§ 464 StPO
Leitsatz
Die das Verfahren abschließende Entscheidung muss ausdrücklich zum Ausdruck bringen, dass ein Dritter und – wie im Falle des Freispruchs – die Staatskasse auch die notwendigen Auslagen eines Angeklagten zu tragen hat.
OLG Hamm, Beschl. v. 16.11.2021 – III-3 Ws 433/21
I. Sachverhalt
Das LG hat den Angeklagten vom Vorwurf des versuchten schweren Raubes freigesprochen. Die Kostenentscheidung in der Urteilsformel lautete wie folgt:
Zitat
"Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens, soweit es sie betrifft und soweit sie verurteilt wurden. Im Übrigen fallen die Kosten der Landeskasse zur Last."
Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der frei gesprochene Angeklagte gegen die unterbliebene Auslagenentscheidung. Das Rechtsmittel hatte Erfolg.
II. Freispruch und notwendige Auslagen
Die sofortige Beschwerde gegen die unterbliebene Auslagenentscheidung ist nach Auffassung des OG Hamm statthaft und zulässig. Der Zulässigkeit stehe auch § 464 Abs. 3 S. 1, 2. HS StPO nicht entgegen, da gegen die Hauptentscheidung ein Rechtsmittel als solches statthaft sei und dieses – wie hier aufgrund des Freispruchs – lediglich mangels Beschwer nicht zulässig wäre (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 19.5.2005- 3 Ws 212/05; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., 2021, § 464, Rn 19 m.w.N.).
Die sofortige Beschwerde ist nach Auffassung des OLG Hamm auch begründet. Die das Verfahren abschließende Entscheidung müsse ausdrücklich zum Ausdruck bringen, dass ein Dritter und – wie im Falle des Freispruchs – die Staatskasse auch die notwendigen Auslagen eines Angeklagten zu tragen habe (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 29.11.2000 – 2 Ws 316/20- StraFo 2005, 347; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 467 Rn 20). Gem. § 467 Abs. 1 StPO habe die Staatskasse die einem freigesprochenen Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Dementsprechend sei das Urteil abzuändern und zu ergänzen.
III. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung bringt nichts Neues, sie ist aber ein "Reminder". Denn sie erinnert daran, dass der Verteidiger sich bei einem Freispruch die Kosten- und Auslagenentscheidung des freisprechenden Urteils sehr genau im Hinblick darauf ansehen muss, ob dort hinsichtlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten eine Kostengrundentscheidung zu dessen Gunsten enthalten ist. Denn ohne die können die notwendigen Auslagen nicht gegenüber der Staatskasse geltend gemacht werden (zur Kostengrundentscheidung eingehend Volpert, AGS 2021, 289 ff.).
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 3/2022, S. 144