Der Entscheidung des OLG München ist zuzustimmen.

1. Verfahrensrechtliches

Die Verfahrensweise der Rechtsanwältin der Antragsgegnerin zeigt, dass das Rechtsbehelfssystem bei der Festsetzung der PKH-/VKH-Anwaltsvergütung nicht überall bekannt ist. Für die Festsetzung der dem beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung ist gem. § 55 Abs. 1 RVG der UdG des Gerichts des ersten Rechtszuges – das war hier das AG München – FamG – zuständig. Gegen die Entscheidung des UdG ist gem. § 56 Abs. 1 S. 1 RVG die Erinnerung gegeben. Diese Regelung ist etwas missverständlich, weil sie nur die Erinnerung des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung regelt. Selbstverständlich ist die Erinnerung aber auch gegeben, wenn der UdG eine Festsetzung ablehnt.

Hält der UdG die Erinnerung für zulässig und begründet, hat er ihr nach § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 1 Hs. 1 RVG abzuhelfen. So war hier die UdG des AG München – FamG – verfahren, die auf die Erinnerung der Bezirksrevisorin die festgesetzte Einigungsgebühr wieder abgesetzt hat.

Hilft der UdG der Erinnerung nicht ab, hat er sie unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 RVG). Gem. § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 2 RVG ist Beschwerdegericht das nächsthöhere Gericht. Gegen Entscheidungen der Familiengerichte ist Beschwerdegericht das OLG (§ 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 RVG und § 119 Abs. 1 Nr. 1a GVG).

Während die Erinnerung keinen "Erinnerungswert" erfordert, ist die Beschwerde gem. § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt.

Der richtige Rechtsbehelf gegen die Abhilfeentscheidung der UdG im Fall des OLG München wäre hier die Erinnerung nach § 56 Abs. 1 S. 1 RVG gewesen und nicht die von der Antragsgegnerin-Vertreterin eingelegte Beschwerde. Das AG München – FamG – hat diese Beschwerde aber zu Recht als Erinnerung ausgelegt und hierüber sachlich entschieden. Gegen die Entscheidung des FamG war dann die Beschwerde gem. § 56 Abs. 2 S. 1 RVG gegeben, die die Rechtsanwältin dann auch eingelegt hatte.

2. Nicht einheitliche Rechtsprechung zum Anfall der Einigungsgebühr

In der Rspr. ist es umstritten, ob dem Verfahrensbevollmächtigten für die Mitwirkung am Abschluss einer Zwischenvereinbarung in Hauptsacheverfahren, die Kindschaftssachen betreffen, eine Einigungsgebühr anfällt.

Nach einer Auffassung fällt eine Einigungsgebühr nicht an, da durch die Zwischenvereinbarung das Verfahren nicht vollständig erledigt werde. Die Schaffung eines prozessualen Schwebezustands löse jedoch keine Einigungsgebühr aus (OLG Köln AGS 2012, 62; OLG Hamm RVGreport 2013, 146 [Hansens] = AGS 2013, 226; OLG Jena JurBüro 2015, 640; OLG Dresden, Beschl. v. 7.8.2007 – 20 WF 679/07).
Die zweite Meinung bejaht den Anfall einer Einigungsgebühr im Umgangsregelungsverfahren, wenn sich die im Zwischenvergleich getroffene Regelung nicht lediglich auf eine Verständigung über die weitere Verfahrensweise beschränkt. Eine Einigungsgebühr fällt nach dieser Auffassung dann an, wenn mit der Einigung der Eltern für den Zeitraum bis zu einer endgültigen Regelung eine Vereinbarung getroffen wurde, die vom späteren Ausgang des Verfahrens nicht mehr berührt werden kann (KG FamRZ 2014, 1940; OLG Dresden RVGreport 2016, 60 [Hansens] = AGS 2016, 164).
Eine dritte Auffassung geht vom Anfall der Einigungsgebühr – wenn auch nach einem geringeren Gegenstandswert – dann aus, wenn durch die Zwischenvereinbarung ein Verfahren über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entbehrlich geworden ist. Dabei bestehen allerdings Unterschiede hinsichtlich der verlangten Wahrscheinlichkeit des entbehrlich gewordenen Verfahrens. Einmal soll eine Einigungsgebühr bereits dann entstehen, wenn die vereinbarte Regelung Gegenstand eines gesonderten Verfahrens hätte sein können (OLG Oldenburg RVGreport 2013, 191 [Hansens] = AGS 2015, 69; OLG Zweibrücken RVGreport 2014, 272 [Ders.] = AGS 2014, 269; OLG Hamburg AGS 2020, 505 = RVGreport 2020, 382 [Ders.]), während die Gegenmeinung verlangt, dass eine konkrete gerichtliche Entscheidung entbehrlich geworden ist (OLG Celle RVGreport 2015, 258 [Hansens] = AGS 2015, 325).

Das OLG München hat sich hier der dritten Auffassung in der ersten Variante angeschlossen.

3. Beispiele aus der Rechtsprechung

Die Auffassung, die den Anfall einer Einigungsgebühr auch für eine Zwischenvereinbarung bejaht, setzt sich in der Rspr. immer mehr durch. Allerdings sind die Gerichtsentscheidungen doch recht einzelfallbezogen, wie sich aus den nachfolgenden Beispielsfällen ergibt:

Das OLG Oldenburg (RVGreport 2013, 191 [Hansens] = AGS 2015, 69) hatte den Anfall einer Einigungsgebühr für eine Zwischenvereinbarung bejaht, in der die Kindeseltern vor der Beauftragung einer Sachverständigen sich darüber geeinigt hatten, dass das betroffene Kind für die Zeit der Begutachtung beim Antragsgegner verbleibe und die Antragstellerin...

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