Die Entscheidung des BGH ist zutreffend.
Zu unterscheiden sind zwei Fallkonstellationen:
1. Der Anwalt hatte sich auch im PKH-Prüfungsverfahren für den Mandanten bestellt
Hatte sich der Anwalt auch für das PKH-Bewilligungsverfahren bestellt, so ist er in diesem Verfahren Prozessbevollmächtigter, so dass auch an ihn zuzustellen ist. Die Zustellung an die bedürftige Partei reicht nicht aus.
2. Der Anwalt war nur im Hauptsacheverfahren bestellt, nicht auch im PKH-Bewilligungsverfahren
War der Anwalt im PKH-Bewilligungsverfahren nicht beauftragt, etwa weil die Partei das Bewilligungsverfahren selbst betrieben hat oder weil der Anwalt nach einem Anwaltswechsel erst nach Bewilligung in das Verfahren eingetreten ist, dann fehlt es an einer Bevollmächtigung für das Bewilligungsverfahren. In diesem Fall kann und darf dem Anwalt nicht zugestellt werden. Zuzustellen ist ausschließlich der Partei.
3. Auswirkungen
In der Mehrzahl der Fälle wird sich der Anwalt bereits im PKH-Prüfungsverfahren – auch für dieses Verfahren – bestellt haben. Er muss dann damit rechnen, dass er noch innerhalb der vier Jahre nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens, etwa im Überprüfungsverfahren vom Gericht angeschrieben wird und dann auch weiterhin für den Mandanten unentgeltlich tätig zu sein muss, da die Tätigkeit im PKH-Bewilligungsverfahren durch die Gebühren der Hauptsache mit abgegolten ist (§ 16 Nr. 2 RVG).
Mitunter könnten sich dann erhebliche Schwierigkeiten ergeben, den neuen Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Mandanten ausfindig zu machen.
Zweckmäßig ist es daher, in PKH-Verfahren den Mandanten nach Abschluss der Instanz darüber zu belehren, dass er dem Anwalt eventuelle Wohnsitzwechsel ungefragt mitzuteilen hat, damit dieser für den Anwalt in eventuellen späteren Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren erreichbar ist.
Kommt der Mandant seiner Obliegenheit dann nicht nach, obwohl er darauf hingewiesen worden ist, und entstehen infolgedessen Rechtsnachteile, etwa weil mangels Erreichbarkeit des Mandanten keine neue Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen abgegeben werden kann und der Anwalt trotz zumutbarer Anstrengungen die Anschrift des Mandanten nicht hat in Erfahrung bringen können, kann sich für den Anwalt kein Haftungsrisiko ergeben. Hat der Anwalt den Mandanten dagegen nicht darauf hingewiesen, dass er ihm einen Wohnsitzwechsel anzuzeigen hat, dann können sich gegebenenfalls Schadensersatzpflichten des Anwalts ergeben, wenn es ihm nicht gelingt, innerhalb der vom Gericht gesetzten Stellungnahmefristen seinen Mandanten ausfindig zu machen.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Vertretung im PKH-Bewilligungsverfahren mit Abschluss der Instanz niederzulegen. Dazu ist der Anwalt berechtigt, weil es sich insoweit um ein Wahlanwaltsmandat handelt. Der Anwalt ist nur in der Hauptsache beigeordnet, nicht auch im PKH-Prüfungsverfahren. Wenn der Anwalt danach beizeiten das Mandat im PKH-Prüfungs- und Bewilligungsverfahren niederlegt und dies dem Gericht anzeigt, dann ist er für zukünftige Abänderungs- und Aufhebungsverfahren nicht mehr bevollmächtigt und damit auch nicht mehr Ansprechpartner der Landeskasse. Diese muss nun selbst zusehen, wie sie die bedürftige Partei selbst erreicht.
Norbert Schneider