§§ 1, 4 BerHG
Leitsatz
- Beratungshilfe zur Regulierung eigener Forderungen stellt keine Rechtswahrnehmung dar.
- Darüber hinaus stellt sowohl die Schuldnerberatung als auch die Verbraucherzentrale eine andere zumutbare Hilfe dar.
- Die Beratung zur Abwehr tatsächlich oder vermeintlich unberechtigter Forderungen oder der Vereinbarung von Ratenzahlungen stellt eine der Kernaufgaben der Verbraucher- bzw. Schuldnerberatungsstellen dar.
AG Eilenburg, Beschl. v. 8.12.2020 – 1 UR II 377/18
I. Sachverhalt
Beantragt wurde BerH für die Schuldenregulierung einer Forderung aus einem Mitgliedsbeitrag der Antragstellerin bei einer Online-Partnervermittlung. Hier wurde ein Vergleich geschlossen und eine Ratenzahlung vereinbart. Wie auch bereits in einem Parallelverfahren, in dem es um das Forderungsmanagement einer Forderung aus einem Mobilfunkvertrag ging, ließ sich dabei erkennbar vordringlich die Klärung einer Rückzahlungsmodalität ableiten. Mit Entscheidung vom 8.12.2020 lehnte das AG Eilenburg eine Beratungshilfebewilligung für dieses Forderungsmanagement ab. Auch die hiergegen eingelegte Erinnerung blieb erfolglos. Während die erkennende Rechtspflegerin aber auf die Mutwilligkeit abstellte, entschied der Richter im Erinnerungsverfahren dann vor dem Hintergrund des Vorliegens einer anderen Hilfsmöglichkeit. Konkret sah der entscheidende Richter eine solche andere Hilfe in der Inanspruchnahme der Schuldnerberatungsstelle oder der Verbraucherzentrale.
II. Mutwilligkeit
Das entscheidende Amtsgericht – im Ausgangsverfahren die Rechtspflegerin – sah die Inanspruchnahme der BerH als mutwillig an. Mutwillig ist die Inanspruchnahme immer dann, wenn ein sachlich gerechtfertigter Grund nicht erkennbar ist. Dies kann bei Vorliegen eines Parallelverfahrens, aber auch schlicht bei einem nicht notwendigen Vorgehen zu bejahen sein, welches ein selbstzahlender Dritter unterlassen hätte.
III. Andere Hilfsmöglichkeiten
Das AG Eilenburg sah durch den mittels Erinnerung angerufenen Richter dann im konkreten Fall die Voraussetzungen der BerH als nicht geben an. BerH wird nämlich nur dann gewährt, soweit keine anderen zumutbaren Hilfsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die dem Rechtsuchenden zuzumuten sind. Das Amtsgericht sah vorliegend dann die Verbraucherzentrale oder die Schuldnerberatungsstelle im Rahmen des Forderungsmanagements aus einem Verbrauchervertrag als vorrangig an.
IV. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung des AG Eilenburg befasst sich mit den Themen "Mutwilligkeit", "Rechtswahrnehmung" und "andere Hilfemöglichkeiten", welche für sich gesehen die "Grundpfeiler" des BerHG darstellen, also wesentliche Entscheidungsgrundlage dafür bilden, ob eine solche Hilfe bewilligt werden kann oder abgelehnt werden muss.
Leider wird aus der Entscheidung nicht abschließend deutlich, ob letztlich das Forderungsmanagement wegen einer Einzelforderung, oder aber das Forderungsmanagement wegen des Gangs in das Verbraucherinsolvenzverfahren beansprucht worden ist. Tendenziell lässt sich aber aus den Gründen der Entscheidung und aus einem Parallelverfahren, auf welches Bezug genommen wird, ersehen, dass wohl ersteres anzunehmen ist, denn offenkundig ging es um Ratenzahlung, Rückzahlungsmodalitäten und eine Forderung aus einem Mitgliedsbeitrag, welche vergleichsweise mit Ratenzahlung beendet wurde. Konkret ist dem Beschluss zu entnehmen, dass "unter Zugrundelegung des Akteninhalts dieses Verfahrens sowie des Parallelverfahrens die Antragstellerin im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung offensichtlich verschuldet" war und "bei der Ordnung des Forderungsmanagements an ihre Grenzen" gekommen sei. "Der Umstand, dass sie zunächst im Hinblick auf die im Parallelverfahren geltend gemachte Forderung der ... AG aus einem Mobilfunkvertrag mit am 18.1.2018 eingegangenem Schreiben eine Ratenzahlung beantragt hat, lässt nur den Schluss zu, dass es der Antragstellerin eindeutig um eine Hilfestellung bei der Klärung der Rückzahlungsmodalitäten ging. Nichts anders gilt im Hinblick auf dieses Verfahren, wo im Hinblick auf die Forderung aus einem Mitgliedsbeitrag der Antragstellerin bei … ein Vergleich geschlossen und ebenfalls eine Ratenzahlung vereinbart wurde." Wie auch immer bildet die Entscheidung Anlass, in mehreren Punkten kurz auszuführen.
1. Zur Mutwilligkeit
Die erkennende Rechtspflegerin hatte zunächst Mutwilligkeit angenommen. Mutwilligkeit liegt danach vor, wenn BerH in Anspruch genommen wird, obwohl ein Rechtsuchender, der keine BerH beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände der Rechtsangelegenheit davon absehen würde, sich auf eigene Kosten rechtlich beraten oder vertreten zu lassen. Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit sind die Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers sowie seine besondere wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen (so die Gesetzesbegründung BT-Drucks 17/11472, 37). Letztlich kann man in der Tat eine solche annehmen, bspw. wenn in einem Parallelverfahren bereits einmal BerH bewilligt worden ist (BVerfG FamRZ 2012, 609>; AG Charlottenburg, Beschl. v. 20.6.2007 – 70 II RB 488/07, n. v.). Dies lässt sich mangels Sachverhalt...