RVG VV Nrn. 1008, 3100
Leitsatz
Vertritt der Anwalt im Erbscheinbeschwerdeverfahren mehrere Miterben, denen ein gemeinschaftlicher Erbschein unter Ausweisung ihrer Anteile erteilt worden ist, so liegt derselbe Gegenstand zugrunde, so dass sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG erhöht.
LG München I, Beschl. v. 5.2.2009–16 T 22419/08
1 Sachverhalt
Das AG hatte einen Erbschein erteilt, der den Beteiligten zu 1) als Miterben zu 1/2 sowie die Beteiligten zu 2) und 3) als Miterben zu je 1/4 auswies.
Die Beteiligten zu 4) und 5) haben die Einziehung dieses Erbscheins sowie die Erteilung eines neuen Erbscheins, der sie selbst als Miterben zu je 1/2 ausweisen solle, beantragt. Das AG München hat die Anträge der Beteiligten zu 4) und 5) zurückgewiesen. Hiergegen legten die Beteiligten zu 4) und 5) Beschwerde ein. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind der Beschwerde entgegengetreten. Das LG hat die Beschwerde zurückgewiesen und angeordnet, dass die Beteiligten zu 4) und 5) samtverbindlich den Beteiligten zu 1) bis 3) die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten haben. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 2.310.000,00 EUR festgesetzt.
Die Beteiligten zu 1) bis 3) beantragten sodann Kostenfestsetzung gegen die Beteiligten zu 4) und 5) für ihre außergerichtlichen Kosten in der zweiten Instanz. Sie machten dabei folgende Positionen geltend:
0,5 Verfahrensgebühr, Nr. 3500 VV |
4.273,00 EUR |
0,6 Erhöhungsgebühr (2 weitere Auftraggeber), Nr. 1008 VV |
5.127,60 EUR |
Kostenpauschale: |
20,00 EUR |
19 % Mehrwertsteuer |
1.789,91 EUR |
Gesamt: |
11.210,51 EUR |
4. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind der Ansicht, dass eine Erhöhungsgebühr angefallen sei, weil ihr Prozessvertreter in der gleichen Angelegenheit – der Verteidigung des erteilten Erbscheins – tätig geworden sei.
Die Beteiligten zu 4) und 5) sind dem Kostenfestsetzungsantrag entgegengetreten. Sie sind der Ansicht, dass eine Erhöhungsgebühr vorliegend nicht in Ansatz gebracht werden dürfe, da die Beteiligten zu 1) bis 3) jeweils nur ihren eigenen Erbteil verteidigt hätten; der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit sei bei ihnen daher nicht derselbe gewesen.
Das AG hat die für das Beschwerdeverfahren zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 5.108,67 EUR festgesetzt. Im Übrigen hat es den Kostenfestsetzungsantrag der Beteiligten zu 1) bis 3) zurückgewiesen. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, dass eine Mehrvertretungsgebühr nicht angefallen sei, weil die Beteiligten zu 1) bis 3) jeweils unterschiedliche Interessen verfolgten.
Gegen diesen Beschluss wenden sich die Beteiligten zu 1) bis 3) mit ihrer Beschwerde. Sie sind der Auffassung, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss rechtsfehlerhaft sei, da die Mehrvertretungsgebühr entgegen der Ansicht des AG sehr wohl angefallen sei. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem LG zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerde hatte Erfolg
2 Aus den Gründen
a) Entgegen der Ansicht des AG ist vorliegend für die Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) bis 3) in der Beschwerdeinstanz eine 0,6-Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 VV angefallen.
Gem. Nr. 1008 VV fällt die Erhöhungsgebühr an, wenn Auftraggeber mehrere Personen sind und der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist. Derselbe Gegenstand liegt vor, wenn der Rechtsanwalt für die mehreren Auftraggeber wegen desselben Rechts oder Rechtsverhältnisses tätig geworden ist oder wenn die Auftraggeber insoweit eine Rechtsgemeinschaft oder eine dieser gleichgestellte Gemeinschaft bilden (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Nr. 1008 VV Rn 128). Geht es wie hier um Auftraggeber auf der Antragsgegnerseite, so ist für die Bestimmung des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit der gegnerische Angriff ausschlaggebend (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Nr. 1008 VV Rn 142).
Vorliegend haben die Beteiligten zu 4) und 5) die Einziehung des zugunsten der Beteiligten zu 1) bis 3) erteilten Erbscheins begehrt und darüber hinaus die Erteilung eines Erbscheins, der sie selbst als Erben ausweist, beantragt. Die Beteiligten zu 1) bis 3) wollten dagegen erreichen, dass der erteilte Erbschein aufrecht erhalten bleibt. Der Gegenstand der Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) bis 3) ist demzufolge derselbe. Das ergibt sich aus folgender Erwägung:
Gem. § 2361 Abs. 2 BGB ist ein Erbschein einzuziehen, wenn er unrichtig ist. Der Antrag der Beteiligten zu 4) und 5) hätte also bereits Erfolg gehabt, wenn nur ein Erbteil entweder des Beteiligten zu 1) oder der Beteiligten zu 2) oder der Beteiligten zu 3) in dem Erbschein falsch erfasst worden wäre. Das Begehren etwa des Beteiligten zu 1), dass der Erbschein aufrecht erhalten bleibt, hat also nur dann Erfolg, wenn es dem Beteiligten zu 1) gelingt, das Nachlassgericht davon zu überzeugen, dass sowohl seine Erbquote in dem Erbschein richtig errechnet wurde als auch die der Beteiligten zu 2) und 3). Entsprechendes gilt für die Beteiligten zu 2) und 3). Die Beteiligten zu 1...