Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Der Einzelrichter der Strafvollstreckungskammer hat im Beschluss, durch den die Erinnerung des Pflichtverteidigers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers als unbegründet zurückgewiesen worden ist, Folgendes ausgeführt:
„Die Erinnerung des Verteidigers gegen die erfolgte Kostenfestsetzung ist zwar zulässig, in der Sache selbst aber unbegründet.
Dem Verteidiger des Verurteilten stehen die Verfahrensgebühr und die Auslagenpauschale (jeweils zuzüglich Umsatzsteuer) lediglich einmal zu. Auch wenn der Verurteilte hinsichtlich zweier verschiedener parallel vollstreckter Gesamtfreiheitsstrafen beantragt hat, die Strafreste zur Bewährung auszusetzen, ändert dies nichts daran, dass es sich um dieselbe Angelegenheit handelt, § 15 Abs. 2 RVG, für die gem. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG die Gebühren nur einmal gefordert werden können. Denn auch mehrere selbstständige gerichtliche Verfahren können Teile derselben Angelegenheit sein. Zwar ist bei verschiedenen gerichtlichen Verfahren in der Regel anzunehmen, dass ein innerer Zusammenhang zwischen den Verfahrensgegenständen nicht besteht, allerdings kann nicht ausnahmslos von der Identität von Verfahren und Angelegenheit in der Weise ausgegangen werden, dass mehrere Verfahren auch zwingend mehrere Angelegenheiten darstellen (vgl. hierzu VG Minden, Beschl. v. 12.6.2008 – 4 L 694/07). Vielmehr ist jeder Einzelfall zu prüfen. So ist bei zwei verschiedenen gerichtlichen Verfahren eine Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG zu bejahen, wenn es sich im gebührenrechtlichen Sinne um einen einheitlichen Lebensvorgang handelt, innerhalb dessen sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt. Maßgeblich für die gebührenrechtliche Einordnung ist dementsprechend der Rahmen, innerhalb dessen die anwaltliche Tätigkeit erfolgt, wobei im Allgemeinen der dem Anwalt erteilte Auftrag(sgegenstand) entscheidend ist. Gegenstand ist wiederum das Recht oder Rechtsverhältnis, auf das sich auftragsgemäß die jeweilige Tätigkeit bezieht (vgl. Gerold/Schmidt, 18. Aufl. 2008, RVG, Rn 6.). Dementsprechend wird dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG angenommen, wenn ein Auftrag erteilt wurde, ein Rahmen vorliegt und zudem ein innerer Zusammenhang besteht (ebenda; LG Aachen, Beschl. v. 11.11.2008 – 33K StVK 943-944/07, u. Beschl. v. 23.6.2010 – 33b StVK 453/10).
Vorliegend sind sämtliche der vorgenannten Voraussetzungen erfüllt. Dem Verteidiger des Verurteilten wurde, obwohl es sich um zwei Strafvollstreckungsverfahren handelt, nur ein Auftrag mit dem Inhalt erteilt, den Verurteilten hinsichtlich der Frage der Möglichkeit der Aussetzung der Reststrafen zur Bewährung zu beraten und zu verteidigen. Darüber hinaus ist das Tätigwerden des Verteidigers in einem einheitlichen Rahmen erfolgt. Denn sämtliche Einwendungen gegen die weitere Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafen sind von dem Verteidiger mit einheitlichen Schriftsätzen und in einem einheitlichen Anhörungstermin vorgetragen worden. Ebenso besteht zwischen beiden Vollstreckungsverfahren ein innerer Zusammenhang. Denn über die gegen den Verurteilten parallel zu vollstreckenden Freiheitsstrafen wird gem. § 454b Abs. 3 StPO nach Möglichkeit zusammen entschieden. Dementsprechend werden beide Strafreste regelmäßig gleichzeitig zur Bewährung ausgesetzt, was wiederum bewirkt, dass letztlich auch seitens der Strafvollstreckungskammer – unabhängig von der Anzahl der vergebenen Aktenzeichen – faktisch nur ein Überprüfungsverfahren durchgeführt wird, in dem nur einmalig die Voraussetzungen für die Bewährungsaussetzung überprüft werden. Dieses einheitliche Überprüfungsverfahren hat jedoch auch zur Folge, dass der Verteidiger des Verurteilten keine zusätzliche Einarbeitung und Bearbeitungszeit investieren muss, um seinen Mandanten gleichzeitig in beiden Strafvollstreckungsverfahren verteidigen zu können. Allein letztere Erwägungen zeigen aber, dass es sich faktisch nicht nur um einen einheitlichen, sondern sogar um denselben Verfahrensgegenstand handelt.
Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Strafe aus dem Gesamtstrafenbeschluss des AG v. 22.9.2006, die Gegenstand des Verfahrens xy war, bereits seit dem 16.7.2009 voll verbüßt war, während der Verteidiger erst durch die Pflichtverteidigerbestellung im Beschl. v. 14.12.2009 mit der Sache befasst wurde. Allein der Umstand, dass dieses Verfahren erst in der abschließenden Entscheidung vom 4.6.2010 und nicht schon vor der Pflichtverteidigerbestellung für erledigt erklärt wurde, ändert an der bereits eingetretenen Erledigung nichts.
Nach alledem handelt es sich bei den zwei Strafvollstreckungsverfahren um dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG, sodass die vorgenommene Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren nicht zu beanstanden ist.“
Gegen diesen Beschluss hat der Pflichtverteidiger Rechtsmittel eingelegt, das als Beschwerde nach § 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg ist.
Der Senat, auf den die Einzelrichterin die Sache übertragen ha...