FamFG § 78 Abs. 2
Leitsatz
Einem Beteiligten ist grundsätzlich auch für die Unterhaltsvollstreckung Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.8.2010 – 8 W 354/10
1 Sachverhalt
Aufgrund des Beschlusses des FamG ist der Antragsgegner verpflichtet, ab Dezember 2009 Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt zu bezahlen, dessen Höhe sich aus dem Beschluss ergibt. Aus diesem Titel sind bis zum Juni 2010 Rückstände in Höhe von 4.938,60 EUR aufgelaufen. In Höhe eines Betrages von 4.465,70 EUR ist gem. § 33 SGB II ein Anspruchsübergang auf das Job-Center Landkreis Tübingen erfolgt.
Mit Schriftsatz vom 9.6.2010 hat die Antragstellerin, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigte, beantragt, ihr für die beabsichtigte Zwangsvollstreckung in den Miteigentumsanteil des Antragsgegners an der von ihm bewohnten Wohnung durch Eintragung einer Sicherungszwangshypothek Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und ihr zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte ihre Verfahrensbevollmächtigte beizuordnen.
Der Antragstellerin wurde Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren wurde hingegen abgelehnt. Dagegen hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass im Hinblick auf die Schwierigkeiten bei der Berechnung der vollstreckbaren Beträge die Beiordnung eines Rechtsanwalts im vorliegenden Fall geboten sei.
Das Grundbuchamt hat dem Rechtsmittel aufgrund der ablehnenden Stellungnahme des Bezirksrevisors nicht abgeholfen und die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Nach § 78 Abs. 2 FamFG wird in einem Verfahren, in dem wie dem vorliegenden eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, dem Beteiligten ein Rechtsanwalt dann beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Dies wird vom Grundbuchamt, gestützt auf die Ausführungen der Bezirksrevisorin verneint.
Dem kann für den vorliegenden Fall nicht gefolgt werden.
Zu § 121 Abs. 2 ZPO wurde wiederholt entschieden, dass sich die Frage der Beiordnung eines Rechtsanwalts sowohl nach Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache als auch nach der Fähigkeit des Antragstellers beurteilt, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen und die notwendigen Maßnahmen in mündlicher oder schriftlicher Form zu veranlassen. Entscheidend ist, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (BVerfG FamRZ 2002, 531; NJW-RR 2007, 1713; BGH FamRZ 2003, 1547; vgl. auch MüKoZPO/Viefhues § 78 FamFG Rn 5; Keidel/Zimmermann FamFG 16. Aufl., § 78 Rn 4 ff.). Für Unterhaltsverfahren ist die Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts allgemein anerkannt (Keidel/Zimmermann a.a.O. Rn 14; Zöller/Philippi, ZPO 27. Aufl., § 121 Rn 7 m. w. Nachw.). Was für das Unterhaltsverfahren selbst gilt, muss auch für die Vollstreckung eines Unterhaltstitels gelten. Der Beteiligte, der sich im Unterhaltsrechtsstreit anwaltlich vertreten lässt, bzw. dem in zahlreichen Fällen ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist, darf auch im Vollstreckungsverfahren anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, da gerade die Vollstreckung häufig Schwierigkeiten macht. Dies gilt zum einen hinsichtlich der oft schwierig zu berechnenden Höhe des vollstreckbaren Betrages, als auch hinsichtlich der Entscheidung darüber, in welcher Weise die Vollstreckung durchgeführt werden soll, z.B. wie im vorliegenden Fall durch Eintragung einer Sicherungszwangshypothek. Es kann nicht erwartet werden, dass eine Partei ohne entsprechende Vorbildung mit den sich daraus ergebenden Problemen ohne anwaltliche Hilfe zurechtkommt. Wenn aber die Vertretung durch einen Anwalt erforderlich ist, ist dieser dem bedürftigen Beteiligten im Rahmen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beizuordnen.
3 Anmerkung
Zu beachten ist, dass für die Vollstreckung von einstweiligen Anordnungen auf Unterhalt keine gesonderte Verfahrenskostenhilfe-Bewilligung und Beiordnung erforderlich ist, da sich die Verfahrenskostenhilfe und die Beiordnung in einem einstweiligen Anordnungsverfahren kraft Gesetzes (§ 48 Abs. 2 RVG) auf die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung erstreckt.
Norbert Schneider