1. Grundsätze der Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen im Kostenfestsetzungsverfahren
Im Kostenfestsetzungsverfahren machen sich die damit befassten Rechtspfleger/Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und die mit Rechtsbehelfsverfahren befassten Gerichte häufig wenige Gedanken darüber, welchen Anwendungsbereich die Bestimmung des § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO überhaupt hat.
Bei der nach dieser Vorschrift abzugebenden Erklärung geht es allein um die Frage, ob der Antragsteller des Kostenfestsetzungsverfahrens die geltend gemachten Umsatzsteuerbeträge zum Vorsteuerabzug verwenden kann. Nur in diesem Bereich enthebt die grds. nicht anzuzweifelnde Erklärung den Rechtspfleger/Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und nachfolgend die ggf. im Kostenfestsetzungsverfahren mit dieser Frage befassten Gerichte von der Prüfung, ob tatsächlich eine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht.
Dem voran geht jedoch die Prüfung, ob Umsatzsteuer überhaupt angefallen ist. Denn hat der Erstattungsberechtigte auf die von ihm geltend gemachten Kostenpositionen keine Umsatzsteuer zu zahlen, kommt man gar nicht zu der durch die Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO abgedeckte fehlende Möglichkeit des Vorsteuerabzugs. Ein Umsatzsteuerbetrag, der dem Antragsteller schon nicht angefallen ist, kann unabhängig von der Frage des Vorsteuerabzugs im Kostenfestsetzungsverfahren nicht erstattet verlangt werden (AnwK-RVG/N. Schneider, 9. Aufl., 2021, Nr. 7008 VV Rn 42). Das ist bspw. der Fall, wenn ein Rechtsanwalt für sich selbst in einer betriebsbezogenen Sache tätig gewesen ist und damit ein Eigengeschäft vorliegt, bei dem keine Umsatzsteuer anfällt (BFH NJW 1977, 408; OLG Hamburg AGS 2002, 83).
Somit muss im Kostenfestsetzungsverfahren zunächst geprüft werden, ob die geltend gemachte Umsatzsteuer überhaupt angefallen ist. Erst dann stellt sich die Frage, ob der Erstattungsberechtigte die Umsatzsteuerbeträge zum Vorsteuerabzug verwenden kann.
2. Anfall der Umsatzsteuer
Ob die geltend gemachte Umsatzsteuer überhaupt angefallen ist, ist im Kostenfestsetzungsverfahren trotz der vorliegenden Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO zu prüfen. Denn diese Erklärung betrifft ausweislich des Gesetzeswortlautes lediglich die Frage, ob die Umsatzsteuer als Vorsteuer abgesetzt werden kann. Genau genommen kommt es also nicht darauf an, ob der Erstattungsberechtigte allgemein zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, was in Kostenfestsetzungsanträgen häufig erklärt wird. Dies ist in der Praxis dann von Bedeutung, wenn eine grds. zum Vorsteuerabzug berechtigte Partei gerade in dem konkreten Fall die Umsatzsteuer nicht zum Vorsteuerabzug verwenden kann, wie es auch im Fall des OLG Brandenburg hier gegeben war.
Die Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO sagt also nichts darüber aus, ob die geltend gemachten Kosten des Rechtsstreits überhaupt der Umsatzsteuerpflicht unterliegen, was das hier vom OLG Brandenburg für seine Auffassung herangezogene BVerfG (AGS 1996, 68 = NJW 1996, 382), der BGH – VIII. ZS (BRAGOreport 2003, 116 [Hansens] = AGS 2003, 276) und auch das OLG Saarbrücken (RVGreport 2016, 364 [Hansens]) übersehen haben.
So fällt bspw. keine Umsatzsteuer an, wenn der Rechtsanwalt in eigenen beruflichen Angelegenheiten tätig wird, er etwa sein Honorar einklagt (so BGH NJW-RR 2005, 363 = JurBüro 2005, 145). Keiner Umsatzsteuerpflicht unterliegen auch bestimmte Geschäfte mit Auslandsbezug nach § 3a UStG. Besonderheiten bestehen auch bei Grundstückangelegenheiten (s. AnwK-RVG/N. Schneider, a.a.O., Nr. 7008 VV Rn 23 ff). Ebenso wenig unterliegen übrigens Bereitstellungsentgelte des vom Gerichtsvollzieher im Rahmen einer Räumungsvollstreckung beauftragten Speditionsunternehmens der Umsatzsteuerpflicht (s. BFH RVGreport 2011, 239 [Hansens]). Ob in solchen Fallgestaltungen die Leistungen des Prozessbevollmächtigten bzw. die sonst geltend gemachten Kostenpositionen der Umsatzsteuerpflicht unterliegen, ist also im Kostenfestsetzungsverfahren ungeachtet der vorliegenden Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO zu prüfen. Denn nur eine tatsächlich angefallene Umsatzsteuer kann ggf. zum Vorsteuerabzug verwendet werden. Sind die (anwaltlichen) Leistungen hingegen nicht umsatzsteuerpflichtig, stellt sich die Frage der Möglichkeit zum Vorsteuerabzug erst gar nicht.
Die somit erforderliche Überprüfung steuerrechtlicher Sachverhalte im Kostenfestsetzungsverfahren wird dem damit befassten Rechtspfleger/Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dadurch erleichtert, dass der Erstattungsberechtigte den Anfall auch der Umsatzsteuer nach der allgemeinen Regelung in § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO glaubhaft zu machen hat. Der Erstattungsberechtigte hat somit diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Streitfall glaubhaft zu machen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für den Anfall der Umsatzsteuer sprechen. Dies wird ihm dann nicht gelingen, wenn die gesetzlichen Regelungen des UStG gegen den Anfall der Umsatzsteuer sprechen.
I.Ü. ist im Kostenfestsetzungsverfahren auch zu prüfen, ob bei gesetzlichen Änderungen des Umsatzsteuersa...