Der Entscheidung des Bay. LSG ist jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen. Die Voraussetzungen für den Anspruch der dem Kläger im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwältin auf Zahlung der Vergütung gegen die Landeskasse waren hier erfüllt. Hierzu gehören:
1. Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe
Zutreffend weist das Bay. LSG darauf hin, dass die gerichtliche Beiordnung der Rechtsanwältin im Wege der PKH für das Verfahren auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung wirksam ist. Dies gilt selbst dann, wenn die Beiordnung fehlerhaft ist (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 24. Aufl., § 45 Rn 21). Ausnahmsweise entfaltet die gerichtliche Beiordnung dann keine Wirksamkeit, wenn sie nichtig ist. Dies ist etwa dann gegeben, wenn die Beiordnung für jedermann erkennbar grob gesetzeswidrig ist und auch Grundsätze der Rechtssicherheit nicht die Anerkennung der Wirksamkeit erfordern (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O.). Ein solcher Fall kann etwa dann vorliegen, wenn der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist, obwohl der Partei gar keine PKH bewilligt worden ist. Auch die Beiordnung für eine nicht (mehr) existierende Partei kann unwirksam sein. Ein solcher Ausnahmefall hat hier nicht vorgelegen.
2. Auftrag durch den Kläger
Anders als beim gerichtlich bestellten Pflichtverteidiger bedarf der beigeordnete Rechtsanwalt eines Auftrags durch die Partei, der er im Wege der PKH beigeordnet worden ist. Denn die Entstehung eines Vergütungsanspruchs gegen die Landeskasse setzt voraus, dass dem beigeordneten Rechtsanwalt nach bürgerlichem Recht ein privatrechtlicher Vergütungsanspruch entstanden ist. Ein solcher Auftrag ergibt sich aus dem zwischen dem beigeordneten Rechtsanwalt und dem bedürftigen Mandanten abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag. Dabei genügt auch eine stillschweigende Erteilung des Auftrags, die bspw. darin liegen kann, dass der Mandant im Termin neben dem Rechtsanwalt erscheint und dessen Tätigkeit für sich duldet.
Vorliegend war der Kläger zu dem Erörterungstermin vor dem SG Bayreuth am 18.11.2015 erschienen. Zwar war anstelle der beigeordneten Rechtsanwältin eine ortsansässige Anwältin als Terminsvertreterin tätig. Es ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger hier stillschweigend diese Terminsvertreterin beauftragen wollte, anstatt die erkennbar für ihn zuvor und auch nach dem Termin als Prozessbevollmächtigte tätigen Rechtsanwältin. I.Ü. braucht der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt gegenüber der Landeskasse regelmäßig keinen Nachweis zu erbringen, dass ihm die bedürftige Partei, der er beigeordnet worden ist, einen (wirksamen) Auftrag erteilt hat. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn konkrete Umstände gegen die Auftragserteilung sprechen (s. LG Berlin JurBüro 1978, 1222).
Folglich ist für den Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse erforderlich, dass zwischen ihm und der bedürftigen Partei hinsichtlich der Vergütung eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage besteht. Dies ist regelmäßig ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag, Ein zivilrechtlicher Anspruch kann jedoch auch aus dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag erwachsen sein.
Das Bay. LSG legt deshalb das Schwergewicht seiner Begründung zu Unrecht auf das Bestehen einer wirksamen Prozessvollmacht. Diese betrifft lediglich das Außenverhältnis, nicht jedoch das Auftragsverhältnis zwischen beigeordnetem Rechtsanwalt und Mandanten. Die Ausführungen des Bay. LSG zur stillschweigenden Erteilung der Prozessvollmacht gelten jedoch gleichermaßen auch für die stillschweigende Erteilung des Auftrags durch schlüssiges Verhalten während des Klageverfahrens und des Erörtertungstermins. Aus diesem ergibt sich, dass der Kläger mit der Vertretung seiner Interessen in dem Klageverfahren durch die beigeordnete Rechtsanwältin einverstanden war.
3. Verfahrensweise des beigeordneten Rechtsanwalts
Um Probleme bei der Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung zu vermeiden, sollte sich der beigeordnete Rechtsanwalt stets von dem bedürftigen Mandanten eine ausdrücklich auf das betreffende Gerichtsverfahren bezogenen Prozessvollmacht erteilen lassen. Diese belegt zwar nicht zwingend, dass der Vollmachtserteilung auch ein wirksamer Anwaltsvertrag oder Auftrag zugrunde liegt. Die Vollmacht ist jedoch ein starkes Indiz dafür, dass dies der Fall ist. Wenn der beigeordnete Rechtsanwalt eine wirksame Prozessvollmacht vorlegt, ist es dann Aufgabe der Landeskasse darzulegen, dass ihr ausnahmsweise kein wirksames zivilrechtliches Vertragsverhältnis zwischen dem PKH-Anwalt und der bedürftigen Partei zugrunde liegt. In meiner jahrzehntelangen Praxis ist dies der Landeskasse kein einziges Mal gelungen.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 3/2021, S. 132 - 135