Die Abrechnung mehrerer Verfahren macht insbesondere in den Fällen der Verbindung oder Trennung mehrerer Verfahren immer wieder Probleme. Dazu haben mich dann folgende Fragen erreicht:
a) Verbindung von Verfahren
Frage
Eine Kollegin hatte sich mit folgender Problematik auseinanderzusetzen: Der Mandant war in mehreren Fällen angeklagt, u.a. wegen versuchter Tötung, Körperverletzung u.a. Das Verfahren wird eröffnet und vor der Jugendkammer als Schwurgerichtskammer geführt. Abgerechnet hat die Kollegin die Gebühren Nrn. 4118 ff. VV. Das Gericht meint, ein Verfahren könne nach Nr. 4118 VV abgerechnet werden wegen des entsprechenden Vorwurfes, die anderen Verfahren nur nach Nr. 4112 VV. Die Kollegin fragt, ob es nun auf den Anklagevorwurf ankommt oder darauf, vor welchem Gericht das Verfahren eröffnet und geführt wird?
Antwort
Da der Sachverhalt nicht ganz eindeutig ist/war, habe ich dann noch einmal nachgefragt, ob es mehrere Anklagen aus mehreren Verfahren waren. Die Kollegin hat dann klargestellt, dass es sich um drei Verfahren gehandelt hat, die verbunden worden sind. In einem Verfahren lasse der Rechtspfleger die Gebühr Nr. 4118 VV zu, in den beiden weiteren Verfahren nur die Nr. 4112 VV, da die "dort angeklagten Taten keine Taten sind, die zu einer Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören". Verhandelt worden ist jedoch vor dem Schwurgericht.
Meine Antwort; wobei ich davon ausgegangen bin, dass in einem Verfahren Anklage zur Jugendkammer als Schwurgericht erhoben worden ist und in den beiden anderen zur "normalen" Jugendkammer beim LG: In dem Fall hat der Rechtspfleger Recht. Die drei Verfahren sind bis zur Verbindung eigenständig, sodass nur in dem Verfahren mit der Anklage zum Schwurgericht die Nr. 4118 VV entstanden ist und den beiden anderen dann die Nr. 4112 VV. M.E. kann man sich auch nicht auf den Standpunkt stellen, dass durch die Verbindung durch die Jugendkammer als Schwurgericht die beiden Verfahrensgebühren Nr. 4112 VV kurzfristig, weil ja das Schwurgericht damit befasst war, jeweils zu einer Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV "erstarkt" sind. Es fehlen die Voraussetzungen für die Annahme einer Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV. Ab Verbindung liegt dann nur noch ein Verfahren bei der Jugendkammer als Schwurgericht vor. In diesem Verfahren entsteht dann aber die Nr. 4118 VV nicht noch einmal. Es handelt sich um dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG, in der die Nr. 4118 VV bereits entstanden ist.
b) Verbindung und wieder Trennung von Verfahren
Frage
Zu folgendem Verfahrensablauf stellte sich für den Verteidiger die Frage, wie seine Tätigkeiten abzurechnen sind: Der Kollege war als Pflichtverteidiger in einem Verfahren tätig gewesen. Es ist in Hauptverhandlung sodann ein Strafbefehl ergangen, da die Angeklagte nicht erschienen war (§ 408a StPO). Der Kollege hat dann nach Rücksprache mit seiner Mandantin Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt. Danach ist ein Verfahren hinzuverbunden worden, in dem der Kollege bislang noch nicht tätig gewesen war. Das Gericht hat die Erstreckung (§ 48 Abs. 6 S. 3 RVG) ausgesprochen. In dem aufgrund des Einspruchs anberaumten Hauptverhandlungstermin ist die hinzu verbundene Sache sodann wieder getrennt worden, der Einspruch ist verworfen worden, da die Angeklagte erneut nicht erschienen war. In dem zweiten – hinzuverbundenen – Verfahren ist sodann ein Strafbefehl außerhalb der Hauptverhandlung ergangen. Der Kollege fragt sich nun, durch die Erstreckung der Beiordnung und der anschließenden Abtrennung auch in dem zweiten Verfahren die Gebühren Nrn. 4100, 4106 VV angefallen sind.
Antwort
In meiner Antwort habe ich den Kollegen auf die Grundsätze der Rspr. zur Trennung von Verfahren hingewiesen. Der Fall ist allerdings ein wenig atypisch und hat mit der Erstreckung (§ 48 Abs. 6 S. 3 RVG) nur entfernt etwas zu tun. Zutreffend ist es, wenn der Kollege in dem zunächst hinzuverbundenen und dann abgetrennten Verfahren die Nr. 4106 VV abrechnet. Denn bei dem Verfahren handelt es sich nach Trennung um eine eigenständige Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG. Hinsichtlich der Abrechnung der Grundgebühr Nr. 4100 VV ist m.E. die Sachlage nicht so eindeutig. Denn in das Verfahren hat sich der Kollege ja im Zweifel eingearbeitet, als die beiden Verfahren noch verbunden waren. Das bedeutet, dass nach der Trennung die Grundgebühr mangels Einarbeitung nicht entstanden ist. Damit ist dann wohl nur die Nr. 4106 VV entstanden. Ich habe den Kollegen allerdings auf die Nr. 4141 VV hingewiesen. Jedoch ist es nicht unstreitig, ob die in diesen Fällen des abgesprochenen Erlasses eines Strafbefehls entsteht.
c) Trennung von Verfahren
Fragen
Von einem Kollegen wurde folgender Sachverhalt vorgetragen: Er war in einem Verfahren beim LG tätig, dass sich gegen sieben Angeklagte gerichtet hat. Am 50. Hauptverhandlungstag werden die Verfahren betreffend die Angeklagten 3–7 – der...