FamGKG §§ 33 Abs. 1 S. 2, 42 Abs. 2, 45 Abs. 1; RVG §§ 33 Abs. 1 S. 1, 23 Abs. 1 S. 2

Leitsatz

Nach § 45 Abs. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG sind bei der Regelung mehrerer Teilbereiche (hier: elterliche Sorge und Vormundschaft) für dasselbe Kind zu addierende Einzelwerte festzusetzen, auch wenn sich eine Entscheidung als Folge einer anderen Entscheidung darstellt.

OLG Nürnberg, Beschl. v. 7.4.2016 – 11 WF 413/16

1 Sachverhalt

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Bevollmächtigte des beteiligten Kindesvaters gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts in einer Kindschaftssache.

Nach dem Tod der allein sorgeberechtigten Mutter des Kindes beantragte der im Testament als Vormund benannte Partner der Mutter seine Bestellung als Vormund des Kindes, während der Vater die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich begehrte. Das FamG wies nach Bestellung eines Verfahrensbeistands für das Kind und Anhörung der Beteiligten den Antrag des Vaters ab und bestellt den Partner der Mutter als Vormund.

In Nr. 5 dieses Beschlusses wurde der Verfahrenswert auf 3.000,00 EUR festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, die Entscheidung resultiere aus § 45 FamGKG.

Mit seiner Beschwerde beantragt der Bevollmächtigte des Partners der Mutter im eigenen Namen den Verfahrenswert auf 8.000,00 EUR – hilfsweise auf 5.000,00 EUR – heraufzusetzen. Dem Verfahren seien zwei Verfahrensgegenstände zugrundegelegen, deren Werte gem. § 33 FamGKG zusammenzurechnen seien. Der Verfahrensgegenstand "elterliche Sorge" sei eine bestimmte Kindschaftssache gem. § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG. Für diesen Gegenstand sei ein Teilverfahrenswert von 3.000,00 EUR festzusetzen. Der Antrag des sonstigen Beteiligten gehöre zum Verfahrensgegenstand "Vormundschaft". Der Wert dieses Gegenstands sei gem. § 23 Abs. 1 S. 2 RVG, § 42 Abs. 3 FamGKG auf 5.000,00 EUR festzusetzen. Sollte das Gericht die Rechtsmeinung vertreten, dass der Verfahrenswert entgegen § 33 FamGKG aus dem höheren Wert der einzelnen Verfahrensgegenstände zu berechnen sei, so wäre der Verfahrenswert hilfsweise auf mindestens 5.000,00 EUR festzusetzen.

Der Bevollmächtigte des Vaters hat sich im eigenen Namen der Beschwerde angeschlossen.

Das AG hat im Weg der teilweisen Abhilfe ohne weitere Begründung den Verfahrenswert auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

2 Aus den Gründen

Die im eigenen Namen erhobenen und gem. § 32 Abs. 2 RVG, § 59 Abs. 1 FamGKG zulässigen Beschwerden der Verfahrensbevollmächtigten sind teilweise begründet, der "Anschluss" an die Beschwerde durch den Bevollmächtigten des Vaters stellt eine eigenständige Beschwerde dar. Der Verfahrenswert ist auf 6.000,00 EUR festzusetzen.

Sowohl das AG als auch die Beschwerde gehen davon aus, dass der Verfahrenswert für die Entscheidung über die elterliche Sorge gem. § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG 3.000,00 EUR beträgt. Das AG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass eine Billigkeitskorrektur gem. § 45 Abs. 3 FamGKG nicht in Betracht kommt. Besondere Umstände, die die Festsetzung des Regelwertes als unbillig erscheinen lassen (vgl. hierzu BT-Drucks 16/6308, 306) liegen nicht vor. Solche besonderen Umstände wären insbesondere anzunehmen, wenn das Verfahren besonders umfangreich und schwierig gewesen wäre, an eine Reduzierung wäre zu denken, wenn die Beteiligten nur über ein geringes Einkommen verfügen und das Verfahren sich einfach gestaltet hätte. Im vorliegenden Verfahren sprächen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vaters, dem Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, zunächst für eine Reduzierung des Regelwertes, der Umfang der Angelegenheit schließt eine solche Reduzierung aber aus. Andererseits ist der Umfang aber nicht so außergewöhnlich, dass der Regelwert zu erhöhen wäre. Es wurde lediglich ein Anhörungstermin durchgeführt und kein Sachverständigengutachten eingeholt.

Isoliert betrachtet ist für den Verfahrensgegenstand Vormundschaft für die Anwaltsgebühren gem. § 42 Abs. 2 FamGKG (i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 2 RVG) ebenfalls ein Verfahrenswert von 3.000,00 EUR festzusetzen. Wie mit der Beschwerde zutreffend ausgeführt, handelt es sich bei einem Verfahren nach § 151 Nr. 4 FamFG um eine in § 45 FamGKG nicht erwähnte Kindschaftssache, für die auch § 46 FamGKG (entgegen der missverständlichen Überschrift) nicht einschlägig ist. Es kommt demnach nur eine Bewertung entsprechend der Auffangvorschrift des § 42 FamGKG in Betracht (vgl. zu Vormundschaftssachen: Thiel, in: Schneider/Herget, Streitwert Kommentar für Zivilprozess und FamFG-Verfahren, 14. Aufl., Rn 9018; Ders., in: Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Aufl., § 42 FamGKG Rn 151). Für nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten ist der Auffangwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen zu bestimmen. Da das Ausgangsgericht seine Ermessenserwägungen nicht genannt hat, hat das Beschwerdegericht nach eigenem Ermessen zu entscheiden. Bezüglich der Kindschaftssachen ist dabei stets zu beachten, dass die Regelung in § 45 Ab...

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