Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Auch in der Strafvollstreckung gilt der Grundsatz, dass jedes Strafvollstreckungsverfahren eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 1 und 2 RVG darstellt. Denn nach § 15 Abs. 2 S. 2 RVG können die Gebühren in jedem Rechtszug gefordert werden. Jeder prozessrechtliche Rechtszug bildet eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit i.S.d. Gebührenrechts. Gebührenrechtlich liegen deshalb mehrere Angelegenheiten vor, wenn mehrere prozessuale Verfahren mit demselben Streitgegenstand nebeneinander geführt werden, solange sie nicht miteinander verbunden sind. Erst wenn mehrere gerichtliche Verfahren miteinander verbunden werden, liegt ab dem Zeitpunkt der Verbindung nur noch eine einzige Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 S. 2 RVG vor. Vor diesem Hintergrund bilden deshalb auch verschiedene gerichtliche Strafvollstreckungsverfahren, in denen es um die Aussetzung mehrerer Reststrafen zur Bewährung geht, verschiedene Rechtszüge und verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten. Insoweit gilt nichts anderes als für verschiedene strafvollstreckungsrechtliche Überprüfungsverfahren gem. § 67e StGB, für die anerkannt ist, dass sie verschiedene Angelegenheiten bilden. Es kommt deshalb anders als vom OLG Köln hier entschieden nicht darauf an, ob die Aussetzung der mehreren Strafen von einer einheitlich zu treffenden Prognoseentscheidung abhängt, die in einem Überprüfungsverfahren mit einem einheitlichen Anhörungstermin und einheitlichen Schriftsätzen des Verteidigers erfolgt ist.
Im Übrigen gilt für die Angelegenheit in der Strafvollstreckung Folgendes:
1. Verfahren nach § 35 BtMG und § 456 StPO
Stellt der Verteidiger für denselben Mandanten einen Antrag nach § 35 BtMG auf Zurückstellung der Strafvollstreckung einerseits und hilfsweise einen Antrag auf Aufschub der Strafvollstreckung nach § 456 StPO andererseits, liegen keine verschiedene Angelegenheiten vor, in denen zwei Verfahrensgebühren nach Nr. 4204 VV entstehen, wenn der Antrag auf Vollstreckungsaufschub nur ein untergeordneter Hilfsantrag ohne eigenständige Bedeutung ist. Das ist der Fall, wenn dieser Antrag nur gestellt wird, um eine Strafvollstreckung bis zur Entscheidung über den Antrag nach § 35 BtMG zu verhindern.
2. Überprüfungsverfahren gem. § 67e StGB
Die Tätigkeit in jedem neuen Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB stellt für den Verteidiger jeweils eine neue gebührenrechtliche Angelegenheit dar, in der jeweils die Gebühren nach Nrn. 4200 – 4203 VV entstehen.
3. Mehrere Bewährungswiderrufsverfahren
Wird der Rechtsanwalt in zwei aufeinander folgenden Widerrufsverfahren tätig, die dieselbe Strafaussetzung zur Bewährung aus demselben Urteil betreffen, liegen nach Auffassung des LG Magdeburg verschiedene Angelegenheiten vor, in denen der Rechtsanwalt jeweils die Gebühren nach Nrn 4200 Nr. 3 – 4203 VV verdient. Das OLG Köln hält verschiedene Angelegenheiten im Falle des Bewährungswiderrufs (Nr. 4200 Nr. 3 VV) allenfalls dann für gegeben, wenn es um den Widerruf der Bewährung aus verschiedenen Entscheidungen geht.
4. Beschwerdeverfahren in der Strafvollstreckung
Das Beschwerdeverfahren in der Strafvollstreckung bildet nach dem Wortlaut von Vorbem. 4.2 VV keine besondere Angelegenheit. Hier entstehen allerdings die Gebühren der Nrn. 4200 – 4207 VV besonders. Die dort erbrachten Tätigkeiten sind also nicht wie sonst das strafrechtliche Beschwerdeverfahren aufgrund des Pauschalcharakters der Gebühren nach der Vorbem. 4.1 Abs. 2 S. 1 VV durch die Gebühren im Ausgangsverfahren mit abgegolten.
Vorbem. 4.2 VV bestimmt, dass im Beschwerdeverfahren in der Strafvollstreckung die Gebühren besonders entstehen, nicht aber, dass das Beschwerdeverfahren eine besondere Angelegenheit bildet. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die unterschiedlichen Formulierungen in Vorbem. 4.2 VV und Vorbem. 4.3 Abs. 3 S. 3 VV bewusst gewählt hat. Eine gesonderte Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV (Auslage, vgl. § 1 Abs. 1 S. 1) fällt im Beschwerdeverfahren deshalb nicht an.
Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert, Willich