Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg gibt zu einigen Hinweisen Anlass.
1. Kläger beschwert
Das LAG Berlin-Brandenburg ist ohne Weiteres davon ausgegangen, dass der Rechtsbehelf, sei es als sofortige Beschwerde oder als befristete Erinnerung, zulässig ist. Dies ist fraglich. Die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs setzt nämlich eine Beschwer des Beschwerde-/Erinnerungsführers voraus. Ein solcher Fall wäre gegeben, wenn der Rechtspfleger des ArbG Potsdam den Kostenausgleichungsantrag des Klägers für das zweite Berufungsverfahren zurückgewiesen hätte. Das war hier nach dem mitgeteilten Sachverhalt wohl nicht der Fall. Der Rechtspfleger hat in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21.5.2019 nur die für das Berufungsverfahren 18 Sa 1332/17 von den Parteien zur Ausgleichung angemeldeten Kosten berücksichtigt. Dies schließt nicht aus, dass der Rechtspfleger die Ausgleichung der Kosten des weiteren Berufungsverfahrens 18 Sa 1582/17 schlicht vergessen hat. Dafür spricht der Umstand, dass der Rechtspfleger in seinem Abhilfebeschluss die Ausgleichung der Kosten für dieses Berufungsverfahrens – wenn auch nicht in voller Höhe – nachgeholt hat.
Durch die "Nicht-Entscheidung" des Rechtspflegers über die Kosten des Berufungsverfahrens 18 Sa 1582/17 ist der Kläger an sich nicht beschwert. Gleichwohl sollte der Prozessbevollmächtigte in einem solchen Fall innerhalb der Beschwerdefrist den Rechtspfleger darauf hinweisen, dass die Entscheidung über die Kosten des zweiten Berufungsverfahrens noch aussteht, und hilfsweise gegen eine (stillschweigende) Absetzung sofortige Beschwerde eingelegen. Durch eine solche Verfahrensweise ist der Rechtsanwalt auf der "sicheren Seite". Er läuft dann nicht Gefahr, dass sich das Beschwerdegericht auf den Standpunkt stellt, der Rechtspfleger habe die Kostenausgleichungsanträge der Parteien für das zweite Berufungsverfahren jedenfalls stillschweigend zurückgewiesen, sodass diese Entscheidung dann rechtskräftig wird, wenn gegen sie nicht rechtzeitig der gegebene Rechtsbehelf eingelegt wird.
2. Zulässiger Rechtsbehelf
Die Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg entspricht der ganz h.M. in der Rspr. und Lit., so etwa OLG Celle RVGreport 2010, 468 [Hansens] = AGS 2011, 354; OLG Karlsruhe AGS 2003, 361; OLG Frankfurt JurBüro 1987, 1567 = Rpfleger 1988, 30; OLG Nürnberg JurBüro 1988, 1066 = FamRZ 1988, 1079; OLG Stuttgart JurBüro 1988, 1504; KG JurBüro 2006, 646 = KGR 2006, 1049 = MDR 2007, 235; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 567 Rn 45, 46; Zöller/Herget, a.a.O., § 104 ZPO Rn 21. 3 u. 21.24 "Abhilfe"; Musilak/Ball, ZPO, 13. Aufl., § 567 Rn 21; Arnold/Meyer-Stolte/Hansens, RPflG, 6. Aufl., § 11 Rn 102; von Eicken/Hellstab/Dörndorfer, Die Kostenfestsetzung, 23. Aufl., Rn B 206, 207.
Dies gilt i.Ü. ebenfalls, wenn die sofortige Beschwerde teilweise zurückgenommen wird und der verbleibende Beschwerdewert dann 200 EUR nicht mehr übersteigt. Dies sollte der Prozessbevollmächtigte, der die sofortige Beschwerde eingelegt hat, überdenken, wenn er das Beschwerdegericht mit seinem Rechtsbehelf befassen will. Eine teilweise Rücknahme der sofortigen Beschwerde, die zur Verminderung des Beschwerdewertes auf 200 EUR oder darunter führt, hat nämlich zur Folge, dass es sich nunmehr um eine befristete Erinnerung handelt, über die der Erstrichter zu entscheiden hat. Das Beschwerdegericht kann dann mit der Sache nicht mehr befasst werden.
3. Die Berechnung des Beschwerdewertes
Ist die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg der Sache nach richtig, so ist dem LAG jedoch bei der Berechnung des Beschwerdewertes ein entscheidender Fehler unterlaufen. Denn bei der Ermittlung des Beschwerdewertes, der nach Auffassung des LAG nur 58,15 EUR betragen soll, hat das LAG dem auszugleichenden Betrag den nach Ausgleichung vom Rechtspfleger ermittelten Erstattungsbeträgen gegenübergestellt, also "Äpfel mit Birnen" verglichen. Die richtige Ermittlung des Beschwerdewertes ist hingegen wie folgt vorzunehmen:
1. Der Kläger hat zur Ausgleichung |
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angemeldet: |
2.513,52 EUR |
2. Die Beklagte hat zur Ausgleichung |
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angemeldet: |
2.215,25 EUR |
Somit sind auszugleichen: |
4.728,77 EUR |
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Hievon hat die Beklagte zu erstatten: |
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96 % mit |
4.539,62 EUR |
Abzüglich ihrer eigenen Kosten: |
2.215,25 EUR |
Ergibt sich somit ein Erstattungsbetrag: |
2.324,37 EUR |
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Der Rechtspfleger hat festgesetzt: |
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Im KFB vom 21.5.2019: |
1.162,23 EUR |
Im Abhilfebeschluss vom 1.7.2020: |
805,71 EUR |
Nach Auffassung des Klägers somit |
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zu wenig: |
356,42 EUR |
Damit liegt der Beschwerdewert tatsächlich über der Beschwerdesumme von 200,01 EUR. Das LAG Berlin-Brandenburg hätte somit auch nach Teil-Abhilfe durch den Rechtspfleger über den Rechtsbehelf des Klägers als zulässige sofortiger Beschwerde in eigener Sache entscheiden müssen.
4. Gebührenberechnung bei Verfahrenstrennung
Die Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg, wonach die Parteien berechtigt sind, die Kosten der Berufungsverfahren, die vor der stillschweigenden Verbindung am Schluss des Verhandlungstermins angefallen sind, nac...