FGG-ReformG Art. 111 Abs.;ZPO § 623 Abs. 2 S. 4, § 624 Abs. 2
Leitsatz
- Sowohl nach dem bis Ende August 2009 geltenden früheren Recht (§ 628 ZPO a.F.) als auch nach dem seit September 2009 geltenden neuen Recht (§ 137 Abs. 5 S. 1 FamFG) bleibt ein vom Scheidungsverbund abgetrenntes Verfahren zum Versorgungsausgleich grundsätzlich Folgesache.
- Das gilt hingegen nicht für Übergangsfälle, in denen auf das vor dem 1.9.2009 eingeleitete Scheidungsverfahren noch früheres Recht anwendbar war, die vom Scheidungsverbund abgetrennte Folgesache über den Versorgungsausgleich aber gem. Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG als selbstständige Familiensache nach neuem Recht fortzuführen ist.
- In solchen Übergangsfällen entfällt mit dem Wegfall der Qualifikation als Folgesache auch die Erstreckung der bewilligten Prozesskostenhilfe nach § 624 Abs. 2 ZPO a.F. auf das Verfahren über den Versorgungsausgleich. Die früher bewilligte Prozesskostenhilfe nimmt dem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die selbstständige Familiensache deswegen nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
BGH, Beschl. v. 16.2.2011 – XII ZB 261/10
1 Sachverhalt
Die Parteien streiten noch um den Versorgungsausgleich aus ihrer rechtskräftig geschiedenen Ehe und insoweit um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.
Im Scheidungsverbundverfahren hatte das FamG der Antragstellerin ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten bewilligt. Mit Urt. v. 10.12.2009 wurde die Ehe der Parteien geschieden. Das Verfahren zum Versorgungsausgleich wurde unter Hinweis auf § 2 VAÜG abgetrennt und ausgesetzt. Im Januar 2010 hat das FamG das Verfahren zum Versorgungsausgleich gem. § 50 VersAusglG wieder aufgenommen. Auf Antrag der Antragstellerin hat es ihr für dieses Verfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Den Antrag auf Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten hat es zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das OLG den angefochtenen Beschluss "klarstellend" aufgehoben und die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Hinweis auf die im Scheidungsverbundverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe abgelehnt. Dagegen richtet sich die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.
Der BGH hat die Entscheidung des OLG aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.
2 Aus den Gründen
Das OLG hat der Antragstellerin die begehrte Verfahrenskostenhilfe zu Unrecht unter Hinweis auf die im Scheidungsverbundverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe versagt.
1. Zu Recht geht das OLG allerdings davon aus, dass das Verfahren über den Versorgungsausgleich nicht allein durch die Abtrennung vom Scheidungsverbund nach altem Recht die Qualifikation als Folgesache verloren hatte.
a) Das AG hatte über den Scheidungsantrag der Antragstellerin zu Recht nach dem bis Ende August 2009 geltenden Prozessrecht entschieden, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden war (vgl. Senatsbeschl. v. 3.11.2010 – XII ZB 197/10, FamRZ 2011, 100). Nach § 624 Abs. 2 ZPO a.F. erstreckte sich die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für das Ehescheidungsverfahren auch auf Folgesachen nach § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO a.F., also auf das Verfahren über den Versorgungsausgleich.
Die im Zwangsverbund mit dem Scheidungsverfahren stehende Folgesache über den Versorgungsausgleich konnte nach dem hier noch anwendbaren früheren Recht nicht gem. § 623 ZPO a.F. mit der Folge abgetrennt werden, dass sie als selbstständige Familiensache fortzuführen gewesen wäre (vgl. insoweit Senatsbeschl. v. 1.10.2008 – XII ZB 90/08, FamRZ 2008, 2193 und Senatsurt. v. 1.10.2008 – XII ZR 172/06, FamRZ 2008, 2268). Statt dessen durfte das Gericht nach § 628 ZPO a.F. unter den dort genannten Voraussetzungen über die Ehescheidung schon vor der Entscheidung über den Versorgungsausgleich entscheiden, was insbesondere dann in Betracht kam, wenn das Verfahren zum Versorgungsausgleich nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG ausgesetzt wurde. Im Falle einer solchen Vorabentscheidung über den Scheidungsantrag blieb die Verbundsache allerdings weiterhin Folgesache (Senatsbeschl. v. 3.12.1997 – XII ZB 24/97, FamRZ 1998, 1505, 1506; BT-Drucks 7/650 S. 211).
b) Insoweit unterscheidet sich die frühere Rechtslage nicht von der Neuregelung in den §§ 137, 140 FamFG. Nach § 140 Abs. 2 FamFG darf das Gericht eine Folgesache unter den dort genannten Voraussetzungen vom Scheidungsverbund abtrennen und vorab die Ehescheidung aussprechen. Nach § 137 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 S. 1 FamFG bleibt eine abgetrennte Folgesache zum Versorgungsausgleich Folgesache und mit weiteren abgetrennten Sachen im Verbund. Lediglich besondere Kindschaftssachen werden nach § 137 Abs. 3 und Abs. 5 S. 2 FamFG mit der Abtrennung vom Scheidungsverbund als selbstständige Verfahren fortgeführt.
c) Sowohl nach dem bis Ende August 2009 geltenden früheren Recht als auch nach dem seit September 2009 geltenden neuen Recht bleibt ein abgetrenntes Verfahren zum Versorgungsausgleich also grundsätzlich Folgesache des Scheidungsverbundverfahrens.
2. Entgegen der...