In der Entscheidung wird wieder deutlich, dass es sich in der Regel um Ansprüche aus dem Mandatsverhältnis handelt, die nach § 86 VVG auf die Rechtschutzversicherung übergehen können.
In Praxis üblich, kann der Rechtsanwalt nach § 9 RVG einen angemessenen Vorschuss auf die voraussichtlich entstehenden Gebühren verlangen. Nach Abschluss der Angelegenheit, d.h. nach Fälligkeit i.S.d. § 8 RVG ist über diesen Vorschuss gegenüber dem Mandanten abzurechnen. Soweit der Vorschuss nicht vollständig verbraucht wird, ergibt sich aufgrund der vertraglichen Abrechnungspflicht aus §§ 675, 667 BGB ein Erstattungsanspruch des Mandanten (so auch in BGH, Urt. v. 7.3.2019 – IX ZR 143/18, AGS 2019, 170). Aufgrund der eingetretenen Insolvenz der Mandantschaft endet das Mandat automatisch gem. §§ 115 Abs. 1, 116 S. 1 InsO und die Anwaltsgebühren sind entsprechend fällig.
Der BGH hat mit dieser Entscheidung nun klargestellt, dass der Erstattungsanspruch bereits aufschiebend bedingt mit der Zahlung des Vorschusses entsteht. Dabei spielt es gerade keine Rolle, ob der Vorschuss letztlich vollständig verbraucht wird und kein Erstattungsanspruch entsteht. Es kommt allein auf die Möglichkeit an, dass sich eine Erstattung ergeben kann. Die Bedingung ist auch nur erfüllt, wenn die Fälligkeit der Anwaltsvergütung eintritt und sich aus der Abrechnung ein nicht verbrauchter Vorschuss errechnet.
Dass sich ein solcher Anspruch erst durch die Vorschusszahlung selbst ergibt, sollte einleuchten, wird aber in dieser Entscheidung des BGH ebenfalls klargestellt.
Der BGH hatte bereits entschieden, dass ein möglicher Erstattungsanspruch hinsichtlich der Prozesskosten schon mit Klageeinreichung aufschiebend bedingt entsteht (BGH, Beschl. v. 2.5.2019 – IX ZB 67/18) und nach § 86 VVG übergehen kann (BGH, Urt. v. 13.2.2020 – IX ZR 90/19, AGS 2020, 258). Die aktuelle Entscheidung ist daher nur eine konsequente Fortführung seiner bisherigen Auffassung.
Dass dieser Anspruch bei Zahlung durch die Rechtsschutzversicherung nach § 86 VVG auf diese übergeht, dürfte ebenso wenig überraschen, ist doch der Anspruchsübergang auf die Rechtsschutzversicherung als Schadenversicherung bereits seit einiger Zeit geklärt (vgl. BGH, Urt. v. 23.7.2019 – VI ZR 307/18, AGS 2019, 490).
Spannender dürfte jedoch sein, dass auch eine mögliche Insolvenz des Mandanten den Anspruchsübergang nicht verhindert. Natürlich kommen in der Praxis auch die Fälle vor, in denen der Mandant in Insolvenz gerät und sich für die Anwaltschaft die Frage stellt, an wen Erstattungen schuldbefreiend geleistet werden dürfen: an die Rechtsschutzversicherung oder den Insolvenzverwalter?
Insoweit ist es begrüßenswert, dass der BGH die Problematik nun klargestellt hat. Ist der Anspruchsübergang bereits vor der Insolvenz der Mandantschaft erfolgt, hindert die spätere Insolvenz den Übergang nicht. Daran ändert auch die erforderliche, möglicherweise erst später eintretende Bedingung nichts. Vorliegend geht es um einen gesetzlichen Forderungsübergang i.S.v. § 412 BGB, weshalb der Anspruch, wie oben ausgeführt, bereits mit der Zahlung durch die Rechtsschutzversicherung aufschiebend bedingt übergeht. Der BGH führt insoweit aus:
Aufgrund der Entscheidung sollte eine Rechtsanwaltskanzlei bei Kenntnis der Rechtsschutzversicherung nur noch an diese erstatten. Gleichzeitig ist damit aber auch eine Aufrechnung mit offenen Gebührenansprüchen gegen die Mandantschaft fast in allen Konstellationen ausgeschlossen (vgl. BGH, Urt. v. 10.6.2021 – IX ZR 76/20).
Im Ausgangsfall hatte sich der BGH zusätzlich noch mit der Frage befassen müssen, ob ein Erstattungsanspruch gegen den Beklagten aufgrund der bereits aufgelösten Rechtsanwalts-GbR verjährt sei. Dabei kam es allein auf die Frage an, ob der besondere Verjährungsbeginn in § 159 Abs. 2 HGB auch für die Gesellschaftsschuld und die Verjährung im Rahmen des § 195 BGB gilt, für die der beklagte Rechtsanwalt haften sollte.
Die Entscheidung wird damit begründet, dass grds. die Sonderverjährung nach § 159 HGB besteht und auch für die Außen-GbR gilt. Die Verjährungsfrist beträgt in den dort genannten Fällen fünf Jahre ab Ende des Tages, an dem die Auflösung der GbR dem Gläubiger bekannt wird. Sowohl der BGH als auch die zitierte Lit. gehen insoweit von einer einheitlichen Verjährung von 5 Jahren aus. Die Regelverjährung nach § 195 BGB mit Verjährungsbeginn nach § 159 HGB gilt daher nicht.
Der gesamten Entscheidung ist zuzustimmen, stellt der BGH doch einige Punkte im Dreiecksverhältnis Rechtsanwalt, Mandant und Rechtschutzversicherung klar und gibt damit Rechtssicherheit bei der Abrechnung eines rechtsschutzversicherten Mandats.
Syndikusrechtsanwalt Rainer Tillner, Krefeld
AGS 3/2022, S. 111 - 113