1. Bindung des Urkundsbeamten
Die Entscheidung ist zutreffend und entspricht einhelliger Rspr.
Es ist Sache des Richters, darüber zu befinden, in welchem Umfang der Anwalt beigeordnet wird. Der Urkundsbeamte hat sich an die Beschlüsse zu halten (§ 48 Abs. 1 RVG). Hat der Richter einen Anwalt zu Unrecht ohne Einschränkung beigeordnet, dann muss die Landeskasse die sich daraus ergebende Vergütung zahlen. Die Landeskasse hat weder ein Recht, sich gegen die zu weit gehende Beiordnung zu wehren, noch im Rahmen der Vergütungsfestsetzung eventuelle Fehler im Bewilligungsverfahren zu korrigieren (ebenso KG AGS 2010, 612 = JurBüro 2011, 94 = MDR 2011, 327 = Rpfleger 2011, 217 = FamRZ 2011, 835 = NJW-Spezial 2010, 764 = RVGreport 2011, 118; OLG Düsseldorf AGS 2014, 196 = NJW-Spezial 2014, 253).
Umgekehrt verhält es sich ebenso. Ist ein Anwalt zu Unrecht eingeschränkt beigeordnet worden, dann ist er in der Vergütungsfestsetzung daran auch gebunden. Er hat allerdings die Möglichkeit, sich gegen eine zu Unrecht beschränkte Wertfestsetzung zu wehren. Insoweit ist die Beschwerde nach § 127 ZPO eröffnet, die allerdings innerhalb eines Monats erhoben werden muss.
2. Bindungswirkung auch in anderen Fällen
Eine Bindungswirkung besteht auch in anderen Fällen. Hat der Richter einen Anwalt in mehreren parallelen Verfahren beigeordnet, dann darf der Anwalt auch jeweils gesondert abrechnen. Wird für mehrere gesondert eingeleitete Verfahren jeweils Verfahrenskostenhilfe bewilligt, so sind dem beigeordneten Rechtsanwalt die Vergütungen in den einzelnen Verfahren gesondert festzusetzen und auszuzahlen. Der Urkundsbeamte ist nicht berechtigt, im Festsetzungsverfahren nachträglich zu prüfen, ob die getrennte Rechtsverfolgung mutwillig war (OLG Hamm AGS 2017, 141 = AnwBl 2017, 95 = FamRZ 2017, 469 = NZFam 2017, 33 = RVGreport 2017, 99 = NJW-Spezial 2017, 187). Wenn eine Verfahrenskostenhilfebewilligung für getrennte Verfahren erfolgt ist, dann kann ein Verstoß gegen den Grundsatz kostensparender Verfahrensführung mit der Folge einer Gebührenkürzung nicht im Vergütungsfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden (OLG Bremen AGS 2015, 337 = NZFam 2015, 770 = RVGreport 2015, 339).
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 3/2022, S. 115