RVG § 34; BGB § 612
Leitsatz
Die ortsübliche Vergütung für beratende Tätigkeiten ist mit 190,00 EUR je Stunde anzusetzen.
AG Bielefeld, Urt. v. 2.3.2010–4 C 3/09
Aus den Gründen
Die Klage ist noch im Umfang von 276,00 EUR begründet, nachdem der Beklagte einen Betrag von 200,00 EUR an den Kläger gezahlt hat und die Parteien daraufhin den Rechtsstreit in Höhe von 200,00 EUR teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 276,00 EUR aus § 34 Abs. 1 RVG i.V.m. § 612 Abs. 2 BGB.
Da zwischen den Parteien keine Gebührenvereinbarung getroffen wurde, hat der Kläger gegen den Beklagten für den erteilten Rat einen Anspruch auf Zahlung der üblichen Vergütung.
Entgegen der Ansicht des Klägers kann dieser gegenüber dem Beklagten seine Tätigkeit nicht nach Nr. 2300 VV abrechnen. Eine Geschäftsgebühr, die mit einer Gebühr nach Nr. 2300 VV abgerechnet werden kann, ist vorliegend nicht entstanden. Die Abrechnung einer Gebühr nach Nr. 2300 VV erfordert ein Mehr gegenüber einer Auskunftserteilung. Zwar ist der Ansicht des Klägers, ein Auftreten nach außen hin sei nicht erforderlich, zuzustimmen (vgl. Madert, in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, § 34 Rn 15). Erklärt der Mandant aber ausdrücklich oder konkludent, dass er zunächst nur einen Rat oder eine Auskunft wünscht, ist der Anwendungsbereich von § 34 Abs. 1 RVG eröffnet (Schneider/Wolf, RVG, 4. Aufl. 2008, § 34 Rn 22). Ausweislich der Anlage K 1 betraf der Auftrag des Beklagten die Prüfung der Durchsetzung einer Forderung. In Hinblick auf die Formulierung des Beklagten ist hierin klar zum Ausdruck gebracht, dass zunächst nur eine Prüfung der Durchsetzung der Forderung und damit ein Rat bzw. eine Auskunft gewünscht ist. Wenn aber – wie hier – der Rechtsanwalt auftragsgemäß nur im Innenverhältnis zum Mandanten beratend tätig wird, also kein anderes Geschäft, insbesondere keine Vertretung des Mandanten mit der Beratung verbunden ist, handelt es sich um einen Rat bzw. um eine Auskunft i.S.v. § 34 RVG (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.6.2009–24 U 136/08), so dass eine Geschäftsgebühr nicht abgerechnet werden kann. Die Vergütung bestimmt sich daher mangels einer Gebührenvereinbarung nach § 34 RVG i.V.m. § 612 Abs. 2 BGB.
Hinsichtlich der Höhe der geschuldeten Vergütung und des angemessenen Umfangs der Tätigkeit des Klägers schließt sich das Gericht den überzeugenden Ausführungen des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer Freiburg in dem gebührenrechtlichen Gutachten an. Der Sachverständige kommt mit überzeugenden Argumenten dazu, dass für die Tätigkeit des Klägers eine Vergütung von 476,00 EUR der ortsüblichen Vergütung entspricht. Die Einwendungen des Beklagten gegen das Gutachten greifen nicht durch.
Sofern der Beklagte vorträgt, ein Stundensatz von 190,00 EUR netto sei für eine solche rechtlich einfach zu lösende Fallgestaltung nicht üblich und daher überzogen, greift dieser Einwand bereits deswegen nicht durch, weil es bei der Frage des üblichen Stundensatzes nicht auf die Frage ankommt, wie einfach oder schwer die zu beurteilende rechtliche Frage im Ergebnis ist. Bei dem Betrag von 190,00 EUR handelt es sich ausweislich des Gutachtens der Rechtsanwaltskammer Freiburg um einen Durchschnittswert, der bundesweit ermittelt wurde. Ausgangspunkt ist also die Überlegung, welche Stundensätze üblicherweise dann vereinbart werden, wenn eine entsprechende Vergütungsvereinbarung vor Beginn der Tätigkeit getroffen wird. Da der Rechtsanwalt aber im Regelfall gerade nicht tätig wird, bevor nicht die Honorarfrage geklärt ist, in diesem Zeitpunkt aber die rechtliche Schwierigkeit ohnehin noch nicht abzusehen ist, kann es für die Höhe des Stundensatzes nicht entscheidend auf die Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfrage ankommen. Im Übrigen wird doch der Schwierigkeit des zu bearbeitenden Sachverhaltes durch den Umfang des abzurechnenden Zeitanfalles Rechnung getragen.
Auch hinsichtlich des angesetzten Zeitaufwandes von zwei Stunden sind die Einwendungen des Beklagten gegen das Gutachten der Rechtsanwaltskammer Freiburg nicht durchgreifend. Der Zeitaufwand von zwei Stunden für die Erarbeitung des Schreibens vom 12.2.2008 aufgrund der recherchierten Rspr. zur entscheidungserheblichen Frage sowie der Durchsicht der Unterlagen des Beklagten ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts angemessen. Sofern der Beklagte hiergegen einwendet, für die Recherche der Entscheidung dürfte eine Viertelstunde ausreichend sein, ist dies genau die Zeit, welche der Vorstand der Rechtsanwaltskammer in seinem Gutachten zugrunde gelegt hat. Sofern für das Studium der Entscheidung ein Aufwand von 30 Minuten als zu hoch angesehen wird, ist das Gericht der Auffassung, dass dieser Zeitraum neben der Lektüre letztendlich auch die Anwendung der Rspr. auf den konkreten Fall sowie letztendlich die Vorentwicklung der Lösung beinhaltet, welche dann im Diktat des Schreibens vom 12.2.2008 erfolgte, wofür das Gericht ebenfalls die Auffassung der Kammer zum Zeitaufwand teilt.
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