ZPO §§ 3, 8, 9, 511 Abs. 2 Nr. 1
Leitsatz
Bei einem Rechtsstreit über die Berechtigung des Mieters, die Mietsache in einer bestimmten Art und Weise nutzen zu dürfen, bei dem der Bestand des Mietverhältnisses zwischen den Parteien unstreitig ist, bestimmt sich der Wert des Beschwerdegegenstands nach § 3 ZPO.
BGH, Beschl. v. 13.11.2019 – XII ZB 382/19
1 Sachverhalt
Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag, der sich auch auf einen Tiefgaragenstellplatz erstreckt, auf dem die Klägerin zwei Mülltonnen abgestellt hatte. Die Klägerin wurde durch die Hausverwaltung der Beklagten aufgefordert, die Mülltonnen zu entfernen.
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin die Feststellung, dass sie im Verhältnis zur Beklagten berechtigt ist, eine Mülltonne und die Tonne für die gelben Säcke auf ihrem Stellplatz abzustellen. Das AG hat die Feststellungsklage abgewiesen und den Streitwert für das Verfahren auf bis zu 500,00 EUR festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das LG nach vorangegangenem Hinweis auf das Nichterreichen der Berufungssumme verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.
2 Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Die Rechtsbeschwerde ist gem. §§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 S. 4 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, weil die Rechtssache entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde keine Entscheidung des Senats zur Sicherung einer einheitlichen Rspr. erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) und der Klägerin durch den Beschluss des Berufungsgerichts der Zugang zur Rechtsmittelinstanz auch nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert wird. Der Beschluss verletzt sie deshalb nicht in ihrem Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip).
1. Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf seinen Hinweisbeschluss zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Berufung sei unzulässig, weil der nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands i.H.v. mehr als 600,00 EUR nicht erreicht sei. Das Interesse der Klägerin an der Feststellung, dass sie zur Aufstellung der Mülltonnen berechtigt sei, sei gem. § 3 ZPO nach dem Jahresbetrag zu bemessen, der von ihr durchschnittlich für die Anmietung eines anderen Stellplatzes aufgewendet werden müsste. Nach dem Mietspiegel der Stadt P. betrage die durchschnittliche monatliche Miete für einen nicht abschließbaren Stellplatz in einer Tiefgarage oder einem Parkhaus 48,80 EUR. Damit werde der für die Statthaftigkeit der Berufung erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands nicht erreicht, zumal aufgrund der Feststellungsklage noch ein Abschlag von 20 % auf den Wert der Jahresmiete vorzunehmen sei. Selbst wenn man der Auffassung der Klägerin folge und der Berechnung des Werts des Beschwerdegegenstands § 9 ZPO zugrunde lege, werde die erforderliche Beschwer von über 600,00 EUR nicht erreicht. Bei einer üblichen Größe eines Tiefgaragenstellplatzes von 15 Quadratmetern könne die für das Abstellen der Mülltonnen benötigte Fläche drei Quadratmeter nicht überschreiten. Deshalb sei das Feststellungsbegehren der Klägerin lediglich mit einem Fünftel der monatlichen Miete von 48,80 EUR für einen Stellplatz zu bewerten, d.h. mit 9,76 EUR. Der Wert der Beschwer betrage demnach auch bei Anwendung des § 9 ZPO lediglich 409,92 EUR (42 x 9,76 EUR).
2. Diese Ausführungen halten sich im Rahmen der höchstrichterlichen Rspr. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung gem. § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig verworfen, weil der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht erreicht wird.
a) Die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO richtet sich grds. nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an dem Erfolg seines Rechtsmittels (vgl. BGHZ 128, 85, 88 = NJW 1995, 664). Die Beschwer der in der ersten Instanz unterlegenen Partei am Erfolg ihres Rechtsmittels hängt dabei maßgebend von ihrem wirtschaftlichen Interesse ab (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.2014 – VIII ZR 79/14, NJW 2015, 873 Rn 16 m.w.N.). Bei einem Kläger, dessen Klage in erster Instanz abgewiesen worden ist und der sein Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt, ist sein wirtschaftliches Interesse am Erfolg seines Rechtsmittels regelmäßig identisch mit dem Wert seiner Klage.
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bestimmt sich im vorliegenden Fall der Wert des Beschwerdegegenstands nicht nach §§ 8, 9 ZPO. Diese Vorschriften sind nach der Rspr. des Senats dann für die Berechnung des Rechtsmittelstreitwerts heranzuziehen, wenn das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig und der Beendigungszeitpunkt ungewiss ist oder sich die streitige Zeit nicht ermitteln lässt. Für die Bemessung der Beschwer ist in diesen Fällen der dreieinhalbfache Wert des einjährigen Entgelts anzusetzen (vgl. Senatsbeschl, v. 18.10.2017 – XII ZR 6/17, WuM 2017, 724 m.w.N.). Streiten die Parteien – wie im vorliegenden Fall – jedoch...