§ 3a Abs. 1 RVG
Leitsatz
Eine besonders ins Auge fallende Verortung der Bezeichnung als "Vergütungsvereinbarung" (§ 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 1 RVG) entbindet nicht von der kumulativen Pflicht des "deutlichen Absetzens" der Vergütungsvereinbarung i.S.v. § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.11.2023 – 24 U 116/22
I. Sachverhalt
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Anwaltshonorar nebst Verzugszinsen auf der Basis einer Vergütungsvereinbarung, deren rechtliche Wirksamkeit in Streit steht, in Anspruch. Zugrunde liegt eine Vereinbarung zwischen den Parteien, bei der sich auf einem Deckblatt die Überschrift "Vergütungsvereinbarung" und die Worte "wird folgende Vergütungsvereinbarung geschlossen:" befinden. In der Vereinbarung ist dann ohne besondere Hervorhebung ein § 3 eingefügt, der einfach mit "Vergütung/Auslagen/Fälligkeit" überschreiben ist.
Das LG hat die Beklagte – unter Abweisung der weitergehenden, auf Erstattung vorgerichtlicher Auslagen i.H.v. 1,60 EUR gerichteten Klage – zur Zahlung von 11.289,53 EUR nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt: Die streitgegenständliche Vergütungsvereinbarung sei wirksam, insbesondere verstoße sie nicht gegen § 3a Abs. 1 S. 2 RVG. Da die Vereinbarung schon in der Überschrift als "Vergütungsvereinbarung" bezeichnet sei und die Vereinbarung über die Vergütung alsdann in einem gesonderten und entsprechend mit einer Überschrift "Vergütung…" gekennzeichneten § 3 geregelt sei, seien die Anforderungen an ein "deutliches Absetzen" erfüllt.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, Sie ist der Auffassung, dass entgegen der Ansicht des LG die abgeschlossene Honorarvereinbarung aufgrund ihrer unübersichtlichen Gestaltung gegen § 3a Abs. 1 S. 2 RVG verstoße und daher unwirksam sei. Die Ansicht des LG beruhe offenkundig auf der verfehlten Annahme, dass es mit einer korrekten Bezeichnung der Vereinbarung sein Bewenden habe und es damit auf ein deutliches Absetzen der Honorarregelung von den sonstigen Regelungen gar nicht weiter ankomme. Die Klägerin hat das angefochtene Urteil verteidigt und meint, dass das Erfordernis einer Bezeichnung als "Vergütungsvereinbarung" einerseits und das weitere Erfordernis des "deutlichen Absetzens" nicht in jedem Fall getrennt voneinander zu betrachten und zu bewerten seien. Denn solches werde dem Zweck der betreffenden Erfordernisse nicht gerecht. In der gebotenen Gesamtschau erfülle die Gestaltung der streitgegenständlichen Vergütungsvereinbarung alle Anforderungen des § 3a Abs. 1 S. 2 RVG.
II. Begründete Berufung
Die Berufung hatte Erfolg. Nach Auffassung des OLG verstößt entgegen der Ansicht des LG die dem Verfahren zugrunde liegende Vergütungsvereinbarung gegen § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG, weil sie nicht deutlich von anderen Vereinbarungen, die verschieden von der Vergütungsvereinbarung und der Auftragserteilung sind, abgesetzt ist. Dass die Vergütungsvereinbarung dem Gebot des § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG nicht entspreche, führt zwar – anders als die Beklagte (teilweise) geltend gemacht habe – nicht etwa zur Nichtigkeit gem. § 125 BGB. Der Verstoß habe jedoch zur Folge, dass die Beklagte an die Klägerin keine höhere als die gesetzliche Vergütung entrichten müsse (§ 4b RVG).
1. "Andere Vereinbarungen" enthalten
Das OLG weist zunächst darauf hin, dass die Vergütungsvereinbarung neben der Vergütungsabrede und der Auftragserteilung noch als "andere Vereinbarungen" i.S.v. § 3a Abs. 1 S. 2 RVG einzustufende Regelungen enthält. Das gelte unzweifelhaft für den in § 8 vereinbarten "Haftungsausschluss" sowie die Gerichtsstandvereinbarung gem. § 10 Abs. 3 (vgl. dazu BGH NJW 2016, 1596 = AGS 2016, 56), aber auch für § 2 ("Heranziehung von Mitarbeitern des Auftragnehmers/Mitwirkung Dritter"), § 5 ("Mitwirkungspflichten des Auftraggebers"), § 6 ("Mündliche Auskünfte"), § 7 ("Weitergabe beruflicher Äußerungen des Auftragnehmers") sowie § 9 ("Kommunikation"), da sich auch die letztgenannten Paragraphen auf das gesamte Mandatsverhältnis beziehen (vgl. allgemein hierzu BGH, a.a.O., m.w.N.). Demzufolge liegt eine kombinierte Vergütungs- und Mandatsvereinbarung vor, die sämtlichen Anforderungen des § 3a Abs. 1 S. 2 RVG genügen müsse.
2. Gebot des "deutlichen Absetzens"
Die Vereinbarung der Parteien erfülle zwar – so das OLG – unstreitig das Bezeichnungsgebot i.S.v. § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 1 RVG, nicht jedoch das Gebot eines "deutlichen Absetzens von anderen Vereinbarungen" i.S.v. § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG.
a) Regelungsziele
Für das Erfordernis "deutlich abgesetzt" i.S.v. § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG komme es weder auf die Anforderungen an die äußere Gestaltung einer Widerrufsbelehrung nach Art. 246 Abs. 3 EGBGB noch auf diejenigen Maßgaben an, die im Heilmittelwerberecht (§ 4 Abs. 3 S. 1 HWG) oder Arzneimittelrecht (§ 11 Abs. 5 S. 2 AMG) an "deutlich abgesetzte und abgegrenzte" Angaben gestellt werden. Entscheidend seien vielmehr allein die vom Gesetzgeber mit § 3a Abs. 1 RVG verfolgten Regelungsziele (BGH, a.a.O., m.w.N.). Nach dem Willen des Gesetzgeber...