RVG VV Nr. 4141

Leitsatz

Die Gebühr gem. Nr. 4141 VV wird durch Rücknahme der Anklage allein nicht ausgelöst. Sie kann jedoch entstehen, wenn mit der Rücknahme der Anklage die nicht nur vorläufige Einstellung des Verfahrens einhergeht.

OLG Köln, Beschl. v. 5.2.2010–2 Ws 39/10

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war Pflichtverteidiger des Angeklagten. In dem Verfahren hatte die Staatsanwaltschaft die zunächst zur großen Strafkammer erhobene Anklage zurückgenommen und diese sodann – inhaltsgleich – an die Jugendkammer gerichtet.

Nach Abschluss des Verfahrens meldete der Anwalt seine Vergütung zur Festsetzung an, und zwar für das Verfahren vor der großen Strafkammer die Gebühren nach den Nrn. 4114, 4142 VV sowie eine Gebühr nach Nr. 4141 VV, die nach seiner Ansicht infolge der Rücknahme der Anklage angefallen sei. Für das Verfahren vor der Jugendkammer machte er die Gebühren nach den Nrn. 4114, 4142 VV ein weiteres Mal geltend, da es sich um ein neues Verfahren handele.

Die Rechtspflegerin hat den Antrag des Pflichtverteidigers auf Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren mit Blick auf die für das vor der Jugendkammer durchgeführte Verfahren angemeldeten und festgesetzten Gebühren insoweit zurückgewiesen, als damit für das Verfahren vor der großen Strafkammer "bis zur Anklagerücknahme" die Gebühren nach Nrn. 4112, 4142 VV nochmals und außerdem die Gebühr nach Nr. 4141 VV beantragt worden sind. Die Gebühr nach Nr. 4101 VV ist noch in Höhe von 30,00 EUR festgesetzt worden. Außerdem sind die Kopierkosten gekürzt worden. Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat das LG zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat, hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen

Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei der hier gegebenen Verfahrenskonstellation nur ein Rechtsfall im gebührenrechtlichen Sinne vorliegt und demgemäß die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV sowie die Verfahrensgebühren nach Nrn. 4112 und 4142 VV nur einmal abgerechnet werden können. Dasselbe gilt für den erhöhten Betrag für die ersten 50 Kopien nach Nr. 7000 Nr. 1 VV. Dem Beschwerdeführer steht lediglich noch der Haftzuschlag nach Nr. 4101 VV zu, den bereits die Rechtspflegerin zutreffend mit 30,00 EUR festgesetzt hat.

Weitere Ausführungen sind hierzu nicht angezeigt, da zur Begründung der Beschwerde lediglich auf das bisherige Vorbringen Bezug genommen worden ist, mit dem sich der angefochtene Beschluß auseinandergesetzt hat.

Eine ergänzende Bemerkung erscheint zu der "Befriedungsgebühr" nach Nr. 4141 VV geboten. Dem LG ist darin zu folgen, dass diese nicht entstanden ist. Die Rücknahme der Anklage ist im Gebührentatbestand der Nr. 4141 VV nicht aufgeführt. Für die analoge Anwendung der Regelung ist kein Raum. Die Vorschrift soll dem Verteidiger einen gebührenrechtlichen Anreiz zur Mitwirkung an einvernehmlichen Lösungen bieten. Die Rücknahme der Anklage kann zur einvernehmlichen Verfahrensbeendigung führen, sofern mit ihr die nicht nur vorläufige Einstellung des Verfahrens einhergeht. In einem solchen Fall wird die Gebühr jedoch nicht eigentlich durch die Anklagerücknahme ausgelöst, sondern entsteht – unter der in Abs. 2 genannten weiteren Voraussetzung einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Tätigkeit des Verteidigers – unmittelbar nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV, so dass ein Bedürfnis für eine analoge Anwendung nicht besteht. Wird wie hier die Anklage nach Rücknahme bei einem anderen Gericht bzw. einem anderen Spruchkörper unverändert neu erhoben, kommt der Rücknahme hingegen nur eine vorläufige Wirkung zu. Das kann nach Sinn und Zweck des Gebührentatbestandes die Gebühr nach Nr. 4141 VV nicht auslösen (ebenso: Burhoff, in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., VV 4141 Rn 19; Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., VV 4141 Rn 21; Schneider/Wolf, RVG, 4. Aufl., VV 4141 Rn 82; Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2004, Abschnitt C, Rn 595).

Mitgeteilt von RiOLG Christian Scheiter, Köln

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