BerHG §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 2 Abs. 2; SGB VIII § 18 Abs. 1 Nr. 1
Leitsatz
- Von einer einheitlichen Angelegenheit i.S.d. § 2 Abs. 2 BerHG ist auch dann auszugehen, wenn in dem einen Verfahren der Antragsteller einen Unterhaltsanspruch für ein bei ihm lebendes Kind geltend machen will und in dem anderen Verfahren der Antragsteller einen Unterhaltsanspruch für ein weiteres, nicht bei ihm lebendes Kind abwehren will.
- In einfach gelagerten Fällen ist die Unterstützung durch das Jugendamt gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII eine andere Möglichkeit zur Hilfe i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG.
AG Halle, Beschl. v. 24.1.2011 – 103 II 78/11
1 Aus den Gründen
Das Gericht nimmt Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss, die es sich zu Eigen macht.
Lediglich ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
Das vorliegende Verfahren ist dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 2 Abs. 2 BerHG wie die Sache 103 II 4710/10, in welcher der Antragstellerin bereits Beratungshilfe bewilligt worden ist. Zu Recht geht der angefochtene Beschluss davon aus, dass beim Vorliegen eines einheitlichen Lebensvorgangs nur einmal Beratungshilfe zu bewilligen ist (siehe Beschl. d. Gerichts v. 21.1.2011 – 103 II 6668/10). Am Vorliegen eines einheitlichen Lebensvorgangs ist nicht zu zweifeln: Es geht in beiden Fällen um Unterhaltsansprüche bezüglich der Kinder der Antragstellerin. Es geht also um die gleiche Rechtsmaterie, zudem besteht ein enger sachlicher Zusammenhang beider Verfahren. Zwar mag es sein, dass es in dem einen Verfahren darum geht, dass die Antragstellerin Unterhalt für ein bei ihr lebendes Kind geltend machen will, während in dem anderen Verfahren die Antragstellerin einen gegen sie geltend gemachten Unterhaltsanspruch für ein Kind, das nicht bei ihr lebt, abwehren will. Dies lässt aber den engen Zusammenhang beider Verfahren nicht entfallen. Nach der genannten Rspr. des Gerichts ist beim Vorliegen eines einheitlichen Lebensvorganges auch dann von nur einer Angelegenheit auszugehen, wenn in beiden Verfahren unterschiedliche Rechtsprobleme zu beantworten sind, der Rechtsanwalt in beiden Verfahren im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung jeweils Schreiben fertigen muss, der Rechtsanwalt unterschiedliche Aktenzeichen vergibt oder dem Rechtsanwalt mehrere Aufträge erteilt werden.
Dass die Beratungshilfeanträge zeitlich einige Monate auseinander liegen, ist unerheblich, da sich Unterhaltsauseinandersetzungen längere Zeit hinziehen und daher eine einheitliche Bearbeitung beider Angelegenheiten stattfinden kann. Der Fall liegt also anders als in der dem Beschl. v. 18.1.2011 – 103 II 6570/10 [= AGS 2011, 83]) zugrunde liegenden Sache, wo das eine Verfahren bereits endgültig (durch Teil-Zustimmung zur Mieterhöhung) erledigt war und das andere Verfahren (neuerliches Mieterhöhungsverlangen) auf dem erledigten ersten Verfahren aufbaute.
Im übrigen dürfte in dem Verfahren, in welchem ein Unterhaltsanspruch geltend gemacht werden soll – nach dem Vortrag der Antragstellerin ist nicht ganz klar, in welchem Verfahren sie einen Unterhaltsanspruch geltend macht und in welchem sie einen Unterhaltsanspruch abwehren will – eine Unterstützung durch das Jugendamt als andere Möglichkeit für eine Hilfe i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG zur Verfügung stehen. In einfach gelagerten Fällen ist die Unterstützung durch das Jugendamt gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII eine andere Möglichkeit zur Hilfe i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG. Nur vorsorglich wird darauf verwiesen, dass die Möglichkeit, sich vom Jugendamt unterstützen zu lassen, natürlich bei der Abwehr eines Unterhaltsanspruchs nicht besteht.
2 Anmerkung
"Einmal im Leben" hieß in den 70er Jahren eine Fernsehserie. Daran fühlt man sich erinnert, wenn man solche Entscheidungen zur Bewilligung von Beratungshilfe liest.
Was hier alles unter einem einheitlichen Rahmen und einem inneren Zusammenhang zusammengefasst wird, ist – wie hier – oft nicht nachzuvollziehen. Man hat manchmal den Eindruck, dass allein die Zahlungspflicht der Landeskasse bereits den inneren Zusammenhang ausmacht.
Im vorliegenden Fall ging es zum einen um die Durchsetzung von Kindesunterhaltsansprüchen und zum anderen um die Abwehr von Unterhaltsansprüchen eines anderen Kindes.
Bereits der erste Blick zeigt, dass es sich nicht um dieselbe Angelegenheit handeln kann.
Bei der Durchsetzung von Kindesunterhaltsansprüchen handelt es sich um Ansprüche, die dem Kind zustehen, nicht dem Elternteil. Der Elternteil ist außergerichtlich lediglich der gesetzliche Vertreter. Anspruchsberechtigt ist aber allein das Kind. Dies gilt auch dann, wenn die Ehe noch nicht rechtskräftig geschieden ist, da es keine außergerichtliche Verfahrensstandschaft gibt, sondern diese erst im gerichtlichen Verfahren eingreift (§ 169 Abs. 3 S. 1 BGB).
Anspruchsgegner für Unterhaltsansprüche des beim anderen Ehegatten lebenden Kindes ist dagegen das Elternteil.
Das heißt, im vorliegenden Fall waren Anspruchsteller und Anspruchsgegner zwei verschiedene Personen, so dass dies schon einmal gegen den inneren Zusammenhang und den gl...