Der Senat kann über die sofortige Beschwerde entscheiden, obwohl das Abhilfeverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist.
Im Rahmen des Verfahrens gem. § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO war die Rechtspflegerin des LG dazu verpflichtet zu prüfen, ob auf die sofortige Beschwerde hin eine Abänderung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses veranlasst ist und diese gegebenenfalls vorzunehmen. Dazu hatte sie das Vorbringen des Klägers nicht nur zu Kenntnis zu nehmen, sondern sich auch mit diesem auseinanderzusetzen (OLG Nürnberg MDR 2004, 169) und eine Entscheidung zu treffen. Dieser Pflicht ist die Rechtspflegerin des LG nicht nachgekommen. Sie hat den Vortrag des Klägers nicht gewürdigt und deshalb die Abhilfeentscheidung ohne hinreichende Grundlage getroffen. Damit hat sie nicht nur den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, sondern auch dem Zweck des Abhilfeverfahrens, begründete Beschwerden auf einem möglichst einfach Weg zu erledigen, nicht Genüge getan.
Der Senat entscheidet gleichwohl über diese Worte der Beschwerde, ohne das Verfahren an das LG zur erneuten Entscheidung über die Abhilfe zurückzuverweisen. Dies ist möglich, weil die ordnungsgemäße Durchführung des Abhilfeverfahrens keine Voraussetzung des Beschwerdeverfahrens ist, so dass das Beschwerdeverfahren auch bei fehlerhaftem Abhilfeverfahren in der Sache selbst entscheiden kann (Zöller/Heßler, § 572 ZPO Rn 4).
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist auch begründet.
Zu Unrecht hat das LG zu Gunsten des Klägers lediglich eine verminderte Verfahrensgebühr gegen die Beklagte festgesetzt. Der Kläger hat Anspruch auf Festsetzung einer nichtverminderten 1,3-Verfahrensgebühr.
Gem. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO zählen zu den von der unterliegenden Partei zu tragenden Kosten des Rechtsstreits die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obliegenden Partei. Zu den nach dieser Regelung von der im Rechtsstreit unterliegenden Beklagten an den Kläger zu erstattenden Gebühren des Prozessbevollmächtigten gehört auch eine 1,3-Verfahrensgebühr.
Die Verfahrensgebühr, die der Kläger seinem Prozessbevollmächtigten für dessen Tätigkeit im Rechtsstreit zu erstatten hat, ist gem. Nr. 3100 VV mit einem Satz von 1,3 angefallen. Sie ist nicht gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV um die Hälfte vermindert. Dies wäre nur der Fall, wenn wegen des verfahrensgegenständlich gewesenen Streits eine Geschäftsgebühr nach den Nrn. 2300–2303 VV entstanden wäre. Eine solche Gebühr entstand vorliegend jedoch nicht. Die Vergütung, die der Prozessbevollmächtigte des Klägers für seine vorgerichtliche Tätigkeit beanspruchen kann, findet ihre Rechtsgrundlage in der Vergütungsvereinbarung, die er mit dem Kläger geschlossen hat, und nicht in den Vorschriften des Vergütungsverzeichnisses zum RVG. Das in einer Vergütungsvereinbarung vereinbarte Honorar ist keine Geschäftsgebühr (Gerold/Schmidt/Madert, Nrn. 2300, 2301 VV, Rn 39 a.E.).
Dass in den Fällen, in denen ein späterer Prozessbevollmächtigter aufgrund einer Vergütungsvereinbarung vorgerichtlich tätig war, eine Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV in Höhe einer Geschäftsgebühr vorzunehmen ist, ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen des BGH in dessen Beschl. v. 22.1.2008 (VIII ZB 57/07, AGS 2008, 158), denen zufolge es für die in Vorbem. 3 Abs. 4 VV vorgesehene Anrechnung ohne Bedeutung ist, ob die Geschäftsgebühr auf materiellrechtlicher Grundlage zu erstatten und ob sie unstreitig geltend gemacht, tituliert oder sogar beglichen ist. Aus dieser Festsetzung kann nicht geschlossen werden, auch im Falle einer Gebührenvereinbarung, aufgrund derer die gesetzliche Gebührenregelung im Verhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt nicht anwendbar ist, habe eine Anrechnung stattzufinden (so aber OLG Stuttgart, Beschl. v. 3.9.2008–8 W 348/08, AGS 2008, 511), denn die mit der Feststellung des BGH angesprochenen Fälle betreffen sämtlich die Durchsetzung der auf der schon entstandenen Geschäftsgebühr basierenden Forderung und nicht die hier einzig maßgebliche Frage der Entstehung der Geschäftsgebühr. So heißt es in der o.g. Entscheidung des BGH dann auch weiter:
"Für die Anrechnung und damit die von selbst einsetzende Kürzung ist nach dieser Vorschrift vielmehr entscheidend, ob und in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr bei vorausgesetzter Identität des Streitgegenstandes entstanden ist ..."
Wie schon dargelegt, entsteht die Geschäftsgebühr in einem Fall wie dem Vorliegenden gerade nicht. Die vom OLG Stuttgart vertretene Anwendung der Vorbem. 3 Abs. 4 VV führt zur Anrechnung einer fiktiven Geschäftsgebühr.
Ob eine Partei, die mit ihrem Prozessbevollmächtigen eine Vergütungsvereinbarung gerade zu dem Zweck abschließt, eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr zu vermeiden, rechtsmissbräuchlich handelt, so dass die Verfahrensgebühr analog Vorbem. 3 Abs. 4 VV zu vermindern ist, kann dahinstehen. Es sind keine Anhaltspunkte für die Annahme ersichtlich, dass vorliegend ein solcher Fall gegeben sein könnt...