StPO §§ 153 Abs. 2, 304 Abs. 3, 404 Abs. 1 S. 1, 464b S. 2, 473 Abs. 4 S. 1; ZPO § 104 Abs. 1 S. 2; BGB §§ 187 Abs. 1, 291; RPflG § 11 Abs. 1
Leitsatz
Die Verzinsung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs beginnt nicht bereits am Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht, sondern erst an dem darauffolgenden Tag entsprechend §§ 42 f. StPO, § 187 Abs. 1 BGB. Dies gilt nicht nur für § 464b S. 2 StPO, sondern dürfte auch für § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO gelten.
LG Hamburg, Beschl. v. 29.11.2019 – 628 Qs 37/19
1 Aus den Gründen
Die zulässigen sofortigen Beschwerden haben in der Sache nur betreffend den Zinsbeginn Erfolg.
…
c) Jedoch unzutreffend hat das AG als Tag des Beginns der Verzinsung den 21.1.2019 bestimmt. Die zu erstattenden Kosten sind vielmehr erst ab dem 22.1.2019 zu verzinsen.
Nach § 464b S. 2 StPO ist auf Antrag auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten und Auslagen von der Anbringung des Festsetzungsantrags an zu verzinsen sind. Anbringung bedeutet der Eingang des Antrags bei Gericht, nicht der Eingang beim Gegner. Dies folgt aus der Gesetzessystematik. Den eine Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags an die Gegenseite ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Der Zeitpunkt des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei der Gegenseite ist also nicht sicher feststellbar. Auch verwendet der nahezu wortgleiche § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO den Begriff "Eingang" anstatt "Anbringung".
Die Verzinsung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs beginnt nicht bereits am Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht, sondern erst an dem darauffolgenden Tag. Dies folgt nicht bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift; dieser hilft hier nicht weiter. Denn § 464b StPO enthält ebenso wenig eine Regelung zur Fristberechnung wie die §§ 104 ff. ZPO, auf die § 464b S. 3 ZPO verweist. Vorbezeichnete Auslegung folgt jedoch aus der Gesetzessystematik. Denn die §§ 42 f. StPO besagen, dass für Fristen in der StPO der Tag, an dem ein die Frist auslösende Ereignis geschieht, nicht in die Frist fällt. So sagt es auch § 187 Abs. 1 BGB. Der Verzinsungszeitraum ist zwar keine Frist. Aus den §§ 42 f. StPO wie auch § 187 Abs. 1 BGB folgt aber ein allgemeiner Rechtsgedanke, dass der Tag, auf den das Ereignis fällt, welches eine Zählung auslöst, nicht mitgerechnet wird, sondern die Zählung erst am darauffolgenden Tag beginnt (so für den zivilprozessualen Kostenerstattungsanspruch auch Jaspersen, in: BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 34. Edition, Stand: 1.9.2019, § 104, Rn 50; ganz h.M. für den Zinsbeginn beim Anspruch auf Prozesszinsen nach § 291 BGB, vgl. BGH NJW-RR 1990, 518, 519; Palandt/Ellenberger, 78. Aufl., 2019, § 187, Rn 1; Ernst, in: MüKo–BGB, 8. Aufl., 2019, § 288, Rn 17). Diese Auslegung betreffend den Beginn der Verzinsung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs gilt nicht nur für § 464b S. 2 StPO gelten, sondern dürfte auch für § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO gelten.
AGS 3/2020, S. 148