I. Umfang der Beiordnung
Eine Besonderheit für das Verbundverfahren, die häufig übersehen wird, ist in § 48 Abs. 3 RVG enthalten. Die Beiordnung des Rechtsanwalts in einer Ehesache (§ 121 FamFG) erstreckt sich auch auf den Abschluss eines Vertrags i.S.d. Nr. 1000 VV (insbesondere einer Folgenvereinbarung), der
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den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten, |
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den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander, |
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die Sorge der Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder, |
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die Regelung des Umgangs mit einem Kind, |
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die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung, |
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die Rechtsverhältnisse am Haushalt und |
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Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht |
betrifft.
Wird zu den vorgenannten Gegenständen im Scheidungsverbundverfahren eine Vereinbarung getroffen, so braucht hierfür keine gesonderte Verfahrenskostenhilfe beantragt zu werden. Die in der Ehesache bewilligte Verfahrenskostenhilfe erstreckt sich kraft Gesetzes auch auf die Folgenvereinbarung. Das Gericht kann die Verfahrenskostenhilfe insoweit auch nicht einschränken. Insbesondere kann eine Vereinbarung grundsätzlich nicht als mutwillig abgetan werden. Eine Mutwilligkeit kann auch nicht damit begründet werden, eine notarielle Beurkundung wäre günstiger gewesen.
Da § 48 Abs. 3 RVG nur von "Unterhalt" und nicht von "nachehelichem Unterhalt" spricht und auch nur von einer "Einigung" und nicht von einer "Scheidungsfolgen-Vereinbarung", werden sämtliche Unterhaltsansprüche erfasst, also auch Trennungsunterhalt.
Die Regelung des § 48 Abs. 3 RVG gilt auch für eine Einigung, mit der gemeinsames Vermögen der Ehegatten auseinandergesetzt werden soll, etwa die Übertragung des Miteigentums an einem Grundstück. Zum Teil wird gefordert, dass mit der Auseinandersetzung des gemeinsamen Vermögens auch eine güterrechtliche Vereinbarung einhergehen müsse, etwa dass mit Auseinandersetzung des Eigentums gleichzeitig auch wechselseitige Zugewinnausgleichsansprüche erledigt werden. Danach wäre dann ein gesonderter Verfahrenskostenhilfeantrag erforderlich, dem aber grundsätzlich stattzugeben wäre. Nach a.A. ist dies nicht notwendig. Der Begriff des "Güterrechts" i.S.d. § 48 Abs. 3 RVG ist danach weit zu fassen und deckt auch die Auseinandersetzung des gemeinsamen ehelichen Vermögens (OLG Köln AGS 2006, 138 = FamRZ 2005, 1851; OLG Zweibrücken RVGprof. 2006, 61; offen gelassen OLG Nürnberg AGS 2009, 331 = OLGR 2009, 684).
Soweit sonstige Gegenstände außerhalb des Katalogs des § 48 Abs. 3 RVG mit in eine Einigung einbezogen werden sollen, gilt § 48 Abs. 3 RVG nicht. Es bedarf dann einer Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe auf den Abschluss der Einigung (OLG Koblenz AGS 2004, 147 = FamRZ 2004, 1804 = RVG-B 2004, 65).
Ebenso wenig ist die Regelung des § 48 Abs. 3 RVG auf andere Familiensachen – auch nicht analog – anwendbar. Sie erstreckt sich daher nicht auf isolierte Familiensachen. Dafür muss gesondert Verfahrenskostenhilfe beantragt und bewilligt werden. So erstreckt sich die Verfahrenskostenhilfe in einem Verfahren über die elterliche Sorge nicht auch auf eine Einigung über ein nicht anhängiges Umgangsrecht. Dafür muss gesondert Verfahrenskostenhilfe beantragt und bewilligt werden.
Nicht erforderlich ist, dass die Einigung in einem gerichtlichen Termin geschlossen oder gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO gerichtlich festgestellt wird.
Ausreichend ist daher auch ein privatschriftlicher Vergleich.
Ebenso reicht eine während der Beiordnung im Verbundverfahren abgeschlossene notarielle Vereinbarung.
Soweit ein Vergleich über Kindesunterhalt geschlossen wird, reicht auch die Errichtung einer Jugendamtsurkunde.
II. Umfang des Vergütungsanspruchs
Strittig ist, ob sich die Beiordnung nach § 48 Abs. 3 RVG auch auf die bei Abschluss der Einigung entstehende Terminsgebühr erstreckt. Die überwiegende Rspr. bejaht dies zu Recht. Nach a.A. deckt § 48 Abs. 3 RVG dagegen nur die Verfahrens- und die Einigungsgebühr. In diesen Fällen ist daher ein gesonderter Beschluss erforderlich, der die bewilligte Verfahrenskostenhilfe auch auf das Aushandeln des Vergleichs und die damit verbundene Terminsgebühr erstreckt.
Norbert Schneider