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Die telefonische Besprechung vom 24.2.2018, die unstreitig zwischen der Mitarbeiterin der Klägerin und dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten, Rechtsanwalt M stattgefunden hat, löste die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV zugunsten des Beklagtenrechtsanwalts aus.
Zwar ist der Inhalt des unstreitig geführten Telefonats im Detail umstritten. Im Verfahren nach den §§ 103 ff. ZPO ist es jedoch nicht erforderlich, dass sich die für die Festsetzung der beantragten Gebühren maßgeblichen Tatsachen ohne weitere Erhebungen aus der Gerichtsakte ergeben müssen oder unstreitig sind. Nach § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO genügt zur Berücksichtigung eines Ansatzes, dass er glaubhaft gemacht ist. Hierfür ist lediglich erforderlich, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestands mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen. Zur Glaubhaftmachung können gem. § 294 Abs. 1 ZPO alle Beweismittel unter Einschluss der eidesstattlichen Versicherung verwendet werden. Weitere Voraussetzungen für den Nachweis der den Kostenansatz rechtfertigenden tatsächlichen Umstände sind nicht vorgesehen (vgl. zu allem BGH NJW 2007, 2493; Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 15. Aufl., 2018, § 104 Rn 18).
Hier besteht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit...