§ 14 Abs. 1 RVG; Nr. 4114 VV RVG

Leitsatz

  1. Die Terminsgebühr für den gerichtlichen Termin erfasst neben der Teilnahme an gerichtlichen Terminen noch solche Tätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der konkreten Vorbereitung des Termins stehen, wie z.B. die nochmalige Aktendurchsicht oder die Überprüfung, ob alle in der Anklageschrift oder vom Verteidiger benannten Zeugen geladen wurden. Alle sonstigen Tätigkeiten des Rechtsanwalts, die der Vorbereitung bzw. der Verteidigung in der Hauptverhandlung gelten, wie z.B. eine nochmalige Besprechung mit dem Mandanten oder Befassung mit Zeugenaussagen etc., werden hingegen von der Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV abgegolten.
  2. Als durchschnittlich und damit grundsätzlich die Mittelgebühr rechtfertigend ist eine ca. 5-stündige Hauptverhandlung vor der Strafkammer anzusehen.
  3. Die Dauer der Teilnahme eines Rechtsanwalts an der Hauptverhandlung bestimmt sich aus dem in der Sitzungsniederschrift vermerkten tatsächlichen Beginn der Sitzung. Gem. § 243 Abs. 1 S. 1 StPO beginnt die Hauptverhandlung mit dem Aufruf der Sache. Verzögerungen können sich insoweit nicht auf die Terminsgebühr auswirken.

LG Cottbus, Beschl. v. 20.1.2022 – 24 KLs 34/20

I. Sachverhalt

Der Angeklagte ist freigesprochen worden. Die Strafkammer hat u.a. die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt. Der Pflichtverteidiger des Angeklagten hat Kostenfestsetzung beantragt. Der Rechtspfleger hat die geltend gemachten Kosten nur zum Teil festgesetzt.

II. Grundgebühr / gerichtliche Verfahrensgebühr

Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände die Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens; ist diese Bestimmung jedoch unbillig, ist sie für die Erstattung durch die Staatskasse nicht verbindlich, § 14 Abs. 1 S. 4 RVG. Insoweit führt der Rechtspfleger aus.

Das vorliegende Verfahren sei ein als durchschnittlich einzustufendes Verfahren vor der Strafkammer des LG. Weder der Sachverhalt an sich noch der Aktenumfang seien außergewöhnlich umfangreich oder schwierig gelagert gewesen, sodass der Umfang und die Schwierigkeit anwaltlicher Tätigkeiten im Hinblick auf Informationsbeschaffung und Vorbereitung der Hauptverhandlung nicht wesentlich und damit gebührenrelevant über das Normalmaß hinausgingen. Unter Berücksichtigung und sachgerechter Wertung aller Bemessenskriterien des § 14 Abs. 1 RVG seien vorliegend daher sowohl bei der Grundgebühr Nr. 4100 VV und der gerichtlichen Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV jeweils die Mittelgebühren angemessen.

III. Terminsgebühren

Die Terminsgebühr Nr. 4114 VV umfasse bereits nach ihrem Wortlaut – so der Rechtspfleger – nur die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, d.h. mit ihr werde die Anwesenheit des Rechtsanwalts in einem gerichtlichen Termin abgegolten. Somit sei das wesentliche Bemessungskriterium der Terminsgebühr die zeitliche Inanspruchnahme des Rechtsanwalts. Darüber hinaus erfasse die Terminsgebühr noch solche Tätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der konkreten Vorbereitung des Termins stehen, wie z.B. die nochmalige Aktendurchsicht oder die Überprüfung, ob alle in der Anklageschrift oder vom Verteidiger benannten Zeugen geladen wurden. Alle sonstigen Tätigkeiten des Rechtsanwalts, die der Vorbereitung bzw. der Verteidigung in der Hauptverhandlung gelten, wie z.B. eine nochmalige Besprechung mit dem Mandanten oder Befassung mit Zeugenaussagen etc., werden hingegen von der Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV abgegolten (s.a. OLG Bremen RVGreport 2012, 63 = StraFo 2012, 39 = StRR 2012, 278).

Als durchschnittlich und damit grds. die Mittelgebühr rechtfertigend sei eine ca. 5-stündige Hauptverhandlung vor der Strafkammer anzusehen. Dabei sei grds. auch immer die Vernehmung von Zeugen berücksichtigt, da die Beweisaufnahme Bestandteil eines jeden Strafverfahrens ist. Danach seien vorliegend sämtliche Hauptverhandlungstermine von nur unterdurchschnittlicher Dauer gewesen und rechtfertigten keine Terminsgebühren, die über die Mittelgebühr hinausgehen. Die Dauer der Teilnahme eines Rechtsanwalts an der Hauptverhandlung bestimme sich aus dem in der Sitzungsniederschrift vermerkten tatsächlichen Beginn der Sitzung. Gem. § 243 Abs. 1 S. 1 StPO beginne die Hauptverhandlung mit dem Aufruf der Sache (OLG Saarbrücken AGS 2006, 333 = JurBüro 2006, 533 = NStZ-RR 2006, 191). Es werde insoweit auch auf die Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls verwiesen (§ 274 StPO). Verzögerungen können sich insoweit nicht auf die Terminsgebühr auswirken. Die Gebühren erhöhe sich auch nicht stets automatisch um 20 %, sondern nur dann, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen. Denn die angemessene Gebühr sei bezogen auf den jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände und sachgerechter Wertung aller beurteilbaren Bemessenskriterien zu bestimmen. Solche Umstände hätten in diesem Verfahren nicht vorgelegen.

In der Gesamtschau und der – nach seiner Auffassung sachgerechten Wertung aller Bemessenskriterien hat der Rechtspfleger deshalb folgende Terminsgebühren als angemessen erachtet: 28.4.2020 – Dauer: 0:14 Std...

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