Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Honorar nach §§ 611, 675 BGB i.V.m. Nr. 2300 VV zu.
Nach dem Ergebnis der ersten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass zwischen den Parteien ein Geschäftsversäumnisvertrag zustande gekommen ist, aufgrund dessen der Kläger eine Geschäftsgebühr verlangen kann.
Abzugrenzen ist die Geschäftsgebühr von der Ratsgebühr i.S.d. § 34 RVG. Die Geschäftsgebühr deckt die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts ab. Nach der Vorbem. 2.3 VV entsteht die Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Für eine Beratung in Form eines mündlichen oder schriftlichen Rates oder einer Auskunft kann der Rechtsanwalt dagegen nur eine Ratsgebühr i.S.v. § 34 RVG verlangen. Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist der erteilte Auftrag. Die nach Nr. 2300 VV zu vergütende Tätigkeit erfordert ein Mehr gegenüber der Ratserteilung. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Rechtsanwalt nach außen hervortritt. Tritt der Rechtsanwalt aber nach außen hervor, so ist das ein sicheres Zeichen für eine Tätigkeit nach Nr. 2300 VV.
Entwirft der Rechtsanwalt im Auftrag des Mandanten ein Schreiben an den Gegner, so geht diese Tätigkeit über die bloße Beratung hinaus, unabhängig davon, ob das Schreiben "in jedem Fall" abgesendet werden soll oder ob es später tatsächlich abgesendet wird. Dabei spielt der Grund für die später unterbliebene Absendung keine Rolle.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist unter Berücksichtigung der Aussage eine Geschäftsgebühr entstanden. Auch das AG geht davon aus, dass der Kläger im Auftrag des Beklagten den Entwurf eines Anschreibens an die geschiedene Ehefrau des Beklagten gefertigt hat. An dieser Beweiswürdigung hat die Kammer keine Zweifel i.S.d. § 529 ZPO. Es entspricht auch der Lebenserfahrung, dass ein Rechtsanwalt nicht ohne Auftrag des Mandanten ein Schreiben fertigt.
Auch folgt die Kammer dem AG in der Annahme, dass nach der Vernehmung des Zeugen nicht feststeht, dass das Schreiben an die geschiedene Ehefrau "in jedem Fall" abgeschickt werden sollte. Dies ist aber zur Auslösung der Geschäftsgebühr nicht erforderlich. Es reicht der Auftrag zum Entwurf eines Anschreibens an den Gegner. Dies folgt bereits daraus, dass der Rechtsanwalt den Weisungen des Mandanten unterliegt, der Mandant also jederzeit die Absendung eines in seinem Auftrag gefertigten Schreibens verhindern kann. Diese Möglichkeit führt aber nicht dazu, dass eine bereits verdiente Gebühr entfällt.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Rudolf Gesell, Mönchengladbach