BGB § 1361b Abs. 3 S. 2;FamFG § 200 Abs. 1 Nr. 1;FamGKG § 48 Abs. 1;ZPO § 9
Leitsatz
Nutzungsentschädigungsansprüche nach § 1361 Abs. 3 BGB unterfallen der Regelung des § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG, so dass für sie der pauschale Wertansatz des § 48 Abs. 1 FamGKG gilt und der Verfahrenswert in der Regel 3.000,00 EUR beträgt. § 51 Abs. 1 FamGKG oder des § 9 ZPO sind nicht analog anzuwenden.
OLG Bamberg, Beschl. v. 10.2.2011 – 2 UF 289/10
1 Sachverhalt
Der Antragsteller hatte von seiner getrennt lebenden Ehefrau eine Nutzungsentschädigung für die ihm gehörende, aber von der Ehefrau genutzten früheren Ehewohnung verlangt. Das FamG hatte den Antrag abgewiesen. Auf die Beschwerde hin hat das OLG dem Antrag stattgegeben und den Verfahrenswert für beide Instanzen – hinsichtlich der ersten Instanz in Abänderung der Festsetzung des FamG – auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
2 Aus den Gründen
Die Festsetzung des Gegenstandswerts des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens erster Instanz beruht auf § 48 Abs. 1 FamGKG. Der Änderung der Entscheidung des FamG liegt § 55 Abs. 3 FamGKG zu Grunde.
Für Ehewohnungssachen nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG sieht § 48 Abs. 1 FamGKG generell einen pauschalen Verfahrenswert von 3.000,00 EUR vor. Auch Nutzungsentschädigungsansprüche unterfallen der Regelung des § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG, so dass für sie nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 FamGKG ebenfalls der pauschale Wertansatz gilt.
Zu einem anderen Ergebnis gelangt man auch nicht über § 35 FamGKG, weil nach der Vorschrift die Höhe der Geldforderung nur dann maßgeblich ist, "soweit nichts anderes bestimmt ist". Eine solche anderweitige Bestimmung ergibt sich jedoch aus § 48 Abs. 1 FamGKG. Auch sachlich ergibt sich keine Notwendigkeit, Wohnungszuweisungsverfahren und Verfahren zur Regelung der Nutzungsentschädigung bei der Bemessung des Gegenstandswerts entgegen dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 FamGKG unterschiedlich zu behandeln. Sowohl bei der Nutzungsentschädigung als auch bei der Wohnungszuweisung dreht sich der Streit der Beteiligten um den wirtschaftlichen Wert der Ehewohnung. Den Gegenstandswert dieser Verfahren hat der Gesetzgeber nicht im Bezug auf den Mietwert des Objekts geregelt, sondern mit einem Pauschalbetrag.
Nach der Gesetzesbegründung (BR-Drucks 309/07, S. 696) sollten mit der Regelung in § 48 FamGKG erstmals feste Werte festgelegt werden, wegen der Vergleichbarkeit der Fälle und zur Arbeitserleichterung der Gerichte. Damit lässt sich entgegen der Auffassung von Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn 1744, nicht feststellen, dass der Gesetzgeber mit den Regelwerten nur die Zuweisungsansprüche erfasst haben wollte. Die vom Gesetzgeber erstrebte Arbeitserleichterung für die Gerichte lässt sich vielmehr nur dann erreichen, wenn, entsprechend dem Wortlaut, in allen einschlägigen Verfahren von einem festen Gegenstandswert ausgegangen wird. Vor diesem Hintergrund kann auch die Auffassung von Schneider, der § 51 Abs. 1 FamGKG oder § 9 ZPO analog anwenden will, nicht überzeugen, nachdem die Anwendung des § 9 ZPO zu völlig unverhältnismäßigen Gegenstandwerten führen würde und eine Begrenzung der Gegenstandswerte durch eine Analogie zu § 51 Abs. 1 FamGKG schon deshalb nicht erforderlich ist, weil sich diese Begrenzung unmittelbar aus dem Wortlaut des § 48 FamGKG ergibt.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen der Festsetzung des Gegenstandswerts ist nicht möglich (§§ 59 Abs. 1, 57 Abs. 7 FamGKG).
3 Anmerkung
Für Ehewohnungssachen, die die Überlassung der Ehewohnung oder eines Teils der Ehewohnung für die Zeit der Trennung betreffen, gilt gemäß § 48 Abs. 1 Hs. 1 FamGKG ein Regelwert in Höhe von 3.000,00 EUR, vorbehaltlich der Möglichkeit, hiervon aus Billigkeitsgesichtspunkten nach § 48 Abs. 3 FamGKG nach oben oder nach unten abweichen können.
Wird nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB eine Nutzungsentschädigung beantragt, ist fraglich, ob auch insoweit § 48 Abs. 1 FamGKG zur Bewertung heranzuziehen ist. Das OLG bejaht dies und seine Auffassung ist auch durchaus vertretbar und richtig, weil nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 1, 1. Hs. FamGKG mit dem Regelwert Verfahren nach § 200 Abs. 1 FamFG – § 1361b BGB und § 1568a BGB – bewertet werden sollen. Bei der Nutzungsentschädigung für die Zeit der Trennung handelt es sich terminologisch auch um eine Ehewohnungssache, denn die Anspruchsgrundlage – § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB – ist in § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG ausdrücklich genannt.
Systematische Gründe könnten aber gegen eine Bewertung nach dem Regelwert angeführt werden: Der Gesetzgeber dürfte sich im FamGKG für Regelwerte entschieden haben, wenn nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten zu bewerten sind, also in Kindschaftssachen (§ 45 FamGKG), Abstammungssachen (§ 47 FamGKG), Ehewohnungs- und Haushaltssachen (§ 48 FamGKG), Gewaltschutzsachen (§ 49 FamGKG) und Verfahren, die die Kindergeldbezugsberechtigung betreffen (§ 51 Abs. 3 FamGKG). Soweit der Gesetzgeber auch für Versorgungsausgleichssachen, die vermögensrechtlich sind, einen Regelwert normiert hat (§ 50 FamGKG), ergibt sich aus § 228 FamFG, dass der vermögensrechtlich...