§ 42 Abs. 1 FamGKG; §§ 1385, 1386 BGB
Leitsatz
Wird neben einem anhängigen Scheidungsverbundverfahren die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft beantragt, so ist der Verfahrenswert in der Regel mit einem Viertel des zu erwartenden Zugewinnausgleichsanspruchs anzusetzen.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.12.2023 – 6 WF 170/23
I. Sachverhalt
Während des seit 2021 anhängigen Scheidungsverfahrens, in dem auch ein Antrag zur Folgesache Güterrecht gestellt worden war, hatte der Antragsteller die vorzeitige Aufhebung der zwischen den Beteiligten bestehenden Zugewinngemeinschaft beantragt. In seinem Antrag gab er einen vorläufigen Verfahrenswert von 10.000,00 EUR an. Die Antragsgegnerin hat den Antrag unter Verwahrung gegen die Kostenlast im schriftlichen Verfahren anerkannt. Allerdings beanstandete sie den von dem Antragsteller angegebenen Verfahrenswert. Mangels substantiierter Anhaltpunkte könnte allenfalls auf den Regelwert mit 5.000,00 EUR zurückgegriffen werden. Der Antragsteller führte daraufhin aus, dass ihm nach vorläufiger Berechnung ein Zugewinnausgleichsanspruch gegen die Antragsgegnerin i.H.v. 23.453,00 EUR zustehe, der sich allerdings nach Ermittlung der latenten Steuerlast, die von seinem Endvermögen abzuziehen sei, noch erhöhen werde. Hierfür habe er einen angemessenen Aufschlag auf 40.000,00 EUR vorgenommen. Der Verfahrenswert richte sich nach 25 % des zu erwarteten Zugewinnausgleichs. Er sei deshalb mit 10.000,00 EUR angegeben worden.
Das FamG hat sodann durch Anerkenntnisbeschluss ausgesprochen, dass die zwischen den Beteiligten bestehende Zugewinngemeinschaft vorzeitig aufgehoben werde. Die Kosten des Verfahrens hat es der Antragsgegnerin auferlegt und den Verfahrenswert auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gegen diese Wertfestsetzung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde und führt aus, der Verfahrenswert sei nach dem Interesse des Antragstellers in dem konkreten Fall zu beurteilen. Das Interesse am vorzeitigen Zugewinnausgleich sei nicht ersichtlich. Die Möglichkeit der Ehescheidung zu einem früheren Zeitpunkt sei allenfalls mit einem geringen Bruchteil des Interesses des Antragstellers hinsichtlich des Zugewinnausgleichs, bspw. 1/10, anzusetzen. Auch der errechnete Zugewinnausgleichsanspruch von 40.000,00 EUR sei vor dem Hintergrund des deutlich höheren Anfangsvermögens der Antragsgegnerin nicht nachvollziehbar.
Der Antragsteller hat die angefochtene Entscheidung verteidigt. Er habe den Zugewinnausgleichsanspruch auf 40.000,00 EUR beziffert. In der Rspr. würden Quoten des zu erwartenden Zugewinnausgleichs von 1/4 bis 1/5 herangezogen. Zudem habe er ein Interesse an der Verwertung der gemeinschaftlichen Immobilie.
Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und ausgeführt, die Wertfestsetzung folge aus § 42 Abs. 1 FamGKG. Der Antrag auf vorzeitige Beendigung der Zugewinngemeinschaft sei nach der Rspr. des BGH mit 25 % des zu erwartenden Zugewinns zu bewerten. Maßgebend seien die Wertvorstellungen des Antragstellers bei Antragstellung. Er habe den Zugewinnausgleichsanspruch auf 40.000,00 EUR beziffert.
Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Auffangvorschrift des § 42 Abs. 1 FamGKG ist maßgebend
Das FamG hat den Wert des Verfahrens auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft zu Recht und mit zutreffender Begründung auf 10.000,00 EUR festgesetzt. Da eine besondere Wertvorschrift für das Verfahren auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft im FamGKG nicht vorgesehen ist und es sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt, bestimmt sich der Wert nach § 42 Abs. 1 FamGKG nach billigem Ermessen. Maßgebend ist dabei das Interesse des Antragstellers an der vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft.
Anträge auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft sind unstreitig nicht mit dem vollen Wert des zu erwartenden Zugewinnausgleichs anzusetzen, sondern mit einem geringeren Wert, der nach § 42 Abs. 1 FamGKG nach billigem Ermessen zu bestimmen ist (N. Schneider, NZFam 2016, 258).
III. Bewertung ist strittig
1. Ein Viertel
Der BGH (NJW 1973, 50) und ihm folgend OLG Schleswig, 15. Senat (NZFam 2022, 418), das OLG Frankfurt, 4. Senat (NZFam 2021, 734 = NJW-RR 2021, 1161) sowie das OLG Karlsruhe (AGS 2015, 34) sind – wie hier – in ihren Entscheidungen von einem Viertel der zu erwartenden Zugewinnausgleichsforderung ausgegangen.
2. Auffangwert
Demgegenüber sind das OLG Köln (MDR 2014, 1091 = AGS 2014, 567 = FamRZ 2015, 528 = NJW-Spezial 2015, 27; FF 2015, 130), das OLG Brandenburg (FamRZ 2021, 1869 = NZFam 2021, 647) sowie das OLG Schleswig, 12. Senat (AGS 2012, 35 = FamRZ 2012, 897 = RVGreport 2012, 197) vom Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG (derzeit 5.000,00 EUR) ausgegangen.
3. Sonderfall des AG München
Das AG München (FamRZ 2020, 2026 = NZFam 2020, 737) wiederum hat auf das Interesse des Antragstellers, die Folgesache Güterrecht aus dem Scheidungsverbund herauszulösen, um damit den Ausspruch der Scheidung zu beschleunigen und die Verpflichtung zur Zahlung von Trennungsunterhalt zu beenden, abgestellt und den Verfahrenswert mit dem hälftigen Jahreswert der Unterhaltsverpflichtung an...