Der etwas andere RVG-Kommentar: Nun hat auch das Team rund um Hans Helmut Bischof, bestehend aus Richtern, Rechtsanwälten und Bürovorstehern bzw. Rechtsfachwirten, nach Gerold/Schmidt, Schneider/Wolf und Mayer/Kroiß die 3. Aufl. zum RVG und die erste Auflage auf den Markt gebracht, die sich mit den Neuregelungen zum Erfolgshonorar im Besonderen und zur Vergütungsvereinbarung im Allgemeinen beschäftigt.
Es ist wieder ein stattliches Werk geworden, das hier mit rund 1600 S. daherkommt und sich durch ein hervorragendes Stichwortverzeichnis (für manche ein ganz wesentlicher Qualitätsaspekt) und einen beachtlichen Streitwertkatalog am Ende auszeichnet.
Bischof hat es sich nicht nehmen lassen, die neuen neuralgischen Punkte selbst zu kommentieren. So findet sich in der Kommentierung zu § 3a ff. in dem für Bischof schon typischen (daher: "der etwas andere Kommentar") Schreibstil eine ebenso sorgfältige wie kritische Auseinandersetzung mit dem neuen Recht der Vergütungsvereinbarung. Bischof belässt es nicht bei Kritik und Analyse, sondern spart auch nicht mit Rechtsprechungsprognosen (vgl. § 4a Rn. 17 ff.) Kritisch setzt er sich mit der inzwischen schon sog. "Mayerischen Tabelle" auseinander und belegt, dass diese aus dem anglo-amerikanischen Rechtsbereich stammende Handhabung von Erfolgshonoraren nach der Neuregelung in Deutschland nicht zwingend auf unsere Rechtskultur übertragen werden muss (vgl. § 4 a Rn 15, 16).
Nach dem, was der BGH aus der guten alten Anrechnungsregelung gemacht hat, blättert man natürlich in jeder Neuauflage gerne in der Kommentierung zu Vorbem. 3 um zu erfahren, wie es der Autor denn mit dieser Rechtsprechung hält. Es erstaunt nicht, dass Bischof auch hier (vgl. Vorbem. 3 VV Rn. 100 ff.) klare Worte findet, an seine Mahnungen und Warnungen aus dem Jahre 2004 erinnert und – wohl ebenso wie der Rest der Republik – auf eine Hilfestellung des Gesetzgebers wartet. Bis dahin sucht allerdings auch Bischof nach Lösungsmöglichkeiten und setzt sich kritisch mit Rspr. und Lit. auseinander (vgl. Vorbem. 3 VV Rn. 103 ff.). Auch diese Passagen enthalten nicht nur interessante Denkansätze, sie sind auch flüssig zu lesen, eben weil sie – anders als die üblichen Standardkommentare – sprachlich eher ein Gespräch mit dem Leser aufzubauen suchen.
Hoch informativ und eine echte Bereicherung für diesen Kommentar ist der von Bräuer kommentierte Teil 7, den jeder Prozessanwalt (und nicht nur seine Angestellten) verinnerlichen sollte. Gerade nach einem verlorenen oder zumindest zum Teil verlorenen Prozess kann sich der Rechtsanwalt bei seinem eigenen Auftraggeber noch profilieren oder seine vielleicht etwas angeschlagene Reputation retten, indem er das Kostenfestsetzungsverfahren nicht über sich und seine unterlegene Partei ergehen lässt, sondern auch weiterhin mit Engagement für die Rechte des Auftraggebers kämpft. Hierfür ist es allerdings erforderlich, dass man die Rechtsprechung des BGH zu § 91 ZPO beherrscht und nicht nur unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung vorzutragen weiß, wann die Reisekosten eines auswärtigen Anwalts zu erstatten sind oder nicht, sondern auch die einzelnen Positionen der Reisekostenrechnung kritisch würdigen kann.
In der Kommentierung zu den Zwangsvollstreckungsgebühren wird das Problem Einigungsgebühr umfassend von Bräuer abgehandelt und zutreffend herausgearbeitet, wann ausnahmsweise auch eine 1,5-Einigungsgebühr in Rechnung gestellt werden kann, nämlich dann, wenn parallel kein Vollstreckungsorgan in Anspruch genommen wird oder die Vollstreckungsmaßnahme bereits abgeschlossen ist (vgl. Nr. 3309 VV Rn. 78, 81).
Der Strafverteidiger findet in der Kommentierung von Teil 4 in Uher einen praxiserfahrenen Strafverteidigerkollegen, der die einschlägigen Vorschriften kurz und bündig mit unverkennbarem Praxisbezug abarbeitet. Hier – wie auch bei allen übrigen Mitautoren – ist die Sprache weniger persönlich gehalten als bei Bischof und man trifft den gewohnten Kommentarstil an.
Dieser Bruch in der Kommentarsprache macht vielleicht ebenso den Charme des Buches aus wie die breit gestreute Expertise der übrigen Mitautoren.
Curkovic als Richterin am LSG versteht es, die gerade auf diesem Rechtsgebiet noch anzutreffenden Unzulänglichkeiten des RVG herauszustellen, während Jungbauer sich auch der etwas "exotischeren" Themen des RVG annimmt (vgl. etwa die Kommentierung zur Herstellung des Einvernehmens und das Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften). Mathias kommentiert (wenn auch etwas knapp geraten) § 35 RVG und erteilt umfassend den Rechtsanwälten Auskunft, die ihre Vergütung mit der Staatskasse abrechnen (müssen).
Wer sich nicht "hauptberuflich" mit dem anwaltlichen Vergütungsrecht beschäftigt, wird sicherlich nicht mehr als zwei Kommentare zum RVG sein eigen nennen. Ob hierzu stets "der Bischof" gehören muss, muss jeder Nutzer für sich selbst entscheiden. Wer sich den – sich in der Praxis übrigens oft auszahlenden – Luxus leistet und leisten kann, auf mehr als die Standardl...